Das Band der Wünsche: Roman (German Edition)
sein.«
Wie die brave Schülerin, die sie schon immer gewesen war, legte Caroline die Zeitschrift auf die Bettdecke und wandte sich ihrem Mann zu. »Also gut. Ich höre.«
»Wenn wir den Zeitpunkt richtig wählen, haben wir eine Riesenchance.«
Sie nickte, als ginge es um ihr Einverständnis, dabei bezog sich das Wir allein auf Peter und seine Finanzgeschäfte. Kapital anzuhäufen berauschte ihn, es bedeutete für ihn viel mehr als die Sicherheit und die Kaufkraft, die Geld zu bieten hatte.
»Wenn wir nächstes Jahr an die Börse gehen, schießen unsere Aktien in die Höhe, darauf wette ich. Alle wollen …«
Ihre Gedanken schweiften ab, denn sie wusste, was jetzt kommen würde: Sound & Sight Software, Peters Firma, würde eine Plattform für X liefern und bei Y eine Funktionsintegration vornehmen, und so weiter und so fort.
Sie nickte, nahm ihre Kaffeetasse und versuchte, in der Zeitschrift zu lesen, die auf ihren Knien lag.
»Und deswegen sollten wir jetzt anfangen, uns um eine Adoption zu kümmern«, sagte Peter. »Verstehst du, was ich meine?«
Caroline blickte auf. Sie hob ihre Tasse zum Mund, ohne zu trinken. »Wie bitte?«
Peter legte ihr eine Hand aufs Knie. »Hast du mir überhaupt zugehört?«
Sie schüttelte den Kopf. »Nicht richtig«, sagte sie. »Sag das noch mal. Das mit der Adoption, nicht das mit dem Geld.«
»Aber das eine hängt untrennbar mit dem anderen zusammen, Liebling. Sieh mal: Ich werde mich schon bald viel intensiver auf meine Arbeit konzentrieren müssen. Ich spüre es einfach. Deswegen sollten wir uns jetzt um ein Kind bemühen. Bevor die Arbeit mich allzu sehr beansprucht, bevor das Chaos ausbricht und ich all die Projekte übernehmen kann von den Typen, die in dem Drunter und Drüber pleitegegangen sind.«
Peter liebte seinen Beruf genauso wie sie: Sie waren beide Arbeitstiere, die emsig am Rad des Lebens drehten. Für Peter jedoch gehörte zum Leben eine Familie – vorzugsweise eine kinderreiche. Und er würde einen großartigen Vater abgeben. Caroline konnte sich keinen Mann vorstellen, der für diese Aufgabe besser geeignet wäre, aber sie sehnte sich nicht danach, Mutter zu werden. Das Bedürfnis, sich rund um die Uhr mit Kindern zu beschäftigen, war nicht ihre Sache.
Carolines Mutter hatte sie und ihre Schwestern hingebungsvoll großgezogen, und nichts Geringeres würde Caroline ihren Kindern bieten wollen, aber ihr fehlte die Bereitschaft zur Selbstaufopferung. Wenn sie von der Arbeit nach Hause kam, wollte sie dort niemanden antreffen, der sie zwang, ihre Fachzeitschriften wegzulegen, oder sie daran hinderte, sich fortzubilden.
Die Aussicht, Mutter zu werden, versetzte sie in Angst und Schrecken, so sehr, dass sie ihre Erleichterung offen gezeigt hatte, als sich vor ein paar Jahren herausgestellt hatte, dass sie keine Kinder bekommen würden und dass Peters Sperma das Problem war.
Aber dann hatte Peter auf seine typische Art – Problem erkannt, Problem gebannt – die Ärmel hochgekrempelt und sich mit den Möglichkeiten einer Adoption auseinandergesetzt. Sie hatte ihm die Recherche und die Entscheidungsfindung überlassen, eine Haltung, die er von Anfang an akzeptiert hatte. Peter hatte gern alles unter Kontrolle. Deshalb hatte er sich auch für eine offene Adoption entschieden. Er wollte die leibliche Kindsmutter selbst aussuchen und eine so lebenswichtige Entscheidung nicht irgendeinem anonymen Sozialarbeiter überlassen. »Wenn schon, denn schon«, hatte er gesagt.
Während Peter sich seinen Nachforschungen widmete, tat Caroline etwas für sie völlig Untypisches: Sie rebellierte. Die Sache mit der Adoption widersprach ihrem alten Glaubenssatz: Es ist, wie es ist .
»Jetzt?«, fragte sie. »Ausgerechnet jetzt?«
Er richtete sich auf, kreuzte die Beine und schob seine Decke weg. »Ich sage ja nicht, jetzt oder nie. Aber es wäre ein geeigneter Zeitpunkt.«
»Ich weiß nicht. Ich habe im Moment in der Arbeit so viel um die Ohren und …«
»Süße, es wird immer Gründe geben, die dagegen sprechen. Wir werden immer viel um die Ohren haben. Aber wir können uns Zeit nehmen.« Er schaute sich in ihrem vollgestellten Schlafzimmer um. »Aber wir werden mehr Platz brauchen. Wir könnten gleich alles auf einmal in Angriff nehmen, oder? Eine gute Gegend aussuchen, die richtigen Schulen. Ein Haus kaufen. Ich sag dir was: Die Immobilienpreise werden auch bald sinken.«
Caroline – die ruhige, in jedem Notfall besonnene, nicht aus der Fassung zu bringende
Weitere Kostenlose Bücher