Das Band der Magie
hier?“
Jetzt war ich ganz verwirrt. Alarmiert richtete ich mich auf.
„Was meinst du damit?“
„Während ich ein Wolf war. Waren da fremde Männer hier und haben dich besucht?“
Sofort begann mein Herz, etwas wilder zu schlagen. Ich nickte vorsichtig.
„Deine Bemerkung über die Shadun … sie ging mir nicht aus dem Kopf. Aber sie macht Sinn, wenn du einige Shadun kennengelernt hast.“
Ich nickte wieder.
Keelin deutete mit dem Kinn Richtung Kommode, die als trauriger Trümmerhaufen schief in der Ecke hing. Ich konnte die Bewegung nur als Schemen sehen: Das Feuer glomm nur noch, ansonsten war es stockdunkel. „Ist die von Tristan?“
Ich nickte abermals.
Da begann Keelins Hand, in meiner heftig zu zittern. Ich packte ihn fester. „Du warst eigentlich auch da, Keelin. Ich habe bei unserer ersten Begegnung mit Tristan und Brahn gedacht, du würdest die beiden töten wollen. Du hattest ganz rote, glimmende Augen und hast fürchterlich geknurrt. Sie wollten dich nach Hause holen.“
„Brahn war auch da?“
„Mit Liah. Sie war beim zweiten Besuch mit.“
Keelin schaffte nur ein leises „Oh!“, dann zog sich die Stille dahin. Ich haderte mit mir, wie viel ich ihm erzählen konnte. Aber wenn nicht jetzt, wann dann?
„Ich soll dir von Brahn etwas ausrichten. Es klang wichtig. Aber es sind keine guten Neuigkeiten, Keelin. Willst du sie trotzdem hören?“
Er nickte. Ich wusste, dass das jetzt alles ändern würde, daher fielen mir die nächsten Worte unfassbar schwer.
„Dein Vater ist zurückgetreten und ein Mahe-Dingsbums will die Shadun übernehmen. Ich glaube, er will der Herrscher werden. Brahn hat Angst, dass er Tristan herausfordert. Tristan könne die Shadun nicht halten, sagt er … weil Tristan stirbt.“ Ich holte tief Luft. „Du sollst zurückkommen, sagen sowohl Tristan als auch Brahn. Es klang ziemlich dringend, wenn du mich fragst.“
Er fragte nicht, wer Mahe-Dingsbums war. Offenbar konnte er es sich denken. Er fragte noch nicht mal, warum Tristan starb oder warum sein Vater von was auch immer zurückgetreten war. Er hockte einfach nur da wie ein Salzstein.
Ich konnte geradezu sehen, wie es in seinem Kopf arbeitete.
Als er mich das nächste Mal ansah, glühten seine Augen dunkelrot. Er sah zum Fürchten aus: Die dunklen Ringe schienen jetzt noch schwärzer zu sein, den Mund hatte er zu einem schmalen Strich zusammengepresst, die Stirn zu einer Kraterlandschaft aus Sorgenfalten gerunzelt.
Als er sprach, rieselte es mir kalt den Rücken runter.
„Aeri, wir müssen hier weg. Sofort. So schnell es geht. Mir war nicht klar, dass mein Vater zurückgetreten ist. Es erklärt aber so einiges. Hier in der Nähe lebt ein Rudel wilder Shadun. Die waren nicht gefährlich, weil sie mich gar nicht wirklich wahrgenommen haben. Aber ich hab da eine Menge Magie freigesetzt, um den Sturm abzuwehren. Und wenn mein Vater zurückgetreten ist, dann bin ich jetzt eine Gefahr für sie. Sie werden kommen, wenn sie nicht schon hierher unterwegs sind.“
Mir wurde eiskalt, als mir Brahns Warnung vor gefühlten Urzeiten wieder einfiel. Auch er hatte sich Sorgen um das fremde Rudel gemacht, es aber erst mal als ungefährlich abgetan.
Ehe ich aber etwas Entsprechendes sagen konnte, erzählte Keelin schon weiter: „Wir brechen morgen auf. Ich weiß, du kannst nicht gehen, aber wir müssen hier weg, so schnell es geht! Ich … du hast mich doch gefragt, ob es wieder an mir zerrt. Es zerrt, Aeri, ganz heftig. Im Moment mache ich mir noch große Sorgen um dich und ich glaube, das hält mich hier in diesem Körper, aber sobald es dir wieder etwas besser geht, werde ich mich wieder verwandeln. Wenn es nicht sogar gleich passiert.
Deshalb kommt es jetzt auf dich an. Bitte Aeri, hör zu!“
Natürlich hörte ich zu. Ich richtete mich sogar ganz auf und nahm seine zweite Hand in meine.
„Ich bin als Wolf nur halb bei mir. Ich denke da anders, agiere anders. Ich hab eine Theorie, warum ich mich ständig verwandle, warum ich es nicht kontrollieren kann, aber allein der Gedanke ist so furchtbar …“ Seine Stimme kippte, während sich sein Griff um meine Hände verstärkte.
„Ich weiß, ich sollte mich eigentlich erinnern, warum ich mich ständig verwandele, warum ich so geworden bin, wie ich jetzt bin … aber es geht nicht. Das Ziehen wird dann unerträglich. Ich fürchte, ich verwandele mich wieder, sobald ich genau darüber nachdenke. Aber eins ist mir jetzt klar geworden: Ich muss zurück, zurück nach
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