Das Auge des Sehers (German Edition)
kleinen Handwerkern den Auftrag. Das steht fest. Yvo Liechti übte Druck aus …»
«Vielleicht haben sie einen Deal gemacht.»
«Gut möglich. Liechti schanzt Studer einen grossen Auftrag zu. Als Gegenleistung erweist ihm Studer einen kleinen Gefallen, er seilt Mangold und Co. ab.»
«Wenn es wirklich so war, dann sass dieser Seitenhieb. In der Folge gerät das Konsortium in Schwierigkeiten, weil es voll auf den Grossauftrag gesetzt hat.»
«Das hat man von der Mobilmache gegen die Nostramos.»
Nadine verdrehte die Augen.
«Das war nur ein kleiner Scherz zur Auflockerung. Aber ich sehe, du bist nicht in der Stimmung dafür … Eines fand ich hingegen einleuchtend, nämlich dass dieser Auftrag eine Nummer zu gross war für die Quartierhandwerker. Findest du nicht?»
«Die werden wohl wissen, was sie leisten können und was nicht. Liechti spielt eine Schlüsselrolle. Wollen wir ihn aufsuchen?»
«Barfuss?»
«Ach Scheibe! So können wir nicht hin. Für heute ist Schluss. Ich bestell uns ein Taxi.»
«Sehr gut. Ich komm bis zum Waaghof mit, ich will noch einen kurzen Abstecher ins Büro machen.»
9. Kapitel
Der Post-it-Zettel auf dem Tisch verriet nichts Gutes. Der Staatsanwalt wollte ihn sprechen. Kommissär Ferrari klopfte und trat, ohne eine Antwort abzuwarten, ein. Borer ging seiner Lieblingsbeschäftigung nach. Er sprach mit seinen Pflanzen.
«Ah, da sind Sie ja, Ferrari. Setzen Sie sich.»
Der Kommissär tat, wie ihm geheissen.
«Nun, wie geht es mit Ihrem Fall voran?»
«Wir sammeln Fakten, aber eine heisse Spur haben wir noch nicht.»
«Der Anrufer beim Sender?»
«Negativ. Wir wissen bisher nicht, wer er ist.»
Borer seufzte.
«Die Medien setzen mir zu. Verständlich. Einer der ihren ist ermordet worden. Noch kann ich sie beruhigen. Nur wie lange noch? Wenn wir im Laufe der nächsten Woche keine Ergebnisse erzielen, werden sie über mich herfallen.»
«Wir stehen erst am Anfang der Ermittlungen. Es braucht eben seine Zeit, bis sich das eine oder andere Türchen öffnet.»
«Sie unterhielten sich mit Paul Studer?»
Ferrari wusste, was nun folgte. Die immer wiederkehrende Litanei. Von wegen Studer ist eine wichtige Persönlichkeit. Bestimmt hat er sich beschwert, weil wir wieder einmal voll ins Fettnäpfchen getreten sind, vor allem meine angeblich rücksichtslose Kollegin. Uns wird der Fall entzogen, sollten wir inskünftig nicht diskreter ermitteln. Und so weiter und so fort.
«Ja, ja, er hat sich sicher schon bei Ihnen beschwert.»
«Nur nicht so giftig, Ferrari. Wie ist Paul in den Fall verstrickt?»
«Er kennt jemanden, der mit der Nostramo-Stiftung verbunden ist.»
«Yvo Liechti», ergänzte Borer sachlich.
«Wenn Sie es schon wissen, weshalb fragen Sie dann?», zischte der Kommissär.
«Nur nicht so unbeherrscht. Ich kann schliesslich zwei und zwei zusammenzählen. Studer ist ein Freund von Liechti, der seinerseits im Stiftungsrat der Nostramos sitzt. Sie fühlen Studer auf den Zahn, da Sie offenbar einen Zusammenhang vermuten.»
«Ja. Eine Handwerkergruppe um den Spenglermeister Josef Mangold sollte den Auftrag für den Bau der Überbauung am Baselmattweg erhalten. Mangold ist bekennender Gegner der Nostramo-Leute, die sich im Quartier angesiedelt haben. Er und seine Leute schlagen Arian zusammen und werfen im Gebäude Scheiben ein, wobei er ersteres nicht zugibt. Liechti rächt sich, indem er von Studer verlangt, dass er den Quartierhandwerkern den bereits versprochenen Auftrag entzieht.»
«Geschieht ihnen recht. Gewalt ist kein Mittel, um dem Gesetz Geltung zu verschaffen.»
«Wir wollten von Paul Studer die Bestätigung, dass er von Liechti angestiftet worden ist. Stattdessen hat er uns rausgeworfen.»
«Man benimmt sich auch nicht wie ein Elefant im Porzellanladen.»
«Und nun sollen wir Ihren Freund wohl mit Samthandschuhen anfassen, damit es ja keinen Skandal gibt. Ich dachte, die nächsten Wahlen fänden erst in einigen Jahren statt.»
«Sie laufen zur Topform auf, Ferrari. Wenn Sie glauben, in meinen Wunden stochern zu können, irren Sie sich … Schliesslich war es Ihre Schuld!»
«Also, ich muss schon bitten. Was kann ich dafür, dass Sie bei den Nationalratswahlen sang- und klanglos untergegangen sind? Ich bin vollkommen neutral. Politik interessiert mich überhaupt nicht.»
«Sie wissen genau, was ich meine. Wenn Sie Olivia gebeten hätten, mich zu unterstützen, sässe ich jetzt in der grossen Kammer.»
«Und was würden wir dann ohne Sie tun, Herr
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