Das Auge von Tibet
reichte ihm seine Tasche. Shan nickte nur, machte einen kleinen Schritt, dann noch einen und fing schließlich an zu rennen. Als er auf die Stoßstange des anfahrenden Lastwagens sprang, hätte die baumelnde Tasche ihn beinahe straucheln lassen. Dann, gerade als Shan sein Gleichgewicht zu verlieren drohte, streckte sich ihm eine schmale, mit Altersflecken übersäte Hand entgegen und zog ihn hinein.
Anmerkung des Verfassers
Die Figuren und die meisten Schauplätze dieses Romans sind erfunden. Der Kampf des tibetischen, kasachischen und uigurischen Volkes um die Bewahrung der eigenen Kultur und Identität ist hingegen sehr real. Viele Elemente dieser Erzählung leiten sich aus konkreten Ereignissen jenes fünfzigjährigen Ringens ab - und aus dem reichen und faszinierenden Erbe der Seidenstraße. Der Sand der Wüste Takla Makan gibt bisweilen tatsächlich Überreste der untergegangenen Städte und Gräber der Seidenstraße frei. Auch in Wirklichkeit arbeiten engagierte Archäologen vieler Nationen in diesen Ruinen und finden uralte Mumien und Kleidungsstücke, trotz der politischen Stürme, die über ihre Arbeit hinwegfegen. Genetische Forschungen in dieser Region und sogar die fachkundige Beurteilung schlichter Stoffetzen haben zu dermaßen erbitterten politischen Kontroversen geführt, daß in jenen entlegenen Gegenden auch die einfachste Suche nach Wissen mitunter heroische Anstrengungen voraussetzt. Und in Tibet hat die Regierung des heutigen China sich leider schon mehrfach in den Prozeß zur Auffindung wiedergeborener Lamas eingemischt.
Falls der geneigte Leser mehr über die Hintergründe erfahren möchte, stehen ihm die folgenden hervorragenden Quellen zur Verfügung, die an dieser Stelle ausdrücklich empfohlen werden sollen.
Zu den umfassendsten Beschreibungen der jüngeren tibetischen Geschichte gehören sicherlich:
John Avedon. In Exile from the Land of Snows. Harper Perennial.
Tsering Shakya. The Dragon in the Land of Snows. Compass Books.
Viele tibetische Überlebende berichten aus erster Hand von ihrem Schicksal. Diese Titel sind besonders eindrucksvolle Beispiele:
David Patt. A Strange Liberation: Tibetan Lives in Chinese Hands. Snow Lion Publications.
Adhe Tapontsang & Joy Blakeslee. Ama Adbe: The Voice that Remembers. Rudra Press. (Deutsch als: Doch mein Herz lebt in Tibet. Herder Verlag, Freiburg.)
Palden Gyatso & Tsering Shakya. The Autobiography of a Tibetan Monk. Grove Press. (Deutsch als: Ich, Palden Gyatso, Mönch aus Tibet. Gustav Lübbe Verlag, Bergisch Gladbach.)
Die bedeutendste Pekinger Einflußnahme auf die Auswahl einer tibetischen Reinkarnation wird detailliert in dem folgenden wichtigen Werk erläutert:
Isabel Hilton. The Search for the Panchen Lama. W.W. Norton & Company.
Die faszinierende, auf Pferden basierende Kultur des kasachischen Volkes wird sehr gut beschrieben in:
Awelkhan Hali, Zenxiang Li & Karl W Luckert. Kazakh Traditions of China. University Press of America.
Linda Benson & Ingvar Svanberg. China's Last Nomads. M.E. Sharpe, Inc.
Die beiden nächsten Bände widmen sich den bemerkenswerten archäologischen Entdeckungen in der Takla Makan; der zweite Titel dringt besonders tief in die Materie ein:
Elizabeth Wayland Barber. The Mummies of Urumchi. W W Norton & Company.
J.P. Mallory & Victor H. Main The Tarim Mummies. Thames & Hudson.
Zu guter Letzt eine Einführung für all jene Leser, die sich für die Welt der Insektensänger interessieren:
Lisa Gail Ryan. Insect Musicians and Cricket Champions. China Books & Periodicals.
Glossar der fremdsprachigen Begriffe
Aksai Chin Eine Grenzregion an der Nahtstelle von Kunlun-und Karakorum-Gebirge im äußersten Südwesten Xinjiangs und jenseits von Tibets nordwestlichster Grenze. Sowohl Indien als auch China erheben einen Hoheitsanspruch auf Aksai Chin, wenngleich das Gebiet von den Chinesen besetzt wurde.
Ani Tibetisch. Eine buddhistische Nonne.
Ashamai Turksprachig. Ein besonderer weicher Sattel, der kasachischen Kindern traditionell zum fünften Geburtstag überreicht wird.
Besik zkyry Turksprachig. Ein Wiegenlied.
Bumpa Tibetisch. Eine Schatzvase; ein rituelles Wassergefäß, das bei buddhistischen Zeremonien benutzt wird.
Changtang Tibetisch. Die gewaltige Hochebene, die das nördliche Zentraltibet dominiert.
Chuba Tibetisch. Ein schwerer, einem Umhang ähnelnder Mantel aus Schaffell, manchmal auch aus dickem Wollstoff.
Dombra Turksprachig. Ein lautenähnliches
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