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Das Auge des Basilisken

Das Auge des Basilisken

Titel: Das Auge des Basilisken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kingsley Amis
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erheitert, und die Notwendigkeit, sich mit dem Direktor gut zu stellen, war für jedermann so offenkundig, daß niemand, ausgenommen vielleicht Alexander, den Petrowskys übelnahm, daß sie ihn zu ihren Abendgesellschaften einluden.
    Wie immer war er allein gekommen; bei keiner gesellschaftlichen Zusammenkunft war er jemals in Begleitung gesehen worden, und obgleich allgemein geglaubt wurde, daß er Tag und Nacht streng bewacht werde, waren Bewacher niemals als solche erkennbar. Er schien im Begriff, die Freitreppe hinunterzuschreiten, als er seiner Gastgeber ansichtig wurde und grüßend die Hand hob. Es war eine seltsame Geste, ausgedehnt, bis aus dem Gruß etwas wurde, was nicht weit von einer Warnung entfernt war; dann schritt er die Freitreppe herunter und kam unter den anderen Gästen außer Sicht. Die Petrowskys sahen einander wieder an, diesmal in einer Weise, die tiefe Intimität und beiderseitiges Vertrauen zeigte, wobei er eine Bitte um moralische Unterstützung in allen vielleicht daraus erwachsenden Schwierigkeiten andeutete, sie ihn dieser Unterstützung warmherzig versicherte. Sie waren im Begriff, sich einer nahen Gruppe von Gästen zuzugesellen, als Alexander, Nina und Theodor Markow auf sie zukamen. Die beiden Letzteren hielten einander bei den Händen und machten ernste Gesichter, in denen unterdrückte Erregung und ein wenig Unbehagen miteinander kämpften.
    »Diese beiden haben dir etwas zu sagen, Papa.« Auch Alexander schien befangen, zugleich aber amüsiert. »Aus irgendeinem Grund möchten sie, daß ich anwesend sei, wenn sie es sagen, obwohl ich nicht sehen kann, was es mich angeht.«
    »Habe ich Ihre Erlaubnis zu sprechen, Herr Petrowsky?« fragte Theodor.
    »Zu sprechen? Wieso, gewiß.«
    »Nina und ich lieben einander; ich habe sie gebeten, meine Frau zu werden, und sie hat, Ihr Einverständnis vorausgesetzt, eingewilligt. Also bitte ich nun formell um die Hand Ihrer Tochter.«
    »Ich verstehe. Nun … natürlich. Eine ausgezeichnete Idee. Ich erkläre mein formelles Einverständnis. Eine prachtvolle Idee. Meine Glückwünsche euch beiden. Das muß gefeiert werden. Ein Verlobungsfest.«
    Alexander und seine Mutter fügten ihre Glückwünsche hinzu. Petrowsky trat vor, die Arme ausgestreckt, aber Theodor bedeutete ihm mit einer schnellen Handbewegung, sich einen Augenblick zu gedulden, ergriff Ninas Hand und steckte dem vierten Finger einen Ring auf, der einen großen purpurroten Zirkon oder eine andere Imitation in einer Platinfassung zur Schau stellte. Nachdem er sie geküßt hatte, gab es allgemeine Umarmungen, gefolgt von einer Diskussion über Termine. Dann sagte Petrowsky, daß es andere Familienangelegenheiten mit Alexander zu besprechen gebe, und das Verlobungspaar zog sich zurück.
    »Dein Vater machte ein völlig verblüfftes Gesicht«, sagte Theodor mit einem Schmunzeln.
    »Ja, war er nicht süß? Gerade daß er sich die Frage verkneifen konnte, warum in aller Welt du seine Erlaubnis brauchtest, um eine volljährige Frau zu heiraten. Aber er hielt sich wie der geborene Diplomat. Ich war stolz auf ihn. Ihr beiden solltet gut miteinander auskommen.«
    »Da gab es noch etwas, was er gern gefragt oder vielmehr bestätigt bekommen hätte – ob wir miteinander schlafen.«
    »Ja, und ich bin froh, daß er die Frage nicht stellte. Wir hätten nein sagen müssen, und er wäre entweder verletzt gewesen, daß wir ihm die Wahrheit nicht sagten, oder schockiert über unsere Rückständigkeit.«
    »Ich weiß, aber ich glaube wirklich, daß es schwierig sein würde, jemanden zu finden, der verstehen würde, daß wir lieber damit warten, bis wir verheiratet sind. Deine Mutter würde es vielleicht verstehen.«
    »Das bezweifle ich. Sie ist sehr moralisch, aber ihre Vorstellungen sind ziemlich fixiert. Und jemand wie Elizabeth würde uns einfach für verrückt halten. Das erinnert mich: sie sagt, sie wolle der … Musikvereinigung beitreten. Sie sei bereit, im Rahmen vernünftiger Überlegung alles zu tun, was nicht allzu gefährlich oder abscheulich ist. Unter abscheulich versteht sie alles, was ihr abverlangen würde, zur Gewinnung von Informationen mit Vanags Männern zu schlafen.«
    »Sehr vernünftig. Ich bin glücklich, daß ich etwas zu tun im Begriff bin, was überhaupt nicht vernünftig ist und sowohl gefährlich als auch abscheulich sein mag.«
    »Oh, Liebling, er weiß, daß ich ihn hasse.«
    »Er muß wissen, daß alle ihn hassen … Guten Abend, Herr Direktor – ich hoffe Sie bei

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