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Das Band der Magie

Das Band der Magie

Titel: Das Band der Magie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liane Mars
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Funkeln seiner Augen. Doch als er meine Tränen sah, zog er den Schwanz ein und winselte leise. In seinem Nacken klebte, völlig unbemerkt, eine kreideweiße Meeha, getarnt als winzige Fledermaus. Die Ärmste hatte die tollkühnen Sprünge über die Zinnen gleich zwei Mal mitmachen müssen.
    Das alles sah ich und auch wieder nicht. Ich sackte auf dem Erdboden zusammen, als wäre ich ein Sack ohne Füllung. Ein komisches Geräusch erklang, das ich erst nach einer halben Minute Gejammer als mein eigenes erkannte.
    „Ich bin ein Monster, Keelin!“, stöhnte ich. Immer wieder. Ich konnte nicht aufhören. Keelin winselte verzweifelt und versuchte, meinen zur Kugel zusammengerollten Körper auseinander zu biegen. Wir mussten weiter! Weiter! Weg von hier.
    Aber ich kringelte mich nur zusammen und weinte mir die Seele aus dem Leib. Irgendwann legte sich der Wolf neben mich, wärmte mich mit seinem Fell und seiner Anwesenheit, leckte mir die Ohren und die Nase. Auch Meeha beteiligte sich, indem sie sich in meine verkrampften Arme kuschelte.
    So schlief ich ein. Völlig erschöpft. Völlig verzweifelt. Aber immerhin - nicht völlig allein.
     
    Ich wurde vom Zwitschern eines Vogels geweckt. Und dem Lärm von einem halben Dutzend Wachen, die durch die Wälder polterten. Dem Vogel verging die Lust aufs Singen und er verzog sich.
    Ich erstarrte.
    Keelin lag immer noch an mich gekuschelt, völlig reglos. Doch sein Blick sprach Bände. So leise ich konnte, wischte ich mir das völlig verheulte Gesicht mit dem Ärmel trocken, kletterte auf seinen Rücken und schon machte er einen Satz.
    Die Wachen hatten keine Chance, uns einzuholen.
    Einer von ihnen sah uns, deutete auf uns, aber da waren wir auch schon fort. Zurück blieben nur wippende Zweige und eine ziemlich nasse Stelle, an der meine Tränen umgeben von Wassergeistern im Erdboden versickerten. Zumindest die hatten ihren Spaß daran.
    Ich klammerte mich die nächsten drei Stunden an Keelin und ließ ihn einfach laufen. Er jagte nicht mehr ganz so schnell dahin, verfiel erst in einen lockeren Trab und dann in einen zügigen Trott. Ich fühlte mich zu mies, um selbst zu laufen.
    Das Gesicht in seinem zottigen Fell vergraben, wünschte ich, ich könnte vor Scham vergehen. Was hatte ich mir nur gedacht? Was hatte ich mir gewünscht?
    Meine letzte Hoffnung, irgendwann doch mal dazuzugehören, zerplatzte. Ich hatte vierhundert Geldstücke in meiner Tasche, aber keine Möglichkeit, sie jemals gegen etwas Nützliches einzutauschen. Vierhundert völlig nutzlose Menschen-Geldstücke. Noch nicht mal zum Verbrennen eigneten sie sich, es handelte sich dabei um Hartgeld. Das hieß, dass noch nicht mal die Feuergeister damit spielen konnten.
    Ich musste wohl gezuckt haben, denn Keelin blieb stehen und schwang seinen gewaltigen Kopf zu mir herum. Er brannte mir mit Blicken ein Loch in die Schädeldecke, aber ich weigerte mich, mein Gesicht zu ihm zu wenden. Ich war noch nicht bereit. Stattdessen vergrub ich mich noch mehr in seinem Fell und stellte mich tot.
    Irgendwann gab Keelin das Warten auf und trottete weiter. Ich war ihm dafür unendlich dankbar und versuchte, so wenig wie möglich zu weinen. Der erste Wassergeist hatte uns bereits entdeckt und rutschte zusammen mit meinen Tränen an Keelins Haut zur Erde hinunter. Das musste sich ziemlich unangenehm anfühlen.
    Der Sommer neigte sich eindeutig dem Ende zu und die Geister kehrten zu mir zurück. Zumindest das hatte etwas Tröstliches an sich.
    Keelin schaffte die Wegstreckte innerhalb der bereits angebrochenen Nacht und des folgenden halben Tages. Dann standen wir vor der Hütte und starrten die Tür an, als wolle sie uns verschlingen.
    Wir waren zu Hause.
    Ich versuchte, nicht ganz so deprimiert zu erscheinen wie ich war, aber ich sah es in Keelins besorgtem Blick: Ich musste schrecklich aussehen.
    Ich hätte Krosch noch gerne gefragt, ob er wusste, was ich war, was mit mir geschah. Und falls er darauf keine Antwort hätte, hätte ich mich bei ihm erkundigt, ob er jemanden kannte, der jemanden kannte, der jemanden kannte, der es eben wusste. Aber es war alles so schnell gegangen …
    Die Geldstücke drückten unangenehm gegen meine Brust. Ich holte sie aus meiner Halstasche hervor und schleuderte sie quer durch den gesamten Raum. Die Ziege meckerte erschrocken, die Hühner gackerten. Ich hatte sie in die Hütte geholt, um sie vor ungebetenen Gästen zu schützen. Sie hatten Futter für zwei Wochen und starrten mich an, als sei ich

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