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Das Band der Magie

Das Band der Magie

Titel: Das Band der Magie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liane Mars
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fahles Gesicht leuchtete plötzlich im Mondlicht auf.
    „Er tut nichts!“, sagte ich hastig und wühlte mich durch die Felle nach vorne. „Keelin. Lass das! Sei still!“
    Sofort hörte das Grollen auf. Krosch ächzte und versuchte, seitlich über den Kutschbock zu fliehen. Offenbar stand Keelin direkt neben ihm.
    Endlich hatte ich mich durch die Felle gewühlt und sah Keelin direkt in die Augen. Sie glühten jetzt tatsächlich dunkelrot, was unheimlich war. Aber immerhin wedelte er mit dem Schwanz, was ihn nur halb so beängstigend aussehen ließ.
    „Was ist das?“, krächzte Krosch mit überschnappender Stimme und fiel auf der rechten Seite einfach vom Kutschbock. Er rappelte sich auf und zeigte auf mich. „Raus aus meinem Wagen, sofort!“ Er wurde lauter. Ich ahnte, was jetzt kam. „Wachen! Wachen! Hier ist die Bestie! Das Wilde Mädchen ist bei ihm!“
    Ich spürte, dass Keelin kurz davor war, ihn zum Schweigen zu bringen. Ein Satz, ein Happs … und vorbei wäre es mit Krosch. Ich hielt den Wolf mit einer Handbewegung auf.
    „Nicht! Er hat mir geholfen!“ Dann wandte ich mich an Krosch. „Es tut mir leid!“, sagte ich. Es tat mir wirklich leid. Er war gut zu mir gewesen und hatte solch einen Schrecken wirklich nicht verdient. In seinen Augen glitzerte die nackte Panik. „Bitte verzeih mir. Aber wir sind wirklich nicht gefährlich.“
    Dann kletterte ich hastig vom Kutschbock, packte Keelins Nackenhaare und zog ihn mit mir. Er folgte brav – und schon rannten wir los. Weg vom Innenhof, weg vom kreischenden Krosch, in eine Nebengasse hinein.
    Eine Gasse weiter hörte ich die erste Wache rufen. Sie hatten Krosch gehört. Sofort peitschte das Adrenalin fast schmerzhaft durch meine Adern. Keelin hingegen wirkte noch ganz gelassen. Er sprang neben mir her, als würde er jede Nacht durch fremde Gassen jagen.
    „Und jetzt?“, keuchte ich in Panik. Ich kannte die Stadt nicht gut genug, als dass wir uns hätten verstecken können. Keelin blieb abrupt stehen. Ich hetzte noch zwei Schritte weiter, dann wandte ich mich ihm zu. „Was?“
    Er sah mich fordernd an.
    „Was? Was meinst du?“
    Er blickte erst mich an, dann drehte er sich und starrte auf seinen Rücken, dann wieder auf mich. Ich ahnte es.
    „Oh, nein! Ich werde bestimmt nicht auf dir reiten!“
    Doch genau das tat ich. Keine fünf Sekunden später hockte ich auf dem breiten Rücken meines Wolfes und klammerte mich an seinen Rücken, als hinge mein Leben davon ab. Was ja auch so war.
    Mir blieb die Luft zum Schreien weg, als Keelin lossprintete. Er war unfassbar schnell, selbst mit meinem Gewicht auf seinem Rücken. Mit riesigen Sätzen raste er die Gasse zurück, jagte über den Innenhof, nahm Anlauf, sprang und katapultierte uns mit zwei Sätzen rauf auf die Zinnen.
    „Keelin!“, kreischte ich in heller Panik. „Bis du wahnsinnig? Das ist viel zu …“ Zum „tief“ kam ich nicht mehr, denn Keelin sprang ohne zu zögern auf der anderen Seite wieder runter. Wir flogen durch die Luft, zwanzig Meter in den Abgrund. Ich erwartet, am Fuß der Zinnen zu zerschellen, das Bersten von Vorderpfoten zu hören. Doch Keelin kam butterweich auf dem Erdboden auf, federte die gewaltige Wucht ab, als sei es nur ein kurzer Hüpfer, und beschleunigte. Fast hätte ich den Halt verloren und klammerte mich in letzter Sekunde fest.
    Mein Wolf jagte weiter, so schnell, wie kein Wari oder Strauß hätte laufen können. Nichts konnte uns einholen, selbst die Luft zum Atmen hatte Mühe, mit uns mitzuhalten.
    Es war unfassbar.
    Es war unglaublich.
    Und ich hatte höllische Angst, herunterzufallen.
    Keelin erreichte den Wald in Rekordtempo. Waren fünf Minuten vergangen? Zehn? Ich hatte den halben Tag für die gleiche Strecke gebraucht. Dann krachte Keelin ungebremst in den Wald, wich Bäumen aus, so schnell, dass ich sie noch nicht einmal klar erkennen konnte – und stoppte so scharf, dass ich nach vorne flog und im nächsten Busch landete.
    Dass ich mir nichts brach, war wohl reiner Zufall.
    Ich stöhnte, Keelin schnaufte. Na, immerhin. Der rasante Lauf hatte ihn zumindest angestrengt.
    Mühsam puhlte ich mich aus dem Busch, zupfte mir die pieksigen Äste aus dem Haar, holte tief Luft, sah Keelin an - und brach in Tränen aus.
    Es war, als holte mich das Leid von zehn Jahren mit einem Schlag ein. Meine Seele hatte so lange gelitten, dass sie auseinander krachte – und das ausgerechnet jetzt.
    Eigentlich hatte Keelin böse auf mich sein wollen, das sah ich im

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