Das Auge des Sehers (German Edition)
rechtzeitig erreichten sie das Café «Schiesser».
«Glück gehabt», Nadine fuhr mit der Hand durch ihre Haare.
«Ja. Mmh, wie es hier duftet. Hast du die handgefüllten Truffes gesehen? Ein Gedicht, sage ich dir. Tradition verpflichtet.»
«Wie bitte?»
«Nur eine kleine Anspielung … schon gut. Wusstest du, dass dieses Traditionshaus bereits in der vierten Generation von Stephan Schiesser geführt wird? Und dass der Gründer, der Konditor Rudolf Schiesser, ein Glarner war?»
Nadine schüttelte den Kopf und trank in einem Zug den Espresso.
«Okay, ich schweife ab. Geschichte interessiert mich eben.»
«Ich weiss, Francesco, ich weiss. Ich beantrage daher, dass du im nächsten Leben Historiker wirst oder noch besser Lehrer.»
«Hm.»
«Darf die Grossen überhaupt ein Kopfgeld aussetzen?», kam Nadine auf das eigentliche Thema zurück.
«Sicher darf sie das.»
«Auch in dieser Höhe?»
«Die Summe spielt keine Rolle. Wir müssen uns unbedingt die Sendungen anschauen und diese Frau auftreiben, mit deren Mann sich Arian unterhalten hat. Vielleicht finden wir hier den Schlüssel zur Lösung.»
«Ich rufe nachher Isabelle Gutmann an. Und wenn der Streit zwischen den beiden um etwas ganz anderes ging?»
«Zum Beispiel?»
«Ich könnte mir vorstellen, dass Andrea eine Klette ist. Vielleicht hatte Arian nicht nur vom Reichtum genug, sondern wollte sich generell von alten Zöpfen befreien. Ob da noch Platz für Andrea Grossen war?»
13. Kapitel
Der Kommissär schrieb seine Gedanken stichwortartig auf. Andrea Grossen und Arian, Liebe, Leidenschaft, Eifersucht, Trennung? Alura Randa, Konkurrenzsituation. Unsinn! Auch wenn sie von der Stiftung höchstwahrscheinlich als Nachfolgerin gewählt wird, konnte sich Ferrari beim besten Willen nicht vorstellen, dass die Sendung weiterhin von Erfolg gekrönt sein würde. Er strich Alura wieder durch. Jason Untala, stiller Schaffer im Hintergrund, der auf Arians Posten scharf ist? Andrea vermutete das. Hasste sie ihn wirklich deshalb oder war sie bei ihm abgeblitzt? Ferrari entschloss sich, Jason als einen der Hauptverdächtigen auf die Liste zu setzen. Irion. Weshalb hiess er nur Irion und nicht Irion irgendwie? Was solls. Nur fassbar war er nicht, eine seltsame Figur. Josef Mangold, heisser Kandidat. Arian und seine Gefolgschaft versauen ihm die Geschäfte. Finanzielle Situation von Mangold überprüfen, schrieb der Kommissär neben den Namen. Mangold hält Arian für einen gefährlichen Sektierer. Sicher ein Grund, um ihn aus dem Weg zu schaffen. Der Unbekannte am Telefon, schwierig zu identifizieren. Vielleicht sogar der Ehemann dieser Frau, der Arian helfen wollte. Arthur Schwegler? Yvo Liechti? Die beiden kamen für Ferrari als Täter nicht infrage. Isabelle Gutmann? Sie sägt wohl kaum den Ast ab, auf dem sie sitzt.
«Fertig mit deinem Puzzle?»
«Ich notiere mir nur die Namen der möglichen Täter.»
«Und die wären?»
«Mangold steht bei mir ziemlich weit oben auf der Liste. Konntest du seine finanzielle Situation überprüfen?»
«Die sieht trostlos aus, bis zum letzten Dachziegel verschuldet. Er hätte einen der beiden Grossaufträge dringend gebraucht. Was ist mit Andrea Grossen, dieser sektiererischen Kuh Alura Randa, Jason Untala, Irion und den Stiftungsräten? Und nicht zu vergessen der anonyme Anrufer und der Ehemann jener Frau, der Arian helfen wollte?»
«Schwegler und Yvo würde ich weglassen, die haben kein Motiv. Andrea Grossen schon eher. Aus Liebe und aus Eifersucht wurde schon mancher Mord begangen. Bei Alura Randa bin ich unsicher. Eher nein. Mein Favorit ist Jason Untala. Warum, kann ich dir nicht sagen, ein Bauchgefühl. Mit dem müssen wir uns intensiver auseinandersetzen. Irion bleibt auch auf der Liste, er hat so gar keine Kanten und Ecken, eigentlich auch keine Konturen. Das irritiert mich.»
«Gehen wir?»
«Wohin?»
«In die Efringerstrasse.»
«Und was machen wir dort?»
«Wir schauen uns in Arians kleiner Wohnung um, von der niemand etwas weiss ausser Alura und ihm, wie Arthur Schwegler behauptet. Was aber nebenbei nicht stimmt, weil auch Andrea Grossen davon wusste.»
Bei der Fahrt durchs Horburgquartier wurden bei Ferrari Erinnerungen an seine Kindheit wach. Es hat sich vieles verändert und doch, einige Dinge waren noch so wie früher.
«Kannst du hier in die Oetlingerstrasse einbiegen.»
Nadine riss im letzten Augenblick das Steuer nach rechts.
«Sag das doch früher!»
«Halt hier bitte rechts an.»
Ferrari stieg
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