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Das Band der Magie

Das Band der Magie

Titel: Das Band der Magie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liane Mars
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würde ich den Winter nicht überleben. Es hieß also: Das Wild oder ich.
    Ich ging die Fallen so häufig ab, wie ich konnte – damit die Tiere nicht allzu lange leiden mussten. Keelin patrouillierte mit und tötete bereits verletzte oder zu Tode erschöpfte Tiere, aber er tat das mit so einem Widerwillen, dass es mir in der Brust schmerzte.
    In den nächsten Tagen biss ich die Zähne zusammen und pökelte alles Fleisch, das ich ergattern konnte. Es war erschreckend wenig. Ich lagerte die Kartoffeln in den dunkelsten Winkeln meiner Hütte ein, musste aber zum allerersten Mal eine ganze Ladung in der Erde verfaulen lassen. Mir fehlte schlicht die Kraft, sie auszugraben.
    Ähnlich erging es mir mit den Baumwurzelknollen. Normalerweise lege ich mir einen großen Vorrat an, aber in diesem Jahr ging es nicht: Die Schaufel wollte nicht so tief in die Erde.
    Also verlegte ich mich aufs Nüsse sammeln. Nüsse geben viel Kraft, sind nahrhaft und nicht so kompliziert zu finden. Keelin war mein Späher: Er suchte die besten Büsche und führte mich hin. Nebenbei verputzte er die restlichen Beeren, die noch in der Natur herumhingen. Ich hatte den Eindruck, auch er stellte sich auf eine schwierige Zeit ein.
    Und weil die Natur sich gerade schon gegen mich verschworen hatte, schlug sie auch noch mal doppelt zu: Der Schnee kam fast einen Monat früher als normalerweise.
    Eine Katastrophe.
    Weil mir klar war, dass die Nahrung nur ganz knapp reichen würde, rationierte ich von Anfang an. Selbst Meeha bekam nur noch zwei Möhren pro Tag. Sie verwandelte sich daraufhin in einen winzig kleinen Meerschweinchen/Fledermausmix und verbrauchte so auch weniger Nahrung.
    Ich wünschte, ich könnte das auch so machen.
    Bereits im ersten Monat verlor ich rasant an Gewicht. Ich wusste, ich hatte wegen der ständigen Schmerzen ohnehin abgenommen, jetzt ging es noch schneller. Nach zwei Wochen war ich nur noch Haut und Knochen: Ein schwaches, verhärmtes Bündel verzweifelter Energie.
    Denn Energie hatte ich. Mein Wille weiterzumachen, war ungebrochen.
    Ich ignorierte die Tatsache, dass sich der Schnee meterhoch vor meiner Hütte türmte. Ich kam noch nicht mal mehr raus, um mich zu erleichtern. Aber, um ehrlich zu sein: Mein Darm hatte ohnehin fast gänzlich seine Tätigkeit eingestellt. Es gab ja kaum was zum Verdauen.
    Weil die Situation so verzweifelt war, machte ich jede Menge Witze darüber:
    Was hat Ähnlichkeit mit einem Floß? Meine Rippen … haha. Was passt durch ein Schlüsselloch und hat noch Platz drum rum? Ich … haha.
    Keelin fand das alles nicht lustig. Ich im Grunde auch nicht, aber ich lachte trotzdem drüber.
    Und während ich echt Hunger litt, ließ sich Keelin nichts anmerken.
    Was ein richtiger Veddawolf war, der konnte wohl auch fast ganz ohne Nahrung auskommen. Es war, als ernährte er sich von Luft und Liebe. Zwar grollte sein Magen immer mal wieder vernehmlich, er weigerte sich aber so gut wie immer, auch nur einen Bissen von meinen Vorräten anzunehmen.
    Er fraß höchstens mal eine Kartoffel – pro Woche. Wie unnatürlich war das denn?
    Natürlich nahm auch er ab: Sein Fell wurde wieder struppig, die Knochen kamen hervor. Aber er sah nicht nach einer Kartoffel pro Woche aus.
    Schade, dass ich mehr essen musste.
    Tief in meinem Inneren hoffte ich, dass sich Keelin noch mal verwandeln würde. Das wäre ein bisschen Abwechslung hier in meiner Hütte. Doch nichts passierte. Ich nahm an, dass sich Veddawölfe in verzweifelten Situationen nicht verwandeln.
    Und verzweifelt war die Situation. Das kann ich versichern.
    Immerhin: Wir hatten jede Menge Geisterbesuch. Das hat natürlich Vor- und Nachteile.
    Ich hatte zum Beispiel nie Probleme, ein Feuer anzumachen. Ein winziger Funke genügte, schon huschte ein Feuergeist von Holz zu Holz und steckte es in Brand. Leider erzeugten viele Feuergeister auch mehr Hitze und so brannte das Feuer auch ziemlich schnell runter.
    Ich rationierte also auch das Feuer für die Geister: Nur noch zwei Feuergeister pro Nacht, bestimmte ich. Bitte anstellen, bitte Nummern ziehen. Die Feuergeister hielten sich tatsächlich dran.
    Zum Glück hatte ich meine Hütte über eine Art Tunnel mit dem Geräteschuppen verbunden: Ich konnte unter der Erde durch krabbeln, rüber zum Schuppen, mir da mein Feuerholz holen und wieder zurück. Ich dankte meiner Eingebung für diese Idee: Hätte ich den Tunnel nicht, wäre ich mangels Feuerholz möglicherweise sogar erfroren – denn raus in den Schnee, das ging

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