Das Band der Magie
zurückhaltend.
Seine Lippen teilten meine, sein Atem strömte in mich hinein und all dessen, was er war und sein wollte.
Mir wurde heiß und kalt zugleich, als mein Körper auf ihn reagierte, sich an ihn schmiegte und sich meine Lippen automatisch noch weiter öffneten, um …
Der Ruf, der an mein Ohr drang, katapultierte mich heftiger ins Hier und Jetzt, als es jeder Hexengeist hätte tun können.
„Da sind sie! Da drüben!“
Mahedan. Er hatte uns gefunden.
Ich löste mich augenblicklich von Keelin, denn eins war klar: Jetzt und hier waren wir in Todesgefahr. Auch Meeha war aufgesprungen und wuchs auf die Größe eines normalen Fuchses heran, die Ohren gespitzt, die winzigen Raubtierzähne entblößt.
Sie sah zum ersten Mal überhaupt echt gruselig aus - wobei das mit Tentakeln tötende Meerschweinchen und die Riesenratte auch nicht ohne gewesen waren.
Keelin war allerdings noch zu schwach, um sich auch nur zu rühren. Er seufzte, als er meine Lippen nicht mehr auf seinen spürte, und sein Augenlid glitt wieder zu. Ich betete, dass er nur in Ohnmacht gefallen war und nicht schon wieder um sein Leben rang.
Doch Halt. Ich spürte ihn ja jetzt. Vorsichtig lauschte ich in mein Innerstes. Tatsache. Da war Keelin. Ein glühender Punkt irgendwo in meinem Herzen. Er lebte, aber es ging ihm nicht gut, was ja auch kein Wunder war. Immerhin hatte er, um es mit Liahs Worten zu sagen, dem Tod mal so gerade eben in den Arsch getreten.
Hinter mir polterten Schritte näher, hasteten über Stein und Geröll. Zwischendurch verharrten sie kurz, wahrscheinlich, weil der Anblick der vielen Gräber so markerschütternd war.
Ein letzter Blick zu Meeha – bleib hier, befahl ich ihr mit meinen Augen – dann drehte ich mich zu den sich nähernden Wesen herum.
Es waren etwa zwölf Shadun, alle in ihrer Gestalt als Mar. Ganz vorne schritt natürlich Mahedan voran, das Gesicht finster, die Augen funkelnd vor Wut. Die Männer dahinter wirkten eher verhalten, zögernd. Ihnen schien die Situation nicht zu behagen.
Kein Brahn. Kein Eremon. Ich an Mahedans Stelle hätte die Freunde meines Gegners aber auch nicht mit zu dessen geplanter Exekution mitgenommen.
Ich straffte mich und machte ein paar Schritte von Keelin weg. Half aber auch nicht viel: Mahedan hatte den am Boden Liegenden natürlich schon lange gesehen.
Er blieb etwa zehn Meter von mir entfernt stehen, mehrere Gräber trennten uns voneinander. Der Anblick des Friedhofes schien auch ihn erschüttert zu haben, denn immer wieder huschte sein fassungsloser Blick kurz zum Boden, dann wieder zu mir.
Das änderte aber nichts an seiner Entschlossenheit.
„Du!“, zischte er mit vor Wut bebender Stimme und zeigte auf mich. „Das hättest du nicht tun dürfen!“
Ich hätte gerne gefragt, was genau er damit meinte, wollte seine dramatische Ansprache aber nicht unterbrechen. Stattdessen richtete ich mich möglichst zu meinen vollen eins fünfzig auf und erwiderte seinen finsteren Blick.
Anscheinend erwartete Mahedan aber wohl, dass ich etwas sagte, denn er schwieg. Sein Kopf war rot vor Wut, er hatte hektische Flecken im Gesicht und … ja, er sah irgendwie auch recht wahnsinnig aus mit seinen verstrubbelten Haaren und dem irren Glanz in den Augen.
Als ich nicht auf ihn reagierte, brüllte er mich an: „Was hast du hier getan, du Hexe?“
Die Frage und die Unterstellung verblüfften mich dann doch. Hexe? Ich war keine Hexe!
„Die Elementargeister haben sich eurer Toten angenommen. Sie haben sie beerdigt und ihnen damit große Ehre erwiesen. Du solltest ihnen danken“, erwiderte ich möglichst ruhig.
Aus dem Augenwinkel sah ich, wie sich die Geister nervös in der Luft bewegten. Sie hatten Angst vor dem fiesen Kerl, wollten mich aber auch nicht mit ihm allein lassen.
Mahedan warf mir einen ungläubigen Blick zu. Offenbar wollte er das Thema nicht weiter vertiefen, denn er fragte: „Und er? Ist er tot?“
Für eine Millisekunde erwog ich, ihn einfach anzulügen. Aber Mahedan hätte sich ja doch von meinen Worten überzeugt. Also sagte ich lieber gleich die Wahrheit: „Er lebt. Und er ist geheilt!“
Die Männer hinter Mahedan seufzten erleichtert auf, ganz anders dagegen Mahedan: Er verlor alle Farbe im Gesicht.
„Du lügst!“
„Warum sollte ich?“
„Weil du eine Hexe bist.“
Okay … gegen diese bestechende Logik kam ich nicht an.
Vielleicht wäre alles anders gekommen, wenn Keelin sich in dieser Sekunde nicht aufgerichtet hätte. Vielleicht hätte ich
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