Das Auge des Sehers (German Edition)
Architekt.
«Nein, dafür sind wir nicht zuständig. Wir möchten mit Ihnen über die Auftragsvergabe reden.»
«Ich verstehe nicht, was Sie meinen, Frau Kupfer.»
Studer setzte sich hinter seinen Schreibtisch, in seinem Ton schwang etwas Undefinierbares mit. War es Angst?
«Kennen Sie Arian Nostramo?»
«Das ist der Kerl mit dem Turban. Meine Frau fährt vollkommen auf ihn ab. Ich kann damit nichts anfangen. Der verarscht doch die Leute mit seinem Gequatsche. Ist er nicht anfangs Woche ermordet worden?»
«Exakt. Und wir sind dabei, den Mörder zu finden.»
«Da kommen Sie zu mir? Das müssen Sie mir jetzt aber genauer erklären.»
«Im Zusammenhang mit den Ermittlungen unterhielten wir uns mit einem Josef Mangold.»
«Dem fetten Spengler?»
«Er besitzt eine Spenglerei, das ist richtig. Stimmt es, dass er mit einigen Kollegen zusammen als Generalunternehmer hier tätig werden wollte?»
«Ja, das stimmt. Aber das war für sie eine Nummer zu gross. Mangold hat zwei Mitarbeiter und einen Lehrling, der Elektriker beschäftigt insgesamt drei Angestellte und so weiter und so fort. Stellen Sie sich vor, wie lange die hier gebraucht hätten. Da müssen Grosse ran, das ist nichts für kleine Krauter, Frau Kupfer.»
«Mangold erzählte uns, dass Sie ihm bereits mündlich zugesagt hätten.»
«Blödsinn! Ich bot ihm an zu offerieren, und zwar meinte ich ein Angebot als Konsortium. Aber nicht mit dem Elektriker um die Ecke, dem Maurer, der gelegentlich eine Gartenmauer hochzieht, und dem Dachdecker, der gerade mal einen Mitarbeiter hat. Sehen Sie sich den Plan hier an. Das ist ein Riesending. Da kann ich unmöglich mit irgendwelchen Quartierhandwerkern arbeiten.»
«Sie gaben ihm also keine Zusage.»
«Nein! Ich bin doch nicht verrückt.»
«Oder haben Sie vielleicht die Zusage zurückgenommen, weil Sie von jemanden unter Druck gesetzt wurden?»
«Was soll das? Es ist so, wie ich Ihnen sage. Wars das? Dann möchte ich mich jetzt wieder um meine Arbeit kümmern.»
«Kennen Sie Yvo Liechti?»
«Natürlich. Er ist ein Stararchitekt. Wer kennt ihn nicht.»
«Haben Sie Kontakt zu ihm?»
«Ab und zu sehen wir uns. Geschäftlich spielt er in einer anderen Liga. Wo meine Möglichkeiten aufhören, beginnen die seinen.»
«Und da gab es nicht zufälligerweise ein Gespräch, in dem Liechti Sie so unter Kollegen bat, das Quartierkonsortium abzulehnen?»
«Jetzt ist es genug. Sie kommen hier herein, beleidigen mich und jetzt noch einen weltberühmten Kollegen. Wenn Sie nicht sofort verschwinden, werde ich mich über Sie beschweren.»
Ferrari öffnete die Tür der Baracke. Nadine humpelte hinterher und drehte sich nochmals um.
«Wir sehen uns noch, Herr Studer.»
«Raus jetzt! Oder ich lasse Sie hinauswerfen. Glauben Sie wirklich, dass Sie mich einschüchtern können? So eine wie Sie müsste da schon etwas früher aufstehen.»
Ferrari schloss die Tür und setzte sich nochmals hin.
«Was gibts noch? Dort gehts raus.»
«Sie sind ein sehr unangenehmer Zeitgenosse, Herr Studer.»
Der Kommissär sprach betont ruhig und leise.
«Wie bitte?»
«Ich würde sogar sagen, dass Sie so ziemlich das grösste Arschloch sind, das mir in der letzten Zeit begegnet ist.»
«Raus!» Er stand auf und riss die Tür auf. «Raus! Und zwar blitzartig.»
Ferrari lächelte.
«Komm, Nadine, wir gehen. Herr Studer hat Wichtigeres zu tun, als sich mit uns zu unterhalten.»
Nadine sah ihren Chef verständnislos an. Wut blitzte in ihren Augen auf. Sie dachte keineswegs ans Aufgeben.
«Es hat mich gefreut, kann ich nicht gerade sagen, Herr Studer. Vielleicht eher auf Wiedersehen.»
Ferrari schob Nadine durch die Baustelle.
«Ich gehe zurück und trete dem Vollidiot in die Eier!»
«Das hättest du spontan machen sollen. Jetzt ist es zu spät.»
«Lass mich gefälligst los! Ich kann alleine laufen.»
«Das ist nur, damit du nicht auf dumme Gedanken kommst. Wenn du ihm an die Gurgel gehst, haben wir ein Disziplinarverfahren am Hals. Und das können wir wirklich nicht gebrauchen.»
«Der lügt doch nach Strich und Faden.»
«Sicher lügt er.»
Nadine riss sich los.
«Dann gehen wir zurück und nehmen ihn auseinander.»
«Und wie, wenn ich fragen darf? Oder steht dir der Sinn nach roher Gewalt?»
«Wir … wir …»
«In Anbetracht seines Lügens müssen wir die Geschichten von Mangold in einem anderen Licht betrachten.»
«Du musst, nicht ich. Ich habe es schon von Anfang an anders gesehen.»
«Genau. Studer versprach den
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