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Das Auge des Basilisken

Das Auge des Basilisken

Titel: Das Auge des Basilisken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kingsley Amis
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zukommt. Und gut gemacht, ihr zwei! Gute Arbeit!« Es hätte zweier sehr viel weniger stolz gemachter Soldaten als dieser bedurft, um an dem Vorausgegangenen Anstoß zu nehmen.
    Bald waren überall Männer und Pferde. Warsky, der technische Unteroffizier, traf als letzter ein und meldete, daß er Unterabteilung E eine Straße habe benutzen sehen. Der verantwortliche Gefreite behauptete, er habe die Straße nur in einem schiefen Winkel überquert. Angesichts dieses kleinlichen Streites verflog Alexanders gute Laune. Er erklärte knapp, daß er die Angelegenheit bis zum Morgenappell entscheiden werde, warnte Ulmanis, daß der Trupp sich bereithalten müsse, in zehn Minuten weiterzureiten, und ging über den Friedhof zur Kirchentür. Hier war ein zweisprachiger Zettel mit den Öffnungszeiten angebracht; der gegenwärtige Augenblick fiel in diese. Er konnte sich nicht erinnern, schon einmal an diesem Ort gewesen zu sein, und hatte keine Ahnung von der Natur des Geschäfts, das hier betrieben wurde, Fleisch- oder Gemüsemarkt, kommunales Speiselokal, Bäckerei oder, was am häufigsten war, Verwaltungsbüro. Ein Aushängeschild war nirgends zu sehen: die alte englische Fremdenfeindlichkeit, dachte er bei sich. Nach all den Jahren noch immer lebendig. Aus Neugierde beschloß er, einen Blick ins Innere zu tun; vielleicht gab es sogar etwas zu trinken.
    Er stieß die schwere Tür auf und hörte sofort leises Orgelspiel, eine in mahnendem Ton erhobene Stimme und das Gemurmel einer größeren Versammlung. Das war nicht, was er erwartet hatte. In der kleinen Vorhalle stand ein Tisch, auf dem vier oder fünf gleichartige Bücher lagen. Er sah genauer hin und las verständnislos die Worte Allgemeines Gebetbuch. Im weiteren Vordringen sah er, daß die Orgel, auf einer Empore über dem Zugang zum Kirchenraum, ausprobiert oder gestimmt oder vielleicht repariert wurde. Die Stimme, die er gehört hatte, beendete eine kurze Ansprache über die Notwendigkeit, in bestimmten Punkten ihren Eigentümer zu konsultieren, und die Versammlung, die sich doch nicht als so groß erwies, wie er zuerst vermutet hatte, war sehr aktiv, wenngleich Alexander nicht gleich klar war, was sie tat. In der kurzen Zeit seines Aufenthalts gelang es ihm auch nicht, diese Aktivitäten mehr als in groben Umrissen zu verstehen. Er war offenbar während einer Zwangspause vergleichsweisen Stillschweigens eingetreten, die ganz plötzlich in einem lärmenden Durcheinander von Hämmern, Sägen und Winseln altmodischer Bohrer unterging, als er den Kirchenraum betrat. Allenthalben waren quadratmetergroße Kopien derselben Fotografie; sie zeigte einen großen Innenraum, den er jedoch noch nicht identifiziert hatte, als der Mann, der zuvor gesprochen hatte, offenbar ein Russe und eine Art Aufseher, anscheinend ohne großes Vergnügen die Uniform bemerkte und herbeieilte. Ein Alter, mit dem er gerade gesprochen hatte, weißhaarig, rundrückig und offensichtlich ein Vorkrieg, warf Alexander einen unfreundlichen Seitenblick zu und wandte sich weg.
    »Ist etwas nicht in Ordnung, Herr Offizier?« fragte der Aufseher. Er war ungefähr fünfzig, bleich und trug einen grauen Overall.
    »Nicht daß ich wüßte. Was geht hier vor?«
    »Was vorgeht, Herr Offizier? Nun, wir fangen an, die Dinge an Ort und Stelle auszustellen, Sie hätten sehen sollen, wie es zuerst aussah. Diese Stufen zur Kanzel – es wäre einfacher, wenn ich es auf englisch erklären …«
    »Einfacher für wen?« Alexander fiel verspätet ein, daß er es hier mit einer Person ohne jede Bedeutung zu tun hatte, und fing in schrofferem Ton von vorn an: »Für Sie mag es einfacher sein, aber gewiß nicht für mich. Sie haben mir noch nicht den Zweck von alledem verraten.«
    Der Mann runzelte die Stirn in unwilliger Verwunderung. »Der Zweck? Wir restaurieren die Kirche. Das heißt, wir versetzen sie wieder in den Zustand, in welchem sie sich befand, bevor sie in eine Eisenwarenhandlung umgewandelt wurde. So daß …«
    »Ja, ja, natürlich, aber … was tun diese Männer da?«
    »Sie richten das Chorgestühl her, Herr Offizier, die Sitze.«
    »Ich verstehe. Und das Becken da?«
    »Das ist das Taufbecken.« Gerade zur rechten Zeit, um seine Vorderzähne zu retten, fuhr der Aufseher fort: »Für das Weihwasser, Herr Offizier.«
    »Gut«, sagte Alexander, erleichtert, wie es schien, daß diese wichtigen Details nicht übersehen worden waren. »Und so, vermute ich, war es ursprünglich.«
    »Richtig, Herr Offizier. Bis

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