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Das Band der Magie

Das Band der Magie

Titel: Das Band der Magie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liane Mars
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verschwinde!“ Er ließ Topf und Spiegel da und stapfte zurück zu seinem Stand.
    Ich brauchte fast zehn Minuten, bis ich den Mut aufbrachte, den Spiegel wieder in die Hände zu nehmen und mich zu betrachten.
    Es gab mehrere gerade Linien, die von meinem Hals hoch zu den Schläfen führten und dort Muster mit den Kringeln bildeten. Andere Linien verliefen ins Leere. Aber egal, wie sie sich verbanden: Es sah schlimm aus. Sie trennten mich mehr von den Menschen, als es eine Mauer getan hätte.
    Nur zögernd tunkte ich meine Finger in die Paste, schmierte sie mir noch unwilliger ins Gesicht. Es war eine Mischung aus rotem Puder und hellerem Lehm: schmierig, aber ähnlich einer Gesichtsfarbe. Doch als die Paste auf eine der Linien traf, flammte die Linie kurz auf – und das Pulver verbrannte.
    Ich ließ alles gleichzeitig fallen, vergrub den Kopf auf den Knien und atmete. Atmete die Panik weg, die Angst, das Gefühl der Einsamkeit. Ich atmete.
    Zu lange.
    Denn in der langen Zeit, die ich zum Atmen brauchte, hatten die Händler ihre Sachen eingepackt, hatten die Wachen die Tore geschlossen. Die Stadt ging in die Nachtruhe über.
    Ich war eingeschlossen.
    Als der Händler mich noch immer auf seinem Kutschbock sitzen sah, blieb er mitten in der Bewegung stehen.
    „Mädchen!“, sagte er entsetzt. „Was machst du denn noch hier? Du solltest nicht mehr in der Stadt sein!“
    Ich blickte hoch. Das Licht war noch trüber geworden, der Abend war da und ich war noch hier - und ohne Schlafplatz. Doch meine Verwirrung war immer noch so groß, dass mich das nicht mehr sonderlich beeindruckte.
    Erst, als ich sah, wie nervös der Händler wurde, wuchs meine Sorge. Er sicherte sich nach allen Seiten.
    „Geh in den Wagen rein!“, zischte er und wedelte mit den Händen. „Los doch! Die Händler tratschen schon über dich und haben die Wachen geholt. Die suchen dich!“
    Ich war so schockiert, dass ich sogar tat, was er verlangte. Ich huschte in das Innere des Wagens und unter die Felle. Es war warm und muffig hier und mir brach sofort der Schweiß aus.
    Um mich herum rumorte es. Offensichtlich machte der Händler seinen Wagen fertig zur Abfahrt. Ich hörte ein Wari schnauben, dann klirrte das Geschirr. Ich zitterte, obwohl es abartig warm unter den Fellen war.
    „Krosch! Hab gehört, das Wilde Mädchen hat mit dir gesprochen. Wo ist sie denn?“ Eine fremde Stimme, tief, männlich, knarzend wie die Knarzis und scharf wie geschliffene Klingen. Ich hielt die Luft an.
    Warum suchte man mich? Was hatte ich denn getan? Und noch viel wichtiger: Würde mein Händler mich verpetzen?
    Krosch klimperte weiter mit dem Geschirr, offensichtlich ließ er sich in seiner Arbeit nicht stören. „Die Wilde war hier. Das stimmt. Wollte mir Felle verkaufen, weil ich auf Jaroschs Stand steh. Ist ja tot, mein alter Vetter. Armer Kerl, hat immer gute Felle gehabt …“
    „Wo ist sie hin?“, unterbrach der andere Kroschs Ausführungen.
    „Weg. Keine Ahnung. Weg.“ Das klang ziemlich lahm, die Spannung in der Luft war greifbar.
    „Hast du Handel mit ihr betrieben?“ Die Stimme wurde schärfer.
    Krosch ließ sich Zeit mit der Antwort. Dann: „Klar hab ich das. Sie bringt die besten Felle überhaupt. In diesem Jahr war ein Usurpator-Fell dabei. Hier! Sowas schon mal gesehen?“ Anscheinend zeigte Krosch dem Fremden das Fell, denn das Klirren der Geschirre hörte auf. „Heißt aber noch lange nicht, dass ich weiß, wo sie hin ist.“
    „In welche Richtung ist sie gegangen?“
    Krosch zeigte wohl irgendwas, dann verabschiedeten sich die Männer frostig voneinander. Jemand ging dicht an der Plane vorüber. Der Fremde war fort.
    Ich zitterte jetzt wie ein Lamm kurz nach der Geburt, die Felle wackelten mit mir. Zum Glück spannte sich die Plane hoch über meinem Kopf und blieb von der Bewegung verschont.
    Krosch werkelte noch eine ganze Weile an seinen Wagen herum, dann sprang er auf den Kutschbock.
    „Dafür schuldest du mir ein zweites Usurpator-Fell, Mädchen!“, knurrte er undeutlich. Er bemühte sich, die Lippen still zu halten.
    „Du kommst erst mal mit zu mir. Kannst im Wagen schlafen. Morgen früh bring ich dich raus.“ Er schielte kurz zu mir herüber. Dann lächelte er leicht. „Hast Glück, dass ich heut Geburtstag hab. Da hab ich ein weiches Herz.“
    Ich warf ihm ein unsicheres Lächeln zu. Als er seinen Tieren zu schnalzte, flüsterte ich: „Ich auch! Herzlichen Glückwunsch!“
    Ob er mich gehört hatte oder nicht, zeigte er

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