Das Band der Magie
nur.
Tristan war offenbar keiner, der lange fackelte. Kaum hatte ich genickt, saß ich schon vor ihm auf dem Wari – Schwindelgefühl hin oder her. Die Männer hatten bereits gepackt.
Daraus schlussfolgerte ich, dass der Aufbruch bereits vor unserem Gespräch festgestanden hatte. Schätze, es war nur noch nicht klar gewesen, wohin die Reise gehen sollte.
Ich lotste die Männer zu meiner alten Hütte oder vielmehr zu deren Überresten. Es stand nur noch das Fundament.
Die Männer betrachteten das Chaos eingehend und entschieden dann, die neue Hütte nicht an der gleichen Stelle aufzubauen, was ja auch Sinn machte: Wenn der Fluss einmal bis hierher kam, konnte es auch ein zweites Mal passieren.
Sie suchten eine ganze Weile und fanden dann eine Stelle etwas oberhalb: windgeschützt, schlecht einsehbar, aber weiterhin in der Nähe des Bachs. Ich konnte sogar immer noch meine alten Äcker benutzen.
Dann begannen die Shadun, mein neues Heim zu bauen. Ich war viel zu verwirrt, um die Tragweite wirklich zu verstehen. Warum taten sie das? Warum halfen sie mir überhaupt?
Klar: Sie hofften, dass ich Keelin zu ihnen zurück brachte, da konnten sie mir ruhig eine neue Hütte bauen. Aber das war nicht alles, das spürte ich. Ich glaube, sie hätten mir sogar eine neue Hütte gebaut, selbst wenn ich Keelin nicht gekannt hätte.
So war Tristan nun mal. Aber das verstand ich erst später.
Während sich die Männer also mit meiner Hütte beschäftigten, döste ich friedlich vor mich hin. Tristan und Brahn hatten mir eine kuschelige Ecke unter einem Baum bereitet. Das hieß: Drei Decken unter und drei über mir. Purer Luxus. Dann hatten sie sich am Hüttenbau beteiligt.
Ich war also allein. Zum ersten Mal seit … einem Tag? Zwei Tagen? Mein Hirn funktionierte noch nicht wieder.
Auf jeden Fall kamen die Geister. Natürlich. Jetzt, wo die Shadun gut zweihundert Meter entfernt von mir agierten, zog ich sie wieder magisch an.
Die Luftgeister schwirrten über meinem Kopf und ließen die Äste wild wippen, während ein Erdgeist unter meinem Körper fröhlich Löcher und Hügel buddelte. Mein gemütliches Nest wurde dadurch zwar extrem ungemütlich, aber dafür auch deutlich lebendiger.
Ich hatte gar nicht bemerkt, wie sehr ich ihre Anwesenheit vermisste.
Meeha hatte sich zum ersten Mal seit Keelins Ankunft wieder in einen Hund verwandelt und schlief an meinem Bauch gekuschelt. Ich kraulte ihre Ohren, während ich immer wieder wegdämmerte. Eine Truppe Steingeister kullerte neben meinen Kopf, klackernd und rappelnd. Das Geräusch wiegte mich letztlich in den Schlaf.
Mein letzter Gedanke war: wenn doch Keelin jetzt hier wäre …
Als ich erwachte, waren die Geister verschwunden und ein Feuer prasselte etwa fünf Meter von mir entfernt vor sich hin. Die Shadun saßen drum herum, aßen, lachten und spielten offenbar irgendein Würfelspiel.
Tristan lehnte am Baum neben mir und döste, aber kaum hatte ich den Kopf einen Millimeter bewegt, sah er auch schon auf.
„Alles gut bei dir?“, fragte er. Das hatte er mich schon mal gefragt.
„Alles gut, Tristan!“
Er entspannte sich wieder. Es war stockdunkel um mich herum, ich hatte wohl den Tag verschlafen.
„Mir ist etwas flau im Magen, aber sonst habe ich deinen Versuch, mich umzubringen, ganz gut überstanden.“ Ich kämpfte mich ächzend in eine sitzende Position. „Wie geht es der Hütte?“
„Wir sind grad mit dem Keller fertig.“
„Ich krieg einen Keller!?“
Tristan grinste. „Wenn die Shadun was können, dann Häuser bauen. Das wird keine Hütte, sondern ein Palast, wenn du mich fragst.“
Ich lächelte ebenfalls, horchte dabei aber in mich und die Umgebung. Kein Keelin. Das Gefühl, das ich schon die ganze Zeit verdrängt hatte, klopfte wieder an mein Herz.
Keelin hatte sich auf den Weg gemacht, wohin auch immer, auf jeden Fall weg von mir.
Da war ich mir mittlerweile sicher.
Um mich von diesem grässlichen Gedanken abzulenken, verwickelte ich Tristan in ein Gespräch über Feyann. Was ist denn das besondere an den Feyann? Was können sie – was kann ich?
Tristan informierte mich bereitwillig: Die Feyann seien eng mit der Natur verbunden, enger als jedes andere Magiewesen. Deshalb waren die Geister auch so vernarrt in sie. Jede Feyann entwickelte aber eigene Fähigkeiten, je nach Vorlieben für bestimmte Geister.
Die nächste Erklärung überraschte mich dann aber doch: Es gab offenbar nur vier Geisterarten – nicht nur eine oder viele
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