Das Auge des Sehers (German Edition)
Arian aufrecht?»
«Ich habe mit Yvo Liechti und Arthur Schwegler vor vier Jahren die Stiftung ins Leben gerufen. Zu diesem Zeitpunkt waren Arian und ich nur Freunde. So richtig gefunkt hat es erst nach meiner Rückkehr», Tränen liefen über ihre Wangen. «Ich bin aber immer zu den Sitzungen des Stiftungsrates zurückgeflogen. Vier Mal pro Jahr. Wir legten die Daten so, dass wir es mit anderen Terminen in Basel verbinden konnten. Es war für Arthur gar nicht immer leicht, Yvo und mich zu koordinieren.»
«Und seit Ihrer Rückkehr sind sie ein Paar.»
«Unsere Gefühle füreinander wuchsen wohl unbemerkt über Jahre und eines Tages war sie da, die Liebe, gross und intensiv, einmalig und unbeschreiblich. Es war keine Liebe auf den ersten Blick oder so. Bei Arian fühlte ich mich schon immer geborgen, er war mein Leben … Nach einem Auftritt im ‹Stadtcasino› gingen wir zusammen im ‹Chez Donati› essen. Danach schliefen wir zum ersten Mal miteinander.»
Nadine beobachtete amüsiert, wie Ferrari errötete.
«Der damalige Event war ziemlich umstritten. Ich habe die Artikel und vor allem die Leserbriefe gelesen.»
«Man glaubt an Arian oder man hält ihn für einen Betrüger. Etwas dazwischen gibt es nicht. Was ist Ihre Meinung, Frau Kupfer?»
«Er war ein charismatischer Schwindler.»
«Und Sie, Herr Kommissär?»
«Ich … nun … ich … ja, ich bin der Meinung, dass er kein Betrüger gewesen ist. Er half vielen Menschen.»
Andrea Grossen lächelte.
«Sehen Sie. Entweder so oder so.» Ihr Gesichtsausdruck wurde sehr ernst. «Arian war jemand ganz Besonderer. Ich habe noch nie einen Menschen wie ihn kennengelernt. Sein einziges Ziel war, andere glücklich zu machen.»
«Und sich selbst, indem er im Luxus lebte.»
«Die Villa und sein Vermögen? Das bedeutete ihm nichts. Sein Lebenssinn und sein Glück hingen nicht von materiellen Dingen ab.»
«Sagen das nicht immer diejenigen, die ohnehin keine Sorgen haben?»
«Anscheinend definieren Sie Sorgen über den Begriff Geld. Ist das nicht eine Spur zu einfach, Frau Kupfer?»
«Ich meine damit, dass das Geld eine wichtige Rolle spielt, auch bei den Reichen.»
«Ohne Zweifel. Schauen Sie sich in diesem Gebäude um, alles vom Feinsten. Das erwarten unsere Kunden von uns.»
«Ich hätte eher das Gegenteil erwartet», wunderte sich Ferrari. «Bescheidenheit statt Prunk.»
«Sie meinen im gut baslerischen Stil. Nun, wir sind eine Privatbank, Herr Kommissär. Bei uns verkehren nur Leute, die über ein stattliches Vermögen verfügen. Mit einigen Millionen sind sie dabei, eine allein reicht bei uns noch lange nicht. Diese Kunden geniessen den Reichtum, ihren und denjenigen ihrer Geschäftspartner. Wir sind sehr erfolgreich und das zeigen wir unseren Kunden. Dadurch steigt das Vertrauen der Anleger.»
«Sie behaupten also, dass Arian überhaupt kein Interesse an Geld hatte.»
«Das behaupte ich nicht, das weiss ich, Frau Kupfer. Arian lebte für Höheres. Manchmal schoss er auch übers Ziel hinaus, aber er glaubte an seine Berufung.»
«Wie übers Ziel hinaus?»
«Eine Frau, ich weiss ihren Namen nicht mehr, rief vor einiger Zeit in der Sendung an. Eheprobleme. Arian gab ihr einige Ratschläge. Zwei Tage später tauchte sie an der Welschmattstrasse auf und verfolgte ihn so lange, bis er sich bereit erklärte, ein Gespräch mit ihrem Mann zu führen. Das endete in einer Katastrophe. Arian ist in diesem Fall einfach zu weit gegangen. Ich nahm kein Blatt vor den Mund und wir stritten uns deswegen heftig. Ratschläge am TV ja, aber doch nicht bis hin zur persönlichen Eheberatung ausserhalb des Studios.»
«Wann war das?»
«Es fing vor ungefähr zwei Monaten an und vor drei Wochen ist es eskaliert.»
Ferrari überlegte, ob er die Sendung damals gesehen hatte. Vermutlich schon. Sie würden sich von Isabelle Gutmann die letzten zehn Folgen besorgen.
«Sie stritten sich am vergangenen Montag kurz vor seinem Tod ebenfalls mit ihm.»
«Oh! Die Wände im Studio hören mit. Ja, das stimmt. Ich war total sauer auf ihn. Er wollte seine Villa und sein Aktienpaket verkaufen.»
«Das ist doch kein Grund für einen Streit.»
«Doch, sehr wohl. Er hat mir nichts davon erzählt und als ich ihn zur Rede stellte, wich er mir aus. Erst nach heftigem Insistieren stand er endlich dazu. Arian meinte, er wolle in Zukunft wieder in seiner Wohnung im Kleinbasel leben, der ganze Pomp in Riehen würde ihn ersticken. Ich fragte ihn, weshalb er mich nicht mit dem Verkauf
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