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Das Babylon-Virus

Das Babylon-Virus

Titel: Das Babylon-Virus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan M. Rother
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wurde. Natürlich war nicht abgeschlossen.
    »Hübsch«, hörte er Alyssas Stimme. Sie war schon ins Zimmer getreten. »Dein capo hat aber eine Menge Bücher.« Ein kehliges Lachen. »Garantiert was Unanständiges dabei, wetten?«
    Fabio schwankte ihr nach. Das Schlimmste war, dass sie auch noch recht hatte. Er hatte das Buch vor ein paar Wochen durch Zufall entdeckt: Es musste ungefähr aus der Zeit Casanovas stammen; natürlich gab es keine Fotos, aber was da für Holzschnitte drin waren - so was hätte man in Rom höchstens unter dem Ladentisch gekriegt.
    Aber das war nur eins von ein paar hundert Büchern, und sie hatte ihm schließlich versprochen, nichts anzurühren in der …
    Fabio keuchte. Alyssa hatte ihren Pelzmantel achtlos zu Boden gleiten lassen - der Moment, auf den er gewartet hatte. Doch darauf konnte er überhaupt nicht achten. Sie stand vor dem Bücherregal! Spielerisch ließ sie ihre Finger über die Rücken der Codices gleiten, die Faksimiles, die der capo hütete wie seinen Augapfel.
    »Du hast versprochen, du fasst nichts an in der Werkstatt!«
    »Klar. Soll ja nichts kaputtgehen von euren Arbeiten.
Aber das hier ist doch keine Arbeit, oder? Ars amatoria «, murmelte sie. » Die Liebeskunst. « Sie zog einen Band halb aus dem Regal. »Na, siehst du?«
    »Bitte, Alyssa!«, flehte er. »Lass uns ins Hotel gehen!«
    »Ist ja schon gut.« Seufzend ließ sie das Buch zurück an Ort und Stelle gleiten. »Ich lass sie alle im Schrank, okay?«
    Sie wandte sich um und betrachtete mit rätselhafter Miene den Schreibtisch. »Schön groß«, sagte sie leise. »Sieht stabil aus. - Machst du uns noch einen caffè ?«
    » Caffè ?« Er starrte sie an.
    »Dein Wundercapo wird uns kaum Champagner kalt gestellt haben.«
    »Bitte, Alyssa!« Seine Hände öffneten und schlossen sich.
    Ihre Augen unter den langen, geschwungenen Wimpern lagen auf ihm. Sie sagte kein Wort mehr.
    Mechanisch drehte Fabio sich um, trat durch die Tür an die Espressomaschine. Die Bereitschaftslampe leuchtete auf, kaum dass er auf den Schalter drückte. Der Apparat konnte noch nicht lange aus sein. Garantiert wieder Gianna, die bis spät in den Abend gearbeitet hatte. Rasch griff Fabio sich zwei der Porzellantassen, versuchte dabei, das Chefbüro im Auge zu behalten, doch sein Hals war einfach nicht lang genug. Was machte Alyssa da drin? Es war kein Ton mehr zu hören.
    Mit einem gurgelnden Geräusch meldete sich die Maschine. Nervös beobachtete Fabio, wie die erste der beiden Tassen sich mit dampfender, aromatischer Flüssigkeit füllte. Kleine Strudel, die sich im heißen caffè bildeten.
    Ein Arm legte sich um seine Schulter.
    »Alyssa!«, ächzte er. Er hatte sie nicht kommen hören. »Willst du …«
    Etwas presste sich vor seinen Mund. Erschrocken holte er Luft. Ein stechender Geruch, ein … Schwindel in seinem
Kopf, so plötzlich, so heftig - er taumelte, versuchte sich abzustützen, wurde einen Moment lang festgehalten.
    Dann spürte er, wie seine Beine unter ihm nachgaben.
    »Tut mir leid, Junge«, hörte er Alyssas Stimme. »Ehrlich.«
    Seltsam, dachte er, das klang tatsächlich ehrlich. Er wusste selbst nicht, warum ihn das jetzt überraschte.

Rom, cimitero acattolico
    Amadeos Augen folgten dem dünnen Strahl der Taschenlampe in Rebeccas Hand, der über die Steine glitt. Die meisten waren eher schlicht gehalten in diesem Bereich des cimitero, ganz nach dem klassizistischen Geschmack der damaligen Zeit.
    »Dort drüben«, murmelte er. Der halbkreisförmige Abschluss hatte sich seinem Gedächtnis eingeprägt: Auf der anderen Seite und noch unsichtbar im Augenblick war an dieser Stelle ein rundes Porträtmedaillon eingefasst, auf Goethes - des Vaters - Anweisung. Es war die dritte Reihe von Gräbern, von der Mauer aus gezählt, genau wie in Amadeos Erinnerung.
    Rebeccas Lichtstrahl wies ihm den Weg durch die Dunkelheit. Vorsichtig balancierte der Restaurator zwischen zwei überwucherten Grabstellen durch, die mit niedrigen Buchsbaumhecken gegeneinander abgesetzt waren, blieb an der Frontseite des Monuments stehen. Er hatte sich nicht getäuscht. » Goethe filius patri antevertens «, las er mit leiser Stimme vor, als Rebecca an seine Seite trat. »Goethe, der Sohn, dem Vater vorausgehend. Verstorben im Jahre 1830 im Alter von vierzig Jahren.«
    Der Professor hatte ihnen gestern noch ein spontanes
Kurzreferat über den Verblichenen gehalten. August von Goethe war eine durch und durch tragische Gestalt gewesen: kein dummer

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