Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Auge des Basilisken

Das Auge des Basilisken

Titel: Das Auge des Basilisken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kingsley Amis
Vom Netzwerk:
ein paar Minuten Verzögerung gerechtfertigt hätte, und jeder erfahrene Offizier hätte im Ernstfall sicherlich darauf bestanden, daß jeder derartigen Bewegung ein sorgfältiges Kartenstudium vorauszugehen habe, aber erregbare, wetteifernde junge Männer, überzeugt von ihrer Tüchtigkeit und begierig, sie zur Schau zu stellen, sind nicht dafür bekannt, daß sie vor einem Hindernisrennen Landkarten zu Rate ziehen. Dieses Hindernisrennen aber war bei alledem eine nützliche Aktivität, die den Blick für das Gelände schärfte, jenes sine qua non für jeden Kavalleristen, und daneben die Fähigkeiten übte, die vonnöten waren, um zwei Pferde gleichzeitig zu lenken.
    Der Hang war sanft geneigt und wurde noch sanfter, hervorragend geeignet für einen lebhaften Galopp, aber Alexander ließ sich ein wenig hinter die rechte Flanke zurückfallen. Wenn ein Trupp dieser Art die gegenwärtige Übung ausführte, fiel es dem befehlshabenden Offizier zu, die Leistung der Reiter und ihrer Pferde auf seiner Seite im Auge zu behalten, während der technische Unteroffizier die Mitte und der Truppenunteroffizier den linken Flügel überwachte. Dies war jedoch nicht der wahre Grund seines Zurückbleibens. Ein einzelner unbehinderter Reiter mit seinem ausgezeichneten Orientierungssinn mußte das Ziel zwangsläufig eher erreichen als die durch die mitgeführten Tragtiere gehemmten Kavalleristen, ein Sieg, den sogar er (wie manch einer es ausdrücken mochte) schal finden würde. Da ihm so verwehrt war, was er am liebsten gehabt hätte, nämlich ein faires oder weniger unfaires Hindernisrennen bis zum Ziel, entschädigte er sich durch mehrere kleinere Rennen, in denen er – meistens erfolgreich – versuchte, den einen oder den anderen Reiter bis zu irgendeiner unbedeutenderen Landmarke ein paar hundert Meter voraus zu überholen, worauf er sich wieder zurückfallen ließ, um einem anderen Reiter mit Tragtier für die nächste Runde einen Vorsprung zu geben. Es war schwierig, dieses Verhaltensmuster von dem eines gewissenhaften Offiziers zu unterscheiden, der seine Männer sorgfältig überwachte, ohne sich jedoch einzumischen oder ein Aufhebens zu machen; von Alexanders Männern war niemals einer hinter dieses Spiel gekommen. Ganz ähnlich verhielt es sich mit seiner simplen Liebe zum Soldatenspielen, die ihn veranlaßte, seine Schar so oft wie möglich ins Gelände zu führen und in der Praxis bedeutete, daß er gut im Ersinnen von allerlei Prüfungen und Übungen der Ausdauer, Geschicklichkeit und Initiative war – von Spielen, genau genommen. Die Folge davon war, daß die körperliche Leistungsfähigkeit, der Ausbildungsstand und die allgemeine Moral seiner Reiter im ganzen Regiment unübertroffen waren; und es wäre seltsam gewesen, wenn sie ihren Offizier wegen dieser Vorteile nicht geschätzt hätten. Die Armee mit ihren vielen Möglichkeiten, kindischen Interessen Ausdruck zu verleihen und sie zu Verhaltensregeln zu erheben und auszubauen, war für Alexander Petrowsky eine ausgezeichnete Berufswahl gewesen.
    Das Gelände wurde eben, um allmählich zur nächsten Bodenwelle anzusteigen. Der ganze Trupp war in strahlendem Sonnenschein über den Gegenhang ausgebreitet und galoppierte auf eine ausgedehnte Pappelpflanzung zu. Der linke Flügel ließ die Packpferde für die Passage durch den Baumbestand bereits hinter die Reitpferde zurückfallen, während die Reiter auf dem rechten Flügel ausschwenkten, um die Ecke der Anpflanzung zu umgehen. Von Alexanders Standort zu dieser Ecke waren es etwas mehr als dreihundert Meter. Er gab Polly die (stumpfen) Sporen und jagte in gestrecktem Galopp auf einem Diagonalkurs einem Punkt zur Rechten der Pflanzung entgegen, um vor den Reitern seines rechten Flügels dort zu sein. Der Boden war hier ideal, kurzes Gras, ebener Boden, trocken, aber nicht hartgebacken; er holte rasch auf. Als sein Kurs mit dem der anderen konvergierte, sah er den Gefreiten am rechten Flügel über die Schulter blicken, ihm zugrinsen und seinem Nachbarn zur Linken etwas zurufen, der gleichfalls grinste und energisch nickte. Knappe zehn Meter vor dem unsichtbaren Ziel schätzte Alexander, daß er mit einem Kopf in Front lag, und verlangsamte zum Trab.
    Die Pappelpflanzung war offensichtlich dichter, als es von der anderen Bodenwelle den Anschein gehabt hatte, und diejenigen, die sie durchreiten mußten, um den Zusammenhalt des Trupps zu wahren, blieben zurück; als sie auf der anderen Seite herauskamen, war das Feld

Weitere Kostenlose Bücher