Das Band der Wünsche: Roman (German Edition)
bist, wie du dich gehen lässt und darauf wartest, dass Nathan zur Besinnung kommst. Dass er sich entscheidet.«
»Das tue ich nicht!« Aber hatte ihre Mutter nicht recht? Hatte sie ihm nicht gesagt, er solle herausfinden, ob er diese Frau liebte? Hatte sie ihm nicht gesagt, er solle das Kind besuchen gehen? »Also gut. Du hast recht, Mom. Du hast mit allem recht. Aber da ist noch eine Kleinigkeit, von der du nichts weißt. Er hat ein Kind mit der anderen.«
Ihre Mutter schaute sie entgeistert an. »Er hat ein Kind mit der Frau?«
»Sie hat es zur Adoption freigegeben.«
»Großer Gott. Das wird ja immer interessanter.«
Juliette wusste nicht, ob sie lachen oder weinen sollte, also lachte sie, und ihre Mutter ließ sich anstecken. Sie lachten, bis ihnen die Tränen kamen und sie die Toilette aufsuchen mussten, um ihre verschmierte Wimperntusche wegzuwischen. Nachdem sie sich die Hände abgetrocknet und ihren Lippenstift nachgezogen hatten, setzten sie ihren Spaziergang fort.
»Hast du schon mal darüber nachgedacht, dass es vielleicht gar nicht so sehr um die Frage geht: ›Liebst du mich, oder liebst du sie‹? Wir leben in einer unvollkommenen Welt, Juliette. Du wirst dich womöglich entscheiden müssen, ob du eine unvollkommene Ehe willst oder gar keine. Ist eure Ehe denn so zerrüttet, dass du nicht mehr damit leben kannst?«
Juliette überlegte, ob sie in dem Bewusstsein mit Nathan zusammenleben könnte, dass er immer noch Gefühle für Tia hatte, und sei es aus dem einzigen Grund, dass sie die Mutter seiner Tochter war.
Er wollte zu ihr zurückkommen. Das beteuerte er jedes Mal, wenn er die Jungs abholte. Juliette litt darunter, dass das Bett neben ihr jede Nacht leer war. Sie fand es schrecklich, nach Hause zu fahren und zu wissen, dass Nathan nicht da sein würde. Wenn sie mit den Jungs beim Abendessen saß, fühlte sie sich einsam. Aber sie wusste auch nicht, ob sie sich besser fühlen würde, wenn er wieder neben ihr schliefe. Vielleicht würde sie dann eine ganz andere Art von Einsamkeit empfinden.
29. Kapitel – Nathan
Ich warte vor dem Haus.« Nathan beendete das Gespräch mit Tia und steckte sein Handy ein. Er hatte sich mit großer Sorgfalt rasiert und ein frisch gebügeltes Hemd angezogen – sich für den Besuch bei seiner Tochter so feingemacht, als ginge er zu einem Date.
Er hatte immer noch das Bedürfnis, auf Tia einen guten Eindruck zu machen, und er wollte Caroline und Peter Fitzgerald zeigen, dass er kein Versager war. Und er musste sich Mut machen.
»Wir müssen es tun«, hatte Tia gesagt. »Und jetzt ist es doch auch kein Problem mehr, oder? Juliette hat kein Recht, sich über dich aufzuregen. Schließlich hat sie dich rausgeworfen.«
Tia wusste nicht, dass er Juliette über ihren geplanten gemeinsamen Besuch bei Savannah unterrichtet hatte. Tia hatte auch so schon fast hysterisch geklungen, als sie ihn angerufen und gesagt hatte: »Caroline hatte einen Grund, zu mir zu kommen, und wir müssen rausfinden, was der Grund ist. Wir müssen rausfinden, ob es Honor gut geht.«
Es gibt keine Honor.
Sie heißt Savannah.
Ich mache mir vor allem Sorgen um Lucas und Max. Wie soll es ihnen gut gehen, wenn ich nicht bei ihnen bin?
»Wir müssen die Sache in die Hand nehmen. Bitte! Komm mit!«, hatte Tia ihn angefleht. »Wer weiß, was sich da abspielt? Wir müssen wissen, wo Honor wohnt, was für ein Kind sie ist, wer sie ist …«
Am Abend zuvor hatte er kurz mit Juliette telefoniert. Das Gespräch hatte sich nur um die Jungs gedreht: Fußballtraining, Ferienfreizeit, wann er sie zum Abendessen abholen würde. Dann hatte Nathan unvermittelt gefragt: »Kann ich wieder nach Hause kommen?« Vielleicht hatte er sich das ja eingebildet, aber es war ihm so vorgekommen, als hätte er einen Riss in ihrem Abwehrpanzer gespürt, als sie mit ihrer Antwort gezögert hatte. Und als sie dann gesagt hatte: »Nein. Noch nicht. Wir werden sehen«, hatte er gewusst, dass sie schwankte.
Während er mit halbem Ohr zugehört hatte, als sie ihm die Kosten für Max’ Fußballtrainingslager vorrechnete, hatte er überlegt, ob er Juliette von dem geplanten Besuch bei Savannah erzählen sollte, die Idee jedoch sogleich wieder verworfen. Doch dann war ihm klar geworden, dass er ihr die Wahrheit sagen musste.
Juliette hatte zunächst geschwiegen. Dann hörte er ihr unterdrücktes Schluchzen. Warum weinte sie? War es nicht genau das, was sie gewollt hatte? Hatte sie ihm nicht gesagt, er solle mit Tia ins Reine
Weitere Kostenlose Bücher