Das Band der Wünsche: Roman (German Edition)
Bedeutung nur ja nicht missverstand. Caroline stöhnte innerlich. In ihrer Anfangszeit, als sie bis über beide Ohren verliebt gewesen war, hatte sie diese Geheimsprache, die nur Peter und sie verstanden, romantisch gefunden. Codewörter wie »Ein bisschen kuscheln vielleicht?« hatten Caroline Schauer der Vorfreude über die Haut gejagt.
Jetzt graute ihr meist nur davor.
»Ich will noch eben duschen«, sagte sie. Vielleicht war er ja schon eingeschlafen, wenn sie aus dem Bad kam.
»Du brauchst nicht zu duschen«, sagte er.
»Glaub mir, nachdem ich so viele Stunden unterwegs war, brauche ich das.«
Er setzte seinen Dackelblick auf.
Ihr wurde ganz flau.
»Bin gleich wieder da.« Ohne ihn eines weiteren Blickes zu würdigen, ging sie ins Bad, aus Angst, seine unverhohlene Begierde würde sie noch mehr abstoßen.
Sie öffnete das Medizinschränkchen auf der Suche nach einer Aspirin – sie hatte tatsächlich Kopfschmerzen – und betrachtete all die Fläschchen und Tuben, die Schönheit verhießen. All die ungeöffneten schwarz-violetten Verpackungen.
Peter fragte sie manchmal, wie es bei ihrem Besuch im Schönheitstempel gewesen war. Er hatte sie an jenem Nachmittag, als sie von juliette&gwynne zurückgekommen war, unwiderstehlich gefunden – er hatte sogar Rose herbestellt und ihr dreifachen Überstundenlohn gezahlt, nur um Caroline zu einem extravaganten Abendessen auszuführen. Aber sie hatte nichts zu sagen, weil nichts von dem, was ihr durch den Kopf ging, aussprechbar war.
Zuerst hatte Peter versucht, die Leere durch einen Vortrag über seine Arbeit zu füllen. Dann verwickelte er Caroline in ein Gespräch über Savannah. Was Caroline von der Schule hielt, wo ihre Tochter ab September die Vorschulklasse besuchen würde. Ob sie schon darüber nachgedacht habe? Oder sollten sie Savannah lieber an einer Privatschule anmelden? Ob es ein Fehler gewesen sei, sie nicht in einen Kindergarten zu schicken? Vielleicht würde eine Ferienfreizeit Savannah guttun. Sie könnten sich doch mal über die verschiedenen Angebote informieren, oder?
Caroline drückte den kindersicheren Deckel wieder auf das Apirinfläschchen.
Manchmal, wenn sie nicht einschlafen konnte, tauchten ungebetene Fantasien – Albträume, sagte sie sich – aus ihrem Unbewussten auf.
Zugunglücke.
Autozusammenstöße.
Flugzeugabstürze.
Und Peter und Savannah waren immer unter den Passagieren.
Natürlich war es nie schmerzhaft, und es gab auch keine Flammen, sondern nur ein kurzes Ende, gefolgt von einer sofortigen Himmelfahrt.
Und Caroline blieb allein zurück.
Nach diesen Gedanken konnte sie sich selbst nicht ausstehen.
Die grässlichen Dinge, die sie Jonah Weber erzählt hatte, waren nicht aus dem Nichts gekommen.
Sie schluckte zwei Aspirin und war froh über den bitteren Geschmack. Sie brauchte Bestrafung.
Auf dem obersten Regal, außerhalb von Savannahs Reichweite, befanden sich Carolines Vorräte für Notfälle. Schlaftabletten. Beruhigungspillen. Sie nahm sie herunter und zählte die verbliebenen Pillen in jedem Fläschchen.
Fünf Schlaftabletten.
Drei Beruhigungspillen.
Ebenso wie sie die Tage gezählt hatte, seit sie mit Peter Sex gehabt hatte, zählte sie jetzt die Tage ab, seit sie ihre letzte Tablette genommen hatte.
Eine Woche. Also gut. Eine konnte sie sich erlauben. Aber welche?
Wenn sie eine Schlaftablette nahm, würde sie kaum den ganzen Akt durchhalten.
Ihr Desinteresse an Sex – das schon an Ekel grenzte – wurde immer schlimmer. Anfangs, nachdem sie Savannah adoptiert hatten, hatte sie es ihrer Erschöpfung zugeschrieben. Aber Savannah war inzwischen fünf. Caroline musste nicht länger mehrmals in der Nacht wegen ihrer Tochter aufstehen, ihre Gefühle konnten also nichts mit Erschöpfung zu tun haben. Aber ihr Impuls, Peter wegzuschieben, wenn er sie anfasste, war immer stärker geworden – und manchmal so schlimm, dass sie sich mit Medikamenten betäubte, um ihre Aversion gegen Sex zu dämpfen.
Vorsichtig biss sie eine halbe Beruhigungspille ab. Es war schwierig bei den winzigen Pillen, aber sie mussten noch eine Zeit lang reichen.
15. Kapitel – Caroline
D as Xanax begann zu wirken, während Peter sich von Carolines Lippen zu ihrem Hals vorarbeitete. Jetzt konnte sie sich auf Sex einlassen, ihr Körper würde irgendwie mitmachen, während sie ihre Gedanken schweifen lassen konnte.
Sie stöhnte leise und täuschte Erregung vor, um ihn zum Orgasmus zu bringen.
»Jetzt«, flüsterte sie.
Sie fragte
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