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Das Babylon-Virus

Das Babylon-Virus

Titel: Das Babylon-Virus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan M. Rother
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der babylonischen Aufzeichnungen, die Inschrift in der Felswand, die Entführung von Amadeos Azubi? Wies nicht alles in dieselbe Richtung? In die Berge?
    Merthes’ Konvoi brachte sie in die Berge, das war das Entscheidende. Die Richtung, und da hatte der Oberst ohne jeden Zweifel recht, die Richtung stimmte jedenfalls.
    »Spätestens am Stuhl des Pharao müssen wir umkehren«, murmelte er, während er sich noch immer zwanghaft über die Glatze fuhr. »Und ganz gleich, ob wir so weit kommen: Mit Sicherheit wird niemand aussteigen. Ich werde keinen meiner Männer in Gefahr bringen.«
    Aus dem Augenwinkel sah Rebecca, wie Alyssas Haltung
sich von Neuem veränderte - und auch sie selbst hatte gestutzt, schon am Beginn von Merthes’ Einwurf.
    »Pharao?«, fragte sie. »In Afghanistan gab’s doch im Leben keinen Pharao. Wieder so ein ISAF-Slang?«
    Der Oberst sah sie an, hob aber nur die Schultern. »Keine Ahnung. Ein Berg. Irgendwie muss man sie auseinanderhalten. - Kommandeur an Verband!«, sprach er in sein Funkgerät. »Position beibehalten, bis die Panzer aufgeschlossen haben! Bestätigen Sie!«
    » La sedia di faraone «, sagte Alyssa leise.
    Mit fragender Miene wandte Rebecca sich um.
    »Die Bibel nennt die ägyptischen Könige durchweg Pharao«, murmelte Alyssa auf Italienisch. »Aber das ist ein Anachronismus. Erst ab der zweiundzwanzigsten oder dreiundzwanzigsten ägyptischen Dynastie haben sich die Herrscher selbst als Pharao bezeichet. Mit Sicherheit nicht vor dem Jahr tausend vor Christus. Bis dahin, und zum Teil sogar noch danach, bedeutet die Hieroglyphe Pee-raa - Pharao - etwas anderes: den ausgedehnten Palast, in dem er wohnt, der König, der eben noch nicht der Pharao ist.«
    »Den Palast?«
    Worauf wollte Alyssa hinaus? Ihre Miene war undurchschaubar, wie sie nur sein konnte.
    Und dann, von einem Augenblick zum nächsten, begriff Rebecca.
    »Der Palast«, flüsterte sie. »Ein großes Gebäude.«

Nahe Castel del Monte, Puglia, Italien
    »Glauben Sie, Sie kriegen ihn wieder flott?«
    Zweifelnd betrachtete Amadeo den Rumpf der Messerschmitt. Die Räder des Fahrwerks hatten sich zentimetertief
in den Boden gegraben. Mehr denn je ähnelte Che einem verunglückten Vogel mit einem besonders platten Schnabel.
    Mit finsterer Miene und langsamen Schritten umrundete der commandante den Flieger. »Haben Sie je › Der Flug des Phönix ‹ gesehen«, fragte er, »mit James Stewart, Hardy Krüger, Ernest Borgnine?«
    Amadeo hob die Augenbrauen. »Nein.«
    Duarte blieb stehen, betrachtete die Maschine. »Wenn wir ihn bis zur Straße kriegen, wird er auch wieder fliegen. - Aber darüber machen wir uns Gedanken, wenn wir hier fertig sind.«
    Wenn wir hier fertig sind. Amadeo zwang das hysterische Gelächter, das ihm auf der Zunge lag, zurück in seine Kehle. Er besaß den Schimmer einer Ahnung, wie Kaiser Friedrichs Code möglicherweise funktionieren konnte - mehr aber auch nicht. Während des Fluges hatte er gewisse elektronische Vorbereitungen getroffen, doch er konnte ohne Weiteres komplett danebenliegen. Vor allem war er hier, weil er nach Inspiration suchte.
    Aber wenn er das Duarte jetzt erzählte, würde ihn der Kirchenmann erschlagen.
    Castel del Monte.
    Der Restaurator hatte noch einmal nachgerechnet: Dies war sein zehnter Besuch am Rande der Murge. Und er hatte keinen Zweifel, dass er ihm in Erinnerung bleiben würde.
    Amadeo musterte den bewaldeten Hügel, der vielleicht einen Kilometer entfernt aufragte. Geheimnisvoll blickten die obersten Schichten hellen Mauerwerks über die Wipfel der Bäume. Eine Krone, dachte er. Was auch immer Friedrich sich sonst noch gedacht haben mochte, aber das war der erste und stärkste Eindruck: eine Krone.
    »Damals muss es anders …«, murmelte er.

    »Das sagten Sie bereits«, unterbrach ihn der commandante . »Verlieren wir keine Zeit.«
    Er drehte sich um und marschierte los. Amadeo kam kaum hinterher.
    »Wollen Sie ihn … Che … wollen Sie ihn nicht abschließen?«
    Über die Schulter warf ihm Duarte einen wortlosen Blick zu. Er wurde nicht langsamer dabei.
    Nach wenigen Schritten hatten sie die Asphaltstraße erreicht. Kein Fahrzeug weit und breit; sie konnten mitten auf der Fahrbahn laufen, die sich eine Anhöhe hinabwand, direkt auf den Hügel mit der rätselhaften Festung zu. Links von der Straße befand sich ein Bauernhof; er sah verlassen aus, wie ausgestorben.
    Ein merkwürdiges Gefühl überkam Amadeo. Sooft er das Kastell besucht hatte: Er war niemals

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