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Das Babylon-Virus

Das Babylon-Virus

Titel: Das Babylon-Virus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan M. Rother
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war zumindest eine offene Frage.

    So oder so: Sie waren hoffnungslos unterlegen.
    Zu dieser Stunde können Sie nicht in den Turm gelangen, hatte der Stammesälteste gesagt, und er hatte recht. Doch Rebecca begriff nicht, wie sich das ändern sollte, solange sich Stoltenbecks Militär nicht freiwillig in den Abgrund stürzte.
    In diesem Moment begann das Leuchten an der Spitze des Turms zu flackern. Eine Sekunde lang glaubte Rebecca, sie hätte sich getäuscht, doch jetzt … Es war dunkel.
    Aber die Dunkelheit war nicht vollkommen. Hoch oben im Gewölbe und entlang der Höhlenwände blitzten elektrische Entladungen auf, an einzelnen Stellen zuerst, dann überall. Dasselbe Phänomen wie über dem Haus der Spinne.
    Einzig im Turm von Babel schwieg das Summen der Statik.
    »Die Stunde ist gekommen.«
    Rebecca wandte den Kopf.
    Der Übersetzer des Dorfältesten blickte unverwandt auf die Turmkonstruktion. »Fünf Jahrtausende lang hat der Turm der Alten sein sehnsuchtsvolles Lied gesungen. Fünf Jahrtausende lang in Erwartung des Tages, da der Kreis seines Leuchtens sich öffnet und der Ring der Zeit sich schließt.«
    Rebeccas Missionen hatten sie schon in ein paar wirklich seltsame Gegenden geführt, und sie hatte mit ein paar wirklich seltsamen Typen Bekanntschaft gemacht. Sie kannte die blumige Ausdrucksweise der Orientalen. Doch dieses Sprüchlein war jedenfalls nicht auf dem Mist dieses Mannes gewachsen. Eine alte Überlieferung vermutlich.
    Und heute schien sie sich zu erfüllen. Die Männer aus den Bergen hatten auf sie gewartet - seit den Tagen Alexanders des Großen.
    Rebecca nickte. »Er hat aufgehört zu leuchten. Und was bedeutet das für uns?«

    »Er will sagen, dass der Weg jetzt frei ist.« Alyssa hatte die letzten Minuten in einem abgelegenen Winkel verbracht. Vielleicht eine Meditationsübung. Die südamerikanischen Rebellen hatten da ein paar eigene Techniken entwickelt. Jedenfalls lag eine Entschlossenheit in Alyssas Blick, die vor ein paar Minuten noch nicht da gewesen war. »Irgendjemand hat ihn frei gemacht.«
    »Frei?« Rebecca nickte zur Brücke. »Das ist eine ganze Kompanie da unten!«
    »Zwei Kompanien. Die dritte und die fünfte.« Wie in einem schmerzhaften Krampf traten die Wangenknochen in Oberst Merthes’ Gesicht hervor. Ein Wunder, dass er die Zähne überhaupt noch auseinanderbekam. Er sah ihr fest in die Augen. »Es gibt Leute, die behaupten, Verrat sei eine Frage des richtigen Datums oder der größeren Zahl. Etwas, an das ich nicht glaube. - Was auch immer Sie vorhaben: Bauen Sie auf meine Männer und mich.«
    Rebecca fuhr sich über die Lippen. »Oberst, das ist wirklich …« Das Wort, das ihr auf der Zunge lag - nett -, verschluckte sie besser. »… sehr ehrenhaft«, sagte sie stattdessen. »Aber was Ihre ehemaligen Kameraden da unten von uns übriglassen würden, wäre ein Fall für die Feldküche.«
    Merthes Blick flackerte, doch ehe er antworten konnte, ergriff Alyssa das Wort. »Das ist richtig«, bestätigte sie. »Selbst wenn die Aufständischen uns unterstützen, haben wir zu wenige Männer, um diese Brücke zu stürmen.« Sie machte eine Pause, ließ den Blick langsam über die Szenerie gleiten.
    »Aber es sind mehr als genug für ein Ablenkungsmanöver.«

Der Turm von Babel
    Nervös blickte Rebecca um sich. Das Bauwerk der Babylonier war eine gewaltige Masse aus dunklem Stein, die beinahe ihr gesamtes Gesichtsfeld einnahm.
    Noch immer befanden sie sich in den Schatten der Felsen, aber näher am Turm jetzt, wenige Meter vom Rand der Käfergrube entfernt. Ihre Körper waren mit Seilen gesichert: Duarte, Alyssa und Rebecca selbst, wobei der commandante ein zusätzliches, in lose Schlaufen gelegtes Seil bereithielt, das an einem Ende mit einem mehrzinkigen Haken beschwert war. Rebecca kannte solche Kagi-Nawa aus Japan, aber wahrscheinlich existierten sie in jeder Kultur, in der mal jemand irgendwo hatte reinkommen wollen, wo er nicht reinkommen sollte. Dieses Exemplar stammte jedenfalls aus dem Marschgepäck eines von Merthes’ verbliebenen Männern. An einem Ende des Seils der Haken, das andere Ende hatte Duarte auf einer Kabelrolle vertäut, die fest zwischen den Felsen fixiert war.
    Rebecca sah nach rechts. Die Brücke zum Turm war unsichtbar hinter der dunklen Masse des Bauwerks, doch sie würden schon mitkriegen, wenn der Oberst den Angriff eröffnete. Und von diesem Augenblick an …
    Ein schrilles Pfeifen zerriss die Luft. Grelles Licht stieg hinter der

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