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Das Babylon-Virus

Das Babylon-Virus

Titel: Das Babylon-Virus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan M. Rother
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offen.
    »Fabio!«
    Die blonde Frau löste sich von ihrem Halt, stolperte vorwärts. Rebecca setzte ihr nach, im Hinterkopf den Gedanken, dass es schon eine seltsame Ironie war: Gestern um diese Zeit war sie vor sich hin gehumpelt, und ihre Schwester hatte sie neu verarzten müssen.
    »Fabio!« Aus Alyssas Gesichtsausdruck, aus dem Klang ihrer Stimme war klar zu erkennen, dass der Container leer war.
    Suchend blickte Rebecca um sich. Seit der ersten Detonation war keine Minute vergangen. Menschen liefen umher, in Kampfanzügen, einige auch nur in olivgrünen Unterhemden. Jemand bellte Befehle. Merthes? Der General?
    Rebecca versuchte sich zu orientieren. In welche Richtung konnte der Junge gelaufen sein? Verdammt, warum war er nicht zu ihnen gelaufen? Angst, blind zu werden, wenn er eine andere Dame als Alyssa im Schlafanzug sah? Amadeo wäre das zuzutrauen gewesen, und der war schließlich Fabios großes Vorbild.
    Eine dünne Leuchtspur zog am Himmel ihre Bahn, dazu
ertönte von Neuem das pfeifende Geräusch. Rebecca versuchte abzuschätzen, wo die Rakete sich vom Boden gelöst haben musste: die offene Wüste, auf die Berge zu. Es ist kein Zufall, dass sie sich dort oben verstecken. Nett, dass sie mal vorbeischauen, dachte sie grimmig.
    Irgendwo weit in ihrem Rücken schlug der Flugkörper ein.
    »Fabio! - Siehst du ihn?« Alyssas Gesicht war wieder eine Maske - doch diesmal war es eine Maske der Angst. Der Bursche bedeutete ihr tatsächlich etwas. Rebecca musste das nicht verstehen, und es war auch gleichgültig. Sie selbst fühlte sich ja auch verantwortlich für den Jungen.
    Noch immer stiegen neue leuchtende Spuren in den Himmel, doch gleichzeitig waren die Geräusche des Schusswechsels lauter geworden. Rebecca sah das Aufblitzen der Mündungsfeuer. Sie konnten nur hoffen, dass Fabio nicht diese Richtung eingeschlagen hatte, doch sie mussten sicher gehen.
    »Kannst du laufen?«, wandte sie sich an ihre Schwester.
    »Wenn ich muss, dann kann ich auch!«, presste Alyssa zwischen den Zähnen hervor und humpelte auf die Barrikade aus Sandsäcken zu, an der undeutlich die Gestalten von vielleicht zwei Dutzend Soldaten zu erkennen waren, die sich hinter den Schutzwall duckten. Und mitten zwischen ihnen …
    »Fabio!«
    Eine neue Detonation.
    Auf einmal war es dunkel. Sekundenlang kam das einzige Licht von dem brennenden Fahrzeug und von zwei gleißenden Bahnen am Himmel, dann sprang widerwillig ein Notkreislauf an: gedämpftes Licht, gelblicher als vorher, und es ging nur von jeder dritten oder vierten Lampe aus.
    Schreie.

    Rebecca fuhr herum. Die Barrikade! Die Soldaten waren aufgesprungen, feuerten in die Nacht, denn aus der Dunkelheit …
    Gewaltige Umrisse, wie ein Berg auf Rädern, nein, auf Ketten ! Ein Panzer, der sich auf die Befestigung des Camps zubewegte, einzelne Schüsse abgab.
    »Die haben Panzer?«, hauchte Rebecca ungläubig.
    »Das ist der erste, den ich hier im Norden zu sehen bekomme«, flüsterte Alyssa.
    In ihrem Rücken war vor einigen Sekunden ein Röhren entstanden. Die ISAF-Soldaten machten ihrerseits das schwere Gerät bereit, doch es würde dauern, bis sie damit in die Kämpfe eingreifen konnten.
    Und der gegnerische Panzer war nicht allein.
    Rebecca traute ihren Augen nicht.
    Reiter! Zwei, drei … Nein, nein … Dutzende von Reitern, dunkelhäutige Männer in den traditionellen, weiten Gewändern der einheimischen Bevölkerung, die sich aus der Dunkelheit lösten, in breiter Front auf die Barrikade zugaloppierten und dabei aus unterschiedlichen Waffen Schüsse abgaben. Einige von ihnen trugen obendrein - Säbel! Krummsäbel wie ihre Vorfahren vor drei-, vierhundert Jahren.
    Jetzt hatten die ersten von ihnen die Barrikade erreicht. Die Männer in den Tarnanzügen erwiderten das Feuer, doch sie wichen zurück, langsam zuerst, dann …
    »Fabio!« Alyssa stürzte voran.
    Rebecca hatte den Jungen nicht mehr gesehen, seitdem die Rakete den Generator getroffen hatte, doch fluchend hetzte sie ihrer Schwester hinterher.
    Nur der Stacheldraht über der Barriere aus Sandsäcken verhinderte, dass die Aufständischen auf ihren Pferden einfach über das Hindernis hinwegsetzten. Doch sie waren vorbereitet,
hatten Werkzeuge mitgebracht, Kneifzangen, die seit den Stellungskämpfen des Ersten Weltkriegs zum Handwerkszeug militärischer Auseinandersetzungen gehörten. Schon machten sie sich an den Drähten zu schaffen.
    »Sie werden durchbrechen«, murmelte Rebecca. Endlich kriegte sie Alyssa zu fassen,

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