Das Auge des Leoparden
überzeugt. »Wenn
wir
die Eier anfassen,
bwana
, werden dort Schlangen sein.«
Hans Olofson streckt ihnen ein Ei entgegen, aber keiner von ihnen wagt es, das Ei in die Hand zu nehmen.
»Ihr verliert eure Arbeit«, sagt er. »Ihr verliert eure Bleibe, alles.«
»Das glauben wir nicht,
bwana
.«
»Ihr hört doch, was ich sage, oder?«
»Die Hühner müssen ihr Futter bekommen,
bwana
.«
»Ich finde schon andere Arbeiter. Die Leute reißen sich um eine Stelle auf einer weißen Farm.«
»Nicht, wenn sie von den Schlangen hören,
bwana
.«
»Es gibt keine Schlangen.«
»Wir glauben aber, daß es sie gibt,
bwana
. Deshalb arbeiten wir nicht.«
»Ihr habt Angst vor Eisenhower Mudenda. Ihr habt Angst vor seinem
muloji
.«
»Eisenhower Mudenda ist ein kluger Mann,
bwana.
«
»Er ist nicht klüger als jeder andere von euch auch.«
»Er spricht zu uns durch unsere Ahnen,
bwana
. Wir sind Afrikaner, ein weißer
bwana
kann das nicht verstehen.«
»Ich entlasse euch alle, wenn ihr nicht wieder an die Arbeit geht.«
»Das wissen wir,
bwana
.«
»Ich hole Arbeiter aus einem anderen Teil des Landes.«
»Niemand will auf einer Farm arbeiten, auf der die Hühner Schlangeneier legen,
bwana
.«
»Ich sage euch doch, daß es keine Eier mit Schlangen gibt!«
»Nur Eisenhower Mudenda kann die Schlangen wieder verschwinden lassen,
bwana
.«
»Ich habe ihn entlassen.«
»Er wartet auf seine Rückkehr,
bwana
.«
Ich verliere, denkt Hans Olofson. Ich verliere, so wie der weiße Mann in Afrika immer verliert. Ihren Aberglauben kann man nicht mit einem Gegenfeuer besiegen. »Richtet Eisenhower Mudenda aus, daß er zu mir kommen soll«, sagt er und fährt zu seiner Lehmhütte.
Plötzlich zeichnet sich Eisenhower Mudendas Silhouette vor dem gleißendhellen Sonnenlicht im Türrahmen ab.
»Ich werde dich nicht bitten, Platz zu nehmen«, sagt Hans Olofson. »Du bekommst deine Arbeit wieder. Eigentlich sollte ich dich zwingen, den Arbeitern zu zeigen, daß in den Eiern keine Schlangen sind, aber das werde ich nicht tun. Sag den Arbeitern, daß du deinen
muloji
aufgehoben hast. Geht wieder an die Arbeit, das ist alles.«
Eisenhower Mudenda tritt in die Sonne hinaus.
Hans Olofson folgt ihm. »Eins sollst du wissen«, sagt er. »Ich gebe mich nicht geschlagen. Eines Tages wird es keinen
muloji
mehr geben, und die Schwarzen werden sich gegen dich stellen und deinen Kopf mit ihren Holzkeulen zertrümmern. Ich werde dir nicht helfen.«
»Dazu wird es niemals kommen,
bwana
«, antwortet Eisenhower Mudenda.
»Hühner werden niemals Eier legen, in denen Schlangen sind«, sagt Hans Olofson. »Was tust du, wenn jemand eine dieser Schlangen sehen möchte?«
Am nächsten Tag liegt eine tote Kobra auf dem Fahrersitz von Hans Olofsons Wagen.
Um sie herum liegen Eierschalen.
N OCH IST AFRIKA in weiter Ferne.
Aber Hans Olofson ist unterwegs. Ständig dringt er in neue feindliche Gebiete vor. Das Haus am Fluß hat er hinter sich gelassen und in der Provinzhauptstadt Abitur gemacht. Nun lebt er in Uppsala, wo er Jura studieren will.
Um sein Studium zu finanzieren, arbeitet er an drei Nachmittagen in der Woche in Johannes Wickbergs Waffenhandlung in Stockholm. Über die Philosophie des Tontaubenschießens weiß er mehr als über das Grundgüterrecht. Seine Kenntnisse auf dem Gebiet der überlegenen italienischen Schrotflinten und auf dem der Schmiereigenschaften von Waffenfetten bei niedrigen Temperaturen übertreffen um ein Vielfaches seine Kenntnisse auf dem Gebiet des Römischen Rechts, das doch den Ausgangspunkt aller Rechtssprechung bildet.
Die Waffenhandlung betreten gelegentlich auch Großwildjäger, und ihre Fragen sind viel seltsamer als die, die man ihm in den Einführungskursen seiner Fachrichtung stellt.
Gibt es auch schwarze Löwen? Soweit er weiß, nicht. Aber eines Tages steht ein Mann vor ihm, der sich Stone nennt und behauptet, daß die schwarzen Löwen in der abgelegenen Kalahariwüste leben. Stone ist aus Durban angereist, um Wickberg zu treffen. Aber Wickberg ist gerade beim Zoll, um ein Problem bei der Einfuhr von Munition aus den USA zu lösen, und Hans Olofson ist allein im Geschäft.
In Wirklichkeit heißt Stone Stenberg, und auch wenn er schon seit vielen Jahren in Durban lebt, kann er doch seine Herkunft aus dem schwedischen Tibro nicht verleugnen. Mehr als eine Stunde steht er im Geschäft und erzählt Hans Olofson, wie er sich seinen Tod vorstellt. Seit vielen Jahren leidet er an einem mysteriösen Jucken in
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