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Das Auge des Basilisken

Das Auge des Basilisken

Titel: Das Auge des Basilisken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kingsley Amis
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Etwas Kräftiges? Ich weiß nicht, warum, aber plötzlich ist mir danach zumute.«
    Das Gesellschaftszimmer lag verlassen. Alexander schenkte zwei Gläser Johnnie Walker ein und füllte den Bon aus. Dann gab er Markow das Glas, der ihm zuzwinkerte und sagte:
    »Willkommen in der Musikvereinigung Northampton!«
    »Auf den Erfolg Ihrer Konzerte!«
    Sie tranken ihre Gläser aus, sahen einander an und warfen sie nach kurzem Zögern wie auf Verabredung in den offenen Kamin. Dann legten sie die Arme umeinander.
    »Das hätten wir vielleicht nicht tun sollen«, sagte Theodor Markow und nickte zu den verstreuten Scherben. »Ihre Ordonnanzen werden nicht viel Freude daran haben, das zusammenzufegen.«
    »Ach, für solche Sachen haben sie ein paar englische Hausknechte«, sagte Alexander. Er nahm ein paar Kissen vom Sofa. »Kommen Sie mit – ich bin neugierig auf den Rest Ihrer Geschichte.«
    »Wohin gehen wir?«
    »Hinaus. Wohin sonst?«
    »Ich dachte, wir laufen Gefahr, erschossen zu werden, wenn wir hinausgehen.«
    »Nicht in der Nähe der Messe. Wenn schon jemand erschossen wird, dann wollen wir jedenfalls vermeiden, daß es Major Yakir ist, der zum Pinkeln vor die Tür geht.«
    Die Nacht war ruhig und angenehm warm und erfüllt vom schwachen Duft trockener Vegetation. Der Mond schien hell, und da und dort drang Licht aus den Fenstern der verstreut liegenden Gebäude. Drei uniformierte Gestalten kamen die Stufen vor dem Hauptgebäude herunter; ihre Schritte waren aus der Entfernung gerade noch vernehmbar. Alexander führte den Gast zu einem kleinen dorischen Tempel, der annähernd zweihundert Jahre alt sein mußte und die Kopie eines hellenistischen Originals aus dem kleinasiatischen Pergamon war. Es hieß, der Erbauer habe zwei Reisen dorthin unternommen, um die Originaltreue seiner Nachahmung zu gewährleisten.
    »Was ist das?« fragte Theodor Markow, als sie zwischen den Säulen des Portikus dahinschlenderten.
    »Eine Art Sommerpavillon, denke ich mir. Ein angenehmer, luftiger Ort an heißen Tagen.«
    Tatsächlich machte die angenehme Wärme sogleich einer ebenso angenehmen Kühle Platz. Wenige Meter im Inneren des eigentlichen Tempels stieg der Boden in einer hohen Stufe an, die mit der notwendigen Hilfe eines Polsters eine anspruchslose Sitzgelegenheit abgab. Die beiden Männer befanden sich im Schatten, aber ringsum lagen Streifen mondbeschienenen Pflasters. Zwischen den Steinplatten wuchs, was sie Unkraut genannt hätten, andere in einer stärker naturverbundenen Zeit Kamille und Pimpernelle genannt hätten.
    »Daraus, was Sie zu Ihrem Vater sagten«, begann Markow, »entnehme ich, daß Sie England sozusagen in einem Stück den Engländern zurückgeben wollen, ohne irgendwelche Obergangsphasen oder Probezeiten; ist das richtig?«
    »Ja – wenn es nicht so geschieht, wird es nie geschehen.«
    »Gut, das wäre der notwendige erste Schritt. Es muß also mit einem Schlag ein vollkommener politischer Machtwechsel stattfinden. Und jemand muß ihn vollziehen. Jemand muß die Macht den Gruppierungen nehmen, die sie jetzt innehaben, und den Engländern übergeben. Und wer immer das tut, muß Russe sein – die Engländer können nicht aus eigener Kraft an die Macht kommen; sie werden folgen, aber am Anfang können sie nicht führen. Von dieser Einsicht geleitet, wurde vor vier Jahren in Moskau die Gruppe 31 gegründet. Ihr erstes Ziel bestand darin, so viele ihrer Anhänger wie möglich in die Kulturkommission einzuschleusen und von dort aus zu versuchen, weitere Anhänger zu gewinnen. Diese Strategie hat sich als sehr erfolgreich erwiesen. Heute sind zwei Drittel des Personals entweder von uns oder aktiv auf unserer Seite, darunter alle Abteilungsleiter und ihre Stellvertreter, und von den übrigen, zu denen übrigens der Beauftragte Mets gehört, werden keine ernstlichen Schwierigkeiten erwartet.«
    »Wollen Sie damit sagen, daß die ganze Kommission und die Neue Kulturpolitik für England nichts als die Fassade einer geheimen revolutionären Bewegung seien?« fragte Alexander skeptisch.
    »Nein, so dürfen Sie es nicht sehen; es ist alles ganz echt. Die zwei gehen zusammen. Nachdem wir die Engländer an die Macht gebracht haben, werden wir mit unserer Arbeit fortfahren.«
    »Wenn sie das wollen.«
    »Davon bin ich überzeugt. Sie müssen. Wenn ich fortfahren darf: wir haben alle Abteilungen der Verwaltung infiltriert. Die Zivilpolizei hat sich als ein besonders günstiger Nährboden erwiesen – ihre Angehörigen sind

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