Das Band der Wünsche: Roman (German Edition)
Oder in den Zoo, obwohl sie Zoos nicht ausstehen konnte.
Savannah schlief auf dem Rücksitz, in den Armen ihren Lieblingsplüschhund Pudding. Peter lauschte konzentriert der Übertragung eines Spiels der Red Sox im Radio. Er war ein glühender Fan der Red Sox. Noch so eine Quelle der Begeisterung, die ihn zu spontanen Gefühlsausbrüchen verleiten konnte. Go, Red Sox, go! Oder: Ich brauch auf der Stelle einen Big Mac! Oder: Lass uns nächste Woche nach Europa fliegen!
War das normal in der Liebe, dass einen das, was einen zuerst anzog, später abstieß?
Vielleicht war sie einfach zu jung gewesen, als sie sich mit Peter zusammengetan hatte. Damals hatte sie gerade damit angefangen, sich von der Rolle der unbeachteten mittleren Schwester zu erholen; von ihrem Leben als Unsichtbare, deren Abwesenheit erst bemerkt wurde, wenn ihr Stuhl mal wieder leer blieb. Wie oft hatte sie auf dem Bett gehockt und gelesen und das leise Bimmeln der Glocke nicht gehört, mit der ihre Mutter zum Essen läutete?
Peter parkte den Wagen neben den anderen Autos am Rand des Vorgartens, der zur Straße hin abfiel. In diesem Teil von Chelmsford gab es keine Gehwege, obwohl die Häuser ziemlich dicht beieinander standen. Die Einfahrt zum Haus der Fitzgeralds war von Autos verstopft. Peter blieb noch einen Augenblick sitzen, die Hand am Radioknopf, und lauschte konzentriert dem Spielbericht. Caroline lehnte sich zurück und genoss den letzten friedlichen Moment.
Das Haus der Fitzgeralds war angefüllt mit Erinnerungsstücken. Fotos von Kindern in allen erdenklichen Kostümen – Schulabschlussroben, Baseball-Trikots, Matrosenanzügen – bedeckten die Wände. Kleine Fotos von Enkelkindern neben großformatigen Hochzeitsfotos.
Vom Eingang her konnte man in die Küche sehen, in der Peters Schwestern und Mrs. Fitzgerald emsig werkelten. Carolines Schwiegermutter entdeckte sie in dem Moment, als sie das Haus betrat.
»Caroline! Schick Savannah her«, rief Faith, Peters jüngste Schwester. »Wir bemalen gerade Eier. Mom hat Disney-Bildchen gekauft.«
Faith, zehn Jahre jünger als Peter und das Nesthäkchen der Familie, verströmte die Zuversicht, dass es immer jemanden in der Nähe gab, der einem im Notfall half.
Savannah drückte sich an Carolines Seite. »Du musst aber mitkommen.«
»Gleich, Mäuschen. Wir ziehen dir erst mal die Jacke aus.«
Savannah wickelte sich ihren blauen Wollschal enger. »Ich will sie aber anbehalten.«
»Savannah, in der Jacke kannst du keine Eier bemalen.«
»Warum nicht?«
»Stimmt was nicht?« Irene Fitzgerald kam aus der Küche und wischte sich die Hände an der mit bunten Ostermotiven bedruckten Schürze ab. Gelbe Küken auf grünem Gras vor einem blauen Himmel. Caroline hatte keine Ahnung, wo ihre Schwiegermutter immer die Stoffe auftrieb, aus denen sie solche Sachen nähte. Gab es dafür einen speziellen Laden? Eine Website mit dem Namen bestemutterderwelt.com?
»Alles in Ordnung, Irene.« Der Name blieb Caroline fast im Hals stecken. Peter betonte immer wieder, wie glücklich es seine Mutter machen würde, wenn sie sie Mom nennen würde, und warum sie so ein Gewese darum mache? »Weil sie nicht meine Mutter ist «, antwortete Caroline jedes Mal, der es selbst peinlich war, wie albern, ja regelrecht widerspenstig sie sich verhielt, aber sie wollte sich nicht noch mehr von dem Fitzgerald-Klan vereinnahmen lassen.
»Ich will meine Jacke aber anlassen.« Savannah, in der Regel das gehorsamste Kind der Welt, wurde zum schlimmsten Trotzkopf, wenn man ihr etwas verweigerte, das ihr elementar wichtig erschien.
»Wo ist das Problem?«, fragte Irene. »Soll sie die doch anbehalten. Sie wird sie schon ausziehen, wenn sie anfängt zu schwitzen.«
»Ich halte es für keine besonders gute Idee, wenn sie in ihrer neuen Jacke Eier färbt.« Caroline zwang sich zu einem Lächeln, das jedoch keine Chance hatte, ihre Augen zu erreichen.
»Sei nicht immer so pingelig, Caro.« Irene war die Einzige, die es sich herausnahm, Peters Kosenamen für Caroline zu benutzen. »Sie kann sich doch eine Schürze umbinden.«
»Ich will eine Schürze, Mommy.«
»Eine mit Herzchen drauf?«, fragte Irene. »Die habe ich für jemand ganz Besonderen aufgehoben.«
Caroline konnte Peters Mutter nicht erklären, warum Savannah ihre Jacke ausziehen sollte. Sie wollte nicht, dass Irene gegenüber den anderen etwas dazu sagte – Savannah fiel sowieso schon genug aus dem Rahmen. Die vierzehn Enkel der Fitzgeralds waren ausnahmslos
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