Das Band der Magie
Hause.“
Er atmete tief durch, bevor er mich fragte: „Kannst du mich nach Hause bringen, Aeri?“
Ich nickte automatisch, obwohl ich den Weg nicht kannte und der Winter vor der Tür stand. „Natürlich!“
„Aber wir müssen einen Umweg machen. Es bringt nichts, wenn ich als Wolf nach Hause komme oder nur als halber Mensch oder als was auch immer. Wir müssen nach Alkamir, das spüre ich ganz tief in mir drin. Dort kann ich Erlösung finden. Wenn ich ein Wolf bin, dann sagst du mir das: Keelin, wir müssen nach Alkamir. Okay? Und du musst mich daran erinnern, dass das fremde Rudel hinter uns her ist. Ich weiß nicht, ob ich das als Wolf wirklich realisiere.“
Ich nickte hektisch. „Keelin, du machst mir Angst!“
Doch bevor ich den Satz ganz vollendet hatte, hielt ich nur noch zwei Wolfspranken in den Händen. Die roten Augen glühten und an der Art, wie Keelin den Kopf in den Nacken warf und losheulte, erkannte ich, dass er unser Gespräch noch wusste.
Die Frage war nur: Wie lange noch?
Kapitel 14 – Das Rudel
Am nächsten Tag brachen wir auf. Meine Sachen zusammenzupacken, überforderte mich fast. Meeha raufte sich die ganze Zeit wie wild ihren Meerschweinchenschopf. Ich ignorierte sie.
Keelin zerrte einen Futtersack nach dem nächsten zu mir rüber und ich packte die wichtigsten Sachen in einen Beutel. Das alles warf ich über Keelins Nacken und band es zusammen. Ich musste allerdings auch noch auf seinen Rücken passen, denn ich konnte unmöglich zu Fuß gehen. Als Keelin wie ein riesiges Beuteltierchen aussah, brachen wir auf – und während ich meine Hütte sorgfältig abschloss, fragte ich mich, ob ich jemals wieder hierher zurückkehren würde.
Mir wurde ganz elend zumute.
Einerseits hatte ich panische Angst vor dem Weg, der vor mir lag. Andererseits war mir schon lange klar geworden, dass ich früher oder später an Einsamkeit gestorben wäre.
Allein die Hoffnung auf Gesellschaft hatte mich aufrecht gehalten. In Keelin hatte ich genau diese ersehnte Gesellschaft gefunden. Es wäre Wahnsinn gewesen, ihn allein ziehen zu lassen.
Natürlich ging ich mit.
Keelin war mein Leben! Ich würde ihm überall hin folgen, das war mir die letzten Wochen ohnehin immer klarer geworden. Mit Keelin zu gehen hieß auch, zu Tristan und Brahn und Liah zu gehen.
Trotzdem: Der Wald war meine Festung gewesen, all die Jahre. Jeder einzelne Baum um mich herum war mein stummer Gefährte gewesen, hatte all mein Leiden und meine Freude gesehen.
Den Wald zu verlassen fiel mir überraschend schwer.
Allerdings lenkten mich die kolossalen Schmerzen in meinem Körper hinreichend ab.
Die einzige, die so gar nicht weggehen wollte, war Meeha. Sie hopste als Dackel verwandelt auf der Veranda herum und ließ sich nicht einfangen.
Erst, als ich sagte, dass wir dann eben ohne sie gehen müssten, kam sie zu uns und setzte sich als Meerschweinchen zwischen die zotteligen Ohren meines Wolfes. Sie zitterte vor Empörung, schien jetzt aber eher gewillt, auf uns zu hören.
Vielleicht war sie auch nur nicht scharf darauf, ein weiteres Rudel Shadun kennenzulernen.
Ich zog mich mühsam auf Keelins Rücken, legte mir eine Decke um die mageren Hüften und streichelte von oben herab seinen Hals. „Kann los gehen!“, sagte ich. „Auf nach Alkamir!“
Der Wolf spannte die mächtigen Hinterläufe – und los ging es.
Es war ein rasanter Lauf. Ich fragte mich, wie lange Keelin diesen Sprint durchhalten könne, bekam aber bald meine Antwort: Länger als ich. Mir taten schon nach zwei Stunden alle Knochen weh, mein Rücken stand in Flammen, von meiner Seite ganz zu schweigen.
Es ging mir wirklich dreckig.
Nach einer weiteren Stunde mussten wir halten, damit ich mich einmal lang hinlegen konnte. Ich zitterte vor Erschöpfung.
Ich musste wohl auf dem harten Waldboden eingenickt sein, denn Keelin weckte mich ziemlich unsanft, indem er an mir rüttelte. Er drängelte, bis ich wieder aufsaß und mit ihm weiter durch den immer dunkler werdenden Tag jagte.
Meeha hatte sich riesige Ohren wachsen lassen, die sie im Wind flattern ließ. Ihr schien die Reise mittlerweile Spaß zu machen. Doch dann spitzte sie ihre riesigen Ohren, drehte sie nervös hin- und her.
Ich hatte es auch gehört.
Ein langgezogenes Heulen, ähnlich den Lauten, die Keelin als Wolf von sich gab. Das Rudel Shadun hatte wohl unsere Fährte aufgenommen.
Während ich mich an Keelin festklammerte, fragte ich mich, warum wir flohen. Vor Brahn und den
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