Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Babylon-Virus

Das Babylon-Virus

Titel: Das Babylon-Virus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan M. Rother
Vom Netzwerk:
besonders Aufregendes.« Fabios Schlüssel steckte bereits im Schloss der Glastür, durch die die verlassenen Arbeitstische der Werkstatt zu erkennen waren, doch noch hatte er ihn nicht umgedreht. »Viele alte Bücher halt, jede Menge seltsame Werkzeuge und ein paar ziemlich ätzende Tinkturen. Aber wirklich so richtig ätzend! - Und das warst du echt nicht, gestern?«
    Alyssa schüttelte stumm den Kopf. Fabio hätte einiges
dafür gegeben, zu erfahren, was dort gerade vorging. Einen aufregenden Abend hatte sie ihm versprochen, zur Entschädigung, weil es gestern nicht geklappt hatte. Dio mio , dachte er. Er sollte froh sein, dass sie ihm keine Szene gemacht hatte, weil er ihr Date nicht eingehalten hatte. Stattdessen hatte sie sich bei ihm entschuldigt, dass sie das appuntamento hatte platzen lassen ohne abzusagen. Und im selben Atemzug hatte sie ihm vorgeschlagen, ihr doch mal seine officina zu zeigen, anstatt wie sonst irgendwo ein Hotelzimmer zu nehmen. Bei ihr konnten sie sich schließlich nicht treffen, wegen ihres Mannes, und Fabios Mutter hätte ihnen was erzählt, wenn sie bei ihm zu Hause aufgekreuzt wären. Sie würde ihm sowieso was erzählen, wenn sie Alyssa irgendwann zu sehen bekam.
    Die Werkstatt dagegen: In einer echten officina , hatte Alyssa geheimnisvoll bemerkt, hätte sie noch nie … Ein Schauer der Erwartung durchfuhr den Jungen. Seine Finger zitterten, als er das Schloss öffnete.
    Eine halbe Sekunde lang leuchtete das Display über der Tür in warnendem Rot, wechselte dann auf ein beruhigendes Grün.
    »Tja.« Er trat zur Seite, um ihr weltmännisch den Vortritt zu lassen. »Das ist es dann.«
    Neugierig sah sie sich um, betrachtete die Arbeitstische, auf denen einige der aktuellen Projekte lagen. Luigi hatte ein Stundenbuch aus dem Spätmittelalter in eine Presse gespannt, damit der nach mittelalterlichem Vorbild gemischte Leim über Nacht einziehen konnte. Zwei Tische weiter lag ein spätantiker Papyrus unter einer Glasplatte. Alyssa trat neugierig darauf zu, fasste aber nichts an. Das hatte sie Fabio versprochen, der trotzdem ein deutliches Magengrimmen hatte: Es war zwar nicht direkt verboten, dass er jemanden mit in die Werkstatt brachte, aber nach Dienstschluss?
Und was heute Abend hier passieren würde, war garantiert nicht erlaubt.
    Alyssa wanderte von einem Arbeitsplatz zum nächsten, blickte neugierig auf die Codices, blieb schließlich vor Giannas Tisch stehen. Fabio hatte der Stellvertreterin seines capo heute Nachmittag über die Schulter geschaut, als sie das Leder für einen Buchrücken in eine Schale mit grünlicher Lauge legte. Dort ruhte es immer noch. Der Junge verharrte ein paar Schritte hinter der Tür und beobachtete Alyssas Bewegungen. Sie hatte ihren Pelzmantel an, der ihr bis knapp über die Knie reichte. Darunter waren nur ihre hohen Stiefel zu erkennen und die schwarze Strumpfhose. Sekundenlang malte er sich aus, dass sie unter dem Mantel tatsächlich sonst nichts …
    »Und wo arbeitet dein Chef?«, fragte sie plötzlich, ohne sich umzudrehen. » Dottore Fanucci?«
    »Fanelli«, verbesserte er automatisch. »Er hat ein eigenes Büro, aber da können wir nicht rein. Unmöglich.« Gegen seinen Willen ging sein Blick zu der Tür neben dem Espressoautomaten, hinter der sich das geheiligte Arbeitszimmer des capo verbarg.
    Im selben Moment hatte Alyssa sich umgedreht. Ihre Augen folgten seiner Blickrichtung, und dieser ganz bestimmte Ausdruck glomm in ihnen auf, der manchmal schon ausreichte, dass er weiche Knie bekam. Jetzt zum Beispiel.
    »Wär das nicht aufregend?«, fragte sie. »Stell dir mal vor: auf dem Schreibtisch von deinem capo …«
    Fabio japste und war sich selbst nicht sicher, warum: vor Entsetzen oder weil die Vorstellung in seinem Kopf ein so deutliches Bild zum Vorschein brachte, dass er wie von selbst zwei, drei Schritte weiter in den Raum trat, um sich notfalls an der Wand abstützen zu können.
    Alyssas Hand in ihrem schwarzen Lackhandschuh lag
schon auf der Türklinke. »Was soll schon passieren? Du sagst doch, dein dottore ist gar nicht in der Stadt.« Es kam ihm vor, als ob sich ihr Tonfall um eine Winzigkeit veränderte. »Das sagtest du doch, oder?«
    »Ich hab keine Ahnung, wo er ist«, gab Fabio zu. »Gianna sagt, er ist irgendwo auswärts. Aber er kriegt das hundertprozentig mit, wenn wir … Und garantiert ist abgeschlossen.«
    Die Türklinke senkte sich. Fabio machte die Augen zu, musste sie aber gleich wieder öffnen, weil ihm schwindlig

Weitere Kostenlose Bücher