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Das Auge des Basilisken

Das Auge des Basilisken

Titel: Das Auge des Basilisken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kingsley Amis
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Menschen, der tut, was ihm gefällt. Ich fürchte, ich bin niemals imstande gewesen, in dieser Richtung sehr starke Gefühle aufzubieten.«
    »Ja, Sergej, das ist dein und anderer Leute Unglück. Alle Menschen, besonders diejenigen, die gut aussehen oder einen anderen Vorteil gegenüber ihren Mitmenschen genießen, haben in der Jugend starke Opposition nötig, das ist ein Erfordernis an sich. Bleibt diese Opposition aus, leiden ihre Charaktere. Sie werden egoistisch, unzugänglich und lassen sich von nichts und niemanden von Vorhaben und Zielen abbringen, die sie selbst gesetzt haben. Dabei sind sie sprunghaft und neigen ohne äußeren Anlaß zu plötzlichen Richtungswechseln. Ich kann mir nicht denken, daß es immer die übermäßig nachsichtige Mutter sein sollte, die ihren Sohn verzieht, ist der Vater doch offensichtlich sehr viel wichtiger als Vorbild und um ihn zu lehren, wie er sich zu benehmen hat. Es muß schwieriger für einen Vater sein, sich mit dem Umstand abzufinden, daß der Sohn heranwächst und nicht mehr der kleine Junge ist, dessen Aktivitäten zu harmlos und unwichtig sind, als daß sie strenger Überwachung bedürften. Und natürlich kann man durch Toleranz einer Menge Ärger aus dem Wege gehen. Einstweilen. Aber warte nur. Unser Sohn ist jetzt ein sehr gefährlicher Mensch – für sich selbst. Ich hoffe uns allen zuliebe, Sergej, daß du als Verwaltungsbeamter weniger liberal bist denn als Vater.«
    Als er glaubte, daß sie geendet habe, sagte er im gleichen Ton wie zuvor: »Meine Güte, ich dachte mir gleich, daß eine Menge moralischer Mißbilligung in der Luft liegt. Allerdings hatte ich nicht bemerkt, wieviel davon für mich reserviert war.«
    Als sie einander anstarrten, begannen die Linien der Bitterkeit und Anklage um ihren Mund und die Augen ein wenig zu verblassen, doch blieb eine gewisse Schärfe in ihrer Stimme, als sie sagte: »Wir alle brauchen von Zeit zu Zeit Opposition, und du machst darin keine Ausnahme, liebster Sergej.« Und wie so oft zuvor dachte sie, diesmal bestehe eine Chance, daß er in der fraglichen Angelegenheit tatsächlich etwas unternehmen würde.
    »Ich werde mit ihm reden. Wenn er weiß, daß wir Bescheid wissen, wird er es wenigstens einfacher finden, in einer Krise zu uns zu kommen.«
    »Laß ihn nicht mit Leugnen davonkommen!«
    »Ich denke, du kannst mir vertrauen, daß ich das nicht tun werde«, versetzte er, zum ersten Mal in einem weniger milden Ton.
    Schon mit der Frage beschäftigt, ob sie ihm diesen Vertrauensvorschuß geben könne oder nicht, blickte sie über seine Schulter, und sogleich kam eine leichte aber wahrnehmbare Veränderung über sie. Ein kleine Gestalt, nicht höher als einen Meter fünfzig, aber fein proportioniert, war eben aus dem Haus getreten und stand auf der obersten Stufe der Freitreppe, um die Gesellschaft zu überblicken.
    Petrowsky sah die Veränderung in seiner Frau und folgte ihrem Blick. Unbewußt rückten sie enger zusammen, wie um einem körperlichen Angriff besser zu widerstehen. Denn der Neuankömmling war Direktor Vanag, von dem noch niemand mit Gewißheit hatte sagen können, ob er in seiner amtlichen Eigenschaft etwas anderes tat als fünfeinhalb Tage in der Woche in sein Büro im Rathaus von Northampton zu gehen, der jedoch unweigerlich in jedermanns Bewußtsein trat (wenn auch weniger oft erwähnt wurde), wenn jemand nach Moskau zurückgerufen wurde und nie wieder in Erscheinung trat, oder wenn im Distrikt jemand auf unnatürliche Weise zu Tode kam. Anfang der Woche erst hatte man den ertrunkenen Leichnam eines Verwaltungsangestellten des Wohnungsamtes aus dem Fluß gezogen, eines Mannes von makellosem öffentlichen und privaten Ruf und ohne bekannte Feinde. Er hatte eine Kopfverletzung erlitten, vielleicht von einem Sturz, vielleicht nicht. Es wurde als eine Selbstverständlichkeit unterstellt, daß Vanag verantwortlich war, wobei man die mit Sicherheit anzunehmende Unschuld des Opfers als Bestätigung sah und argumentierte, daß unterschiedslose ›Demonstrationen‹ dieser Art wirksamer seien als selektive. Gemäß einer einfacheren und derzeit in Mode gekommenen Ansicht war Vanag zu träge oder unfähig, um irgendwelche wirklich gefährlichen oder unerwünschten Aktivitäten aufzudecken und habe darum die gelegentliche willkürliche Ermordung einzelner Personen allein zum Beweis seines Pflichteifers angeordnet. Wie es auch um den Wahrheitsgehalt solcher Mutmaßungen bestellt sein mochte, niemand war darüber

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