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Das Auge des Basilisken

Das Auge des Basilisken

Titel: Das Auge des Basilisken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kingsley Amis
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brachte, konnte Theodor Markow den Gesichtsausdruck seines Mitverschwörers nicht genau sehen. Diesmal war er von einem leichten Achselzucken begleitet.

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ACHT
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    Das Alte Pfarrhaus erwies sich als ein ziemlich großes, würfelförmiges und rosa getünchtes Gebäude. Vor dem Haus verlief ein Bretterzaun, auf den eine wenig talentierte Person vor kurzem mit Kreide einen erigierten Penis mit anhängenden Hoden gezeichnet hatte. Als Alexander durch das Tor ritt, überlegte er, daß wahrscheinlich ein großzügiger Nachbar und nicht die Dame des Hauses selbst verantwortlich war, daß aber die letztere Hypothese nicht völlig ausgeschlossen werden konnte. Auf der anderen Seite des Zaunes, außer Sicht von der Straße, gab es einen unordentlichen Rasen mit immergrünen Sträuchern. Er saß ab, machte Polly beim Tor fest und begann sich vorsichtig dem Haus zu nähern, die Augen offen für alternative Fluchtwege, als erwarte er einer kambodschanischen Selbstmordabteilung zu begegnen und nicht einer vermutlich unbewaffneten Frau.
    Die Eingangstür stand angelehnt. Er zögerte und drückte den Klingelknopf daneben, hörte es im Haus läuten und wartete. Nichts geschah, auch nicht auf ein zweites und drittes Klingelsignal. Er drückte die Tür auf und sah sich in einer Diele mit Fliesenboden im Schachbrettmuster; zu beiden Seiten die Zimmer hinter Türen mit Glaseinsätzen, einen rechtwinklig anschließenden Korridor und den Fuß einer Treppe. Im weiteren Vordringen fand er zur Linken ein Speisezimmer, zur Rechten einen Salon. Beide waren leer. Als er den abzweigenden Korridor erreichte, war er beinahe sicher, daß auf dem Treppenabsatz oder am Kopf der Treppe jemand stand, doch als er eine Sekunde später nachsah, entdeckte er nichts. Auf der linken Seite, anschließend an das Speisezimmer, bemerkte er eine weitere Tür, die nicht ganz geschlossen war. Sie führte in eine Küche, wo jemand war: Frau Korotschenko lehnte nackt an der Wand ihm gegenüber.
    Alexander war nicht der Mann, sich bei solchem Anblick den Kopf zu zerbrechen oder lange aufzuhalten; eilig ging er auf sie zu und umarmte sie inbrünstig. Dann stieß er hervor:
    »Laß uns nach oben gehen!«
    »Nein. Hier!«
    »Komm schon, Liebling, sei nicht albern, es ist viel bequemer.«
    »Ich sagte, hier!«
    Er umfaßte ihre Taille und versuchte sie mit sanfter Gewalt von der Wand fortzuziehen; ihre Reaktion darauf war, daß sie die Arme hob und mit beiden Händen die Stange eines Rollhandtuches ergriff, das hinter ihr hing und an dem sie – statt an der Wand selbst – gelehnt hatte. So gestützt, war sie in einer ausgezeichneten Position, ihn mit den kräftigen Beinen abzuwehren, und er gab seinen Versuch bald auf. Jetzt sah er sie mit einer Neugierde an, und sie erwiderte seinen Blick mit weit geöffneten Augen, geblähten Nasenflügeln und gebleckten Zähnen.
    »In Gottes Namen«, sagte sie durch die Zähne und streckte die Hand nach ihm aus. In diesem Augenblick erinnerte er sich, daß sie sich bei ihrem letzten Treffen nicht eben als Freundin zärtlicher Vorspiele erwiesen hatte, und machte sich in der kürzestmöglichen Zeit daran, ihren Wunsch zu erfüllen. Einmal oder zweimal fand er ihren Mund mit dem seinigen, aber jedesmal wich sie ihm mit einer Kopfdrehung aus. Sie hatte sich offenbar an der Handtuchstange festgehalten und überraschte ihn bald mit der Kraft ihrer Arme und Schultern. Mittlerweile waren seine eigenen Kräfte einer harten Probe unterworfen; sie hielten den Anforderungen jedoch stand, selbst am Schluß als außer der Erleichterung, die ihre lehnende Haltung gewährte, ihr ganzes Gewicht auf ihm ruhte. Ihr seltsamer Schrei ertönte in seiner ungedämpften Form (obendrein nah an seinem Ohr ausgestoßen), nicht gerade geeignet, die Toten zu erwecken, aber allemal imstande, jeden im Haus aufzuschrecken, der vielleicht geschlafen hatte oder anderweitig beschäftigt war. Diesmal schienen die Obertöne von Hilflosigkeit oder Hoffnungslosigkeit Alexander klar zu sein; weitere Anklänge entzogen sich seinem Gespür noch immer.
    Als Stille eintrat, vermeinte er wieder ein Geräusch hinter sich zu hören, ein unterdrücktes Hüsteln oder vielleicht Kichern. Er blickte schnell über die Schulter, sah aber niemand.
    »Was war das?« fragte er.
    »Was war was?« Ihr Ton war gleichgültig.
    Er schüttelte den Kopf und sagte nichts. Sie bewegte sich seitwärts und lehnte sich mit aufgestützten Ellbogen über eine Anrichte, die an der Wand

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