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Das Band der Magie

Das Band der Magie

Titel: Das Band der Magie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liane Mars
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sich hin. Offenbar hatte er entschieden, dass das Vieh erst einmal nicht aufwachen würde.
    Mir war der Gedanke unheimlich, keine zwei Meter von einem Usurpator zu schlafen, aber Keelin schien da kein Problem zu sehen.
    Also verbrachten wir eine ganze Woche in meiner Höhle. Das Schnarchen des Usurpators wurde zu unserem Schlaflied, das Rauschen des Regens zur Hintergrundmelodie. Ich versetzte mich selbst in eine Art Dämmerzustand, halb schlummernd und niemals ganz wach.
    Keelin rührte in all dieser Zeit kaum einen Muskel, sondern starrte nur trüb hinaus in die halb ertränkte Welt. Die Bäume waren nicht zu sehen, nur grau, grau, grau.
    Und dann hörte der Regen auf. Ganz plötzlich. Die Bäume trieften noch, aber das Rauschen verstummte. Das plötzliche Fehlen meiner Hintergrundmelodie weckte mich auf – und leider auch den Usurpator.
    So schnell war ich noch nie auf Keelins Rücken geklettert.
    Schon ging es in riesigen Sprüngen wieder zurück zur Hütte oder zumindest nahm ich an, dass wir vor meiner Hütte standen. Von ihr war nicht mehr viel übrig. Das Meer hatte es fortgeschwemmt.
    Stattdessen lagen jetzt dort tote Äste, angeschwemmte Bäume, Gestrüpp, tote Tiere und jede Menge Matsch.
    Ich ließ mich auf die Knie sinken und starrte auf das Chaos. Ich war so geschockt, dass ich noch nicht mal weinen konnte.
    Über allem hing der überwältigende Gestank nasser Erde, vergammelter Bäume und verrottender Kadaver. Zum Glück blieb mir vor Schreck die Luft weg, sodass ich nicht allzu tief atmete.
    Als sich Keelin dicht neben mich setzte, schlang ich die Arme um ihn und lehnte mich an sein klopfendes Herz. Immerhin: Ich war nicht allein. Wir würden das durchstehen. Irgendwie.
     
     
     

Kapitel 8 - Shadun
    Die Zeit kurz nach dem Winter war normalerweise für mich die langweiligste von allen. Die Natur war noch nicht erwacht, meine Vorräte gingen zur Neige - ich konnte mich also noch nicht mal mit essen ablenken - und es war meist zu matschig, um sich draußen zu bewegen.
    In diesem Jahr konnte ich mich über Langeweile nicht gerade beklagten, denn ich musste einen neuen Unterschlupf bauen. Doch das war ziemlich schwierig: Meine Axt und meine Säge waren vom Fluss weggeschwemmt worden.
    Ich musste wirklich all meine restliche Energie zusammenkratzen, um in diesen Tagen nicht einfach wegzusterben. Es wäre so einfach gewesen, sich im Matsch zu einer Kugel zusammenzurollen, die Augen zuzumachen und das Herz zum Aufgeben zu zwingen.
    Zum Glück ich war noch nie jemand gewesen, der den einfacheren Weg wählte. Außerdem hätte Keelin mich ohnehin nicht gelassen.
    Wir suchten zwei Tage lang den Wald nach einer geeigneten Stelle ab. Unsere Wahl fiel schließlich auf mehrere umgestürzte Bäume, die wir so miteinander verwoben, dass innen drin ein Hohlraum entstand. Ich verbrachte Stunden damit, den Erdboden mit meinen Füßen festzustampfen, was bei dem Moder keine einfache Aufgabe war. Dann suchte ich jede Menge schmale Äste und polsterte damit die Erde aus. Mein neuer Fußboden.
    Keelin zerrte unermüdlich Äste über die gefallenen Bäume, bis unser Dach tatsächlich ein Dach war.
    Im Inneren meiner neuen Hütte war es allerdings so dunkel wie in tiefster Nacht – und es würde schwierig, ein Feuer anzuzünden. Also bohrte ich mühsam ein Loch in die Zweige und wir schichteten Steine auf. Mein neuer Kamin, nicht so schön wie der alte, aber genauso zweckdienlich.
    Es war anstrengend und ich war am Ende meiner Kräfte. Mein Körper bestand nur noch aus Sehnen und Knochen, Haut und Haaren. Ich hatte kein Gramm Fett mehr an mir, nur die Gelenke waren von der ewigen Feuchtigkeit geschwollen.
    Zum Glück erlöste uns der Frühling von unserem Elend.
    Als ich die erste Beere an einem Busch entdeckte, weinte ich vor Erleichterung. Ein Ende der Qualen war in Sicht. Und als ich das erste Mal vor meiner neuen Hütte saß und die sanften Sonnenstrahlen auf der Haut spürte, erlaubte ich mir so etwas wie ein bisschen Hoffnung.
    Zur Feier des Tages brachte Keelin ein erlegtes Häschen mit nach Hause. Es musste kurz vor dem Tod durch Altersschwäche gestanden haben – das erklärte, warum Keelin es über sich gebracht hatte, es zu töten. Möglicherweise war es aber auch einfach direkt vor Keelins Nase verstorben, eingelullt von seinem sanften Brummen. Wer wusste schon, woher er das magere Ding hatte. Ich war ja nicht dabei gewesen.
    Aber es war zumindest noch genug Fleisch dran, um eine Suppe zu kochen, die Keelin

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