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Das Babylon-Virus

Das Babylon-Virus

Titel: Das Babylon-Virus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan M. Rother
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Details begannen sich abzuzeichnen. Sie würden deutlicher werden mit der Zeit.
    Zeit. Es war ja genug davon da - fünftausend Jahre und mehr, in denen der Turm wuchs, lebte, atmete, umgestaltet wurde. Von Käfern.
    »Die Babylonier …«, flüsterte Amadeo. »Sie selbst sind schon lange …« Er schüttelte den Kopf. »Die Käfer. Sie sind elektrisch. Sie müssen sie irgendwie …«
    »Ich unterbreche Ihre Plauderei nur ungern«, meldete sich Verholens Stimme aus der Tiefe. »Doch ich darf Sie daran erinnern, dass Sie eine Aufgabe zu erfüllen haben.«
    Amadeo nickte mechanisch, unfähig, die Augen von der
Arbeit der Käfer abzuwenden, ihren winzigen Leibern aus mattdunklem Chitin. Dieselbe Farbe wie die gesamte Architektur. Die Substanz des Turms von Babel war … Sekret aus Käferdrüsen? Was auch immer! Dies waren die wahren Architekten des Bauwerks. Es war mehr, als sein Verstand in diesem Moment fassen konnte.
    Mühsam riss er sich von dem Anblick los. Seine Hirnwindungen waren in Bewegung geraten, die Zahnräder seines Verstandes hatten zu rotieren begonnen, schabten gegen den viel zu engen Käfig des menschlichen Schädels.
    Zögernd, stolpernd setzte er seinen Weg fort, kletterte die Treppe weiter empor, Görlitz wenige Schritte hinter ihm, bis ein einziger großer Raum vor ihnen lag, Fenster nach allen Seiten.
    Er war leer bis auf eine neue Treppe, die genau im Zentrum weiter nach oben führte. Eine Barriere schien es diesmal nicht zu geben, doch durch den Treppenschacht fiel ein phosphoreszierendes Leuchten.
    Die Spitze des Turms, das hin und her zuckende Licht: ihr Ziel. Amadeo hatte es geahnt, tief im Innern hatte er es gespürt, vom ersten Blick auf den Turm an.
    Die letzte Etappe lag vor ihnen, doch nun, als Amadeo ganz genau hinschaute …
    »Und da ist doch was!«, flüsterte er.
    Der Schimmer von oben war mehr als ein zufälliger Lichteinfall. Er war zu gleichmäßig, zu deutlich: wie eine warnende Grenzmarkierung rund um die Stufen. Bis hierher. Und keinen Schritt weiter.
    Widerwillig wich der Restaurator beiseite, damit auch seine Begleiter den Raum betreten konnten. Görlitz blieb einen Moment lang staunend stehen, schob sich dann an Amadeo vorbei. Mit langsamen Schritten wanderte er außen um das unfassbare Glühen herum. Seine Gestalt wurde in einen
violetten Filter getaucht, doch er hielt sorgfältigen Abstand von der angedeuteten Grenzlinie. »Nichts zu sehen. - Keine Bedieneinheit. Kein Text. Kein Rätsel. Als könnte man einfach durchmarschieren. Vielleicht.«
    Amadeo nickte. »Genau das: vielleicht . Auf jeden Fall sollten wir …«
    »Gute Idee«, unterbrach ihn Verholen. »Rex?« Seine Stimme war eine freundliche Aufforderung.
    Einer seiner Gorillas hob den Kopf. Rex, dachte Amadeo. War das nicht ein Schäferhund gewesen? Der anwesende Namensträger hatte eher was von einer Bulldogge - zumindest war es derselbe stumpfe Blick, mit dem er die Treppe musterte.
    Aufmunternd nickte Verholen ihm zu.
    Der Blonde musste dieselbe Idee gehabt haben wie Amadeo. Irgendwie mussten sie testen, ob tatsächlich etwas im Weg war. Einen Gegenstand in das Feld werfen.
    Doch Verholens Mann zuckte nicht mit der Wimper, sondern trat zwei Schritte vor und …
    Amadeo öffnete den Mund - zu spät. Er wollte die Augen schließen, doch das hätte keinen Unterschied gemacht. Er hörte, roch …
    Ein Zischen füllte die Luft, beißender Gestank. Rex krümmte sich, warf sich hin und her. Ein schriller Schrei hallte von den kahlen Wänden des Raumes wider.
    Der Mann ging zu Boden, als hätte er keinen Knochen mehr im Leib. Ein dünner Blutsfaden sickerte aus seinem Mundwinkel, die bulldoggenhaften Züge geschwärzt von unsichtbarem Feuer.
    »Schau an. Ein tödliches Energiefeld«, stellte Verholen fest. »Bemerkenswert. Aber letztendlich wie vermutet.«
    »Wie vermutet?«, keuchte Amadeo. »Und Sie schicken diesen Mann …«

    »Eine These«, sagte der Blonde scharf. »Eine These ist eine feine Sache. Allerdings nur bis zu dem Moment, in dem man die Möglichkeit bekommt, den experimentellen Beweis anzutreten.«
    »Ich kenne einen alten Mann, der diesen Beweis wenigstens selbst angetreten hätte!«, schnappte Amadeo. Doch er wusste, dass es keinen Sinn hatte.
    Nur aus einem Grund hatte Verholen nicht ihn oder Görlitz geschickt: Er war sich noch immer nicht sicher, ob er sie nicht womöglich doch noch beide brauchen würde.
    Ein Geräusch.
    Unruhig sah Amadeo sich um.
    Ein Grummeln, ein dumpfes Poltern aus den

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