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Das Auge des Nachtfalters: Mystery-Roman (German Edition)

Das Auge des Nachtfalters: Mystery-Roman (German Edition)

Titel: Das Auge des Nachtfalters: Mystery-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Klassen
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teuflisches Spiel? Oder war es wirklich Luca am anderen Ende der Leitung? Ich konnte ihn wegdrücken und die Polizei anrufen, aber meine Finger zitterten mittlerweile so stark, dass ich bezweifelte, ob ich irgendeine Taste treffen würde. Ich musste eine Entscheidung fällen. Glaubte ich daran, dass es einen Jungen mit zwei Gesichtern gab, einem netten und einem dämonischen, oder an zwei Jungen, die einander ähnelten wie ein Ei dem anderen, die aber ansonsten verschieden waren wie Tag und Nacht?
    Wenn ich falsch lag, war ich sowieso verloren.
    „Hier ist Alicia.“ Ich erkannte meine eigene Stimme kaum wieder. „In der alten Scheune hinter dem Gewächshaus. Ich bin durchs Dach gefallen und hänge an irgendwas fest. Aber nicht sehr fest, fürchte ich.“
    Schweigen am anderen Ende der Leitung.
    „Luca?“, setzte ich noch einmal an. Da flatterte mir plötzlich eine Motte ins Gesicht. Instinktiv schrie ich auf, und das Handy glitt mir aus den bebenden Fingern. Ich hörte nur noch, wie es unten aufschlug.
    Das hier war real. Es war kein Traum, so sehr ich es mir auch wünschte. Der Nachtfalter schwirrte um mich herum, streichelte mit sanften Flügeln meine Wangen. Ich hätte nicht einmal sagen können, ob er mich erschrecken oder trösten wollte. Ich rührte mich keinen Millimeter, ich schlug nicht nach ihm und versuchte auch nicht auszuweichen. Vielleicht weinte ich, ich wusste es selbst nicht. Da hörte ich das Summen. Jemand sang, beruhigend, ganz leise, die Worte verwischten, ich konnte sie nicht voneinander trennen, ich hörte nur die Melodie.
    „Warum tust du das?“, weinte ich. „Warum?“
    Rico war immer noch hier. Und wenn er wollte, dass ich starb, würde ich sterben. Nur noch ein Stoß, ein Rütteln an dem Brett, an dem ich hing, und ich war verloren.
    Etwas kroch durch meine Haare, berührte meinen Nacken. Tastete über meine Haut. Winzige Füßchen, die mich kitzelten.
    Ich biss die Zähne zusammen. Rico würde mich nicht dazu bringen, dass ich wild um mich schlug, dass ich schrie und zappelte. Dass ich aufgab. Hatte ich doch mit ihm telefoniert? Dann würde keine Hilfe kommen. Ich wusste es nicht, ich wusste gar nichts mehr. Das Hassgefühl in meiner Brust verdrängte für einen Moment die Angst.
    „Mit mir nicht“, flüsterte ich.
    Es war die einzige Möglichkeit für mich, zu kämpfen. Ich kniff die Augen zusammen. Ich atmete so flach wie möglich und ignorierte das Krabbeln auf meiner Haut. Etwas huschte über meine Wange. Über die Nase, die Lider. Es kribbelte an meinen Ohren. Aber ich war nicht da. Ich stellte mir vor, dass ich gar nicht da war.
    Jede Sekunde dehnte sich endlos. Die Minuten waren wie Jahre. Mein Puls pochte schmerzhaft schnell in den Ohren, während der Druck der Tasche mir das Blut abschnürte.
    „Hier ist niemand.“
    Tatjanas Stimme. Und dann die andere Stimme, so vertraut, diese Stimme, bei der mich ein Schauder überlief. „Sie muss hier sein.“
    Luca? Luca oder Rico?
    Die Motten flatterten davon. Ich gab ein schwaches Ächzen von mir.
    „Liss?“, rief Tatjana. „Bist du hier?“
    Winkys Kläffen übertönte meine heisere Antwort. Sie würden gehen, ich wusste es. Es war mittlerweile fast völlig finster, daher würden sie mich nicht sehen und wieder verschwinden.
    „Alicia?“ Diese herrliche Stimme, die ich mehr als alles andere fürchtete. „Verdammt, es ist zu dunkel.“
    Tatjana schrie auf. „Bitte nicht!“
    „Was ist denn?“, fragte er - Luca oder Rico? - ungeduldig.
    „Erschlag mich nicht!“
    „Oh Mann, du spinnst echt. Das ist eine Taschenlampe, kein Schlagstock. Glaubst du, ich hab dich hergelockt, um dich zu erwürgen, oder was?“ Das klang eher nach dem Jungen aus dem Restaurant. Nach dem, den ich geküsst hatte.
    Der Lichtstrahl wanderte durch den Raum.
    „Hier bin ich!“, krächzte ich.
    Winky bellte zustimmend.
    „Oh Gott, Liss!“, schrie Tatjana. „Ich sehe ihre Beine! Sie hängt da oben an der Decke!“
    „Halte durch!“, rief Luca. Ich hörte, dass er schon an der Treppe war.
    „Wir müssen die Feuerwehr rufen! Wir brauchen eine Leiter!“
    „Dazu ist keine Zeit!“ Er stürmte die Stufen hinauf.
    „Oh mein Gott, Liss, fall jetzt bloß nicht runter!“, heulte Tatjana.
    Ich konnte mich nicht umdrehen, aber ich spürte die Erschütterung in den Brettern, als Luca den Dachboden erreichte.
    „Vorsicht!“, wisperte ich. Mein Hals war so trocken, dass ich kaum sprechen konnte.
    Der Strahl der Taschenlampe huschte über die

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