Das Band der Wünsche: Roman (German Edition)
Waren die Brownies so nicht schon süß genug?
Aber Caroline wollte nicht die Polizei im Haus sein – der Elternteil, der alles verbot und zuständig war für die spaßfreie Zone. Peters Enthusiasmus bremste sie, es war, als ob irgendein Mechanismus Paare dazu zwang, einander auszugleichen, bis ein Gleichgewicht zwischen ihnen herrschte.
»Mommy!«, rief Savannah, als sie Caroline erblickte. »Hilf mir runter, Dad.«
»Eins, zwei … und drei.« Peter hob sie von dem hohen Hocker, auf dem sie an der Kücheninsel gekniet hatte. Die weißen Fliesen auf der Anrichte, Savannahs rote Schürze, Savannahs Wangen, alles war mit Schokolade beschmiert.
»Wir machen Liebesperlen auf die Brownies«, sagte Savannah und warf sich ihrer Mutter in die Arme. Caroline bemühte sich, nicht zurückzuweichen bei der Vorstellung, welche Flecken die Schokolade auf ihrem hellen Trenchcoat hinterlassen würde.
»Gott, so viel Zucker«, bemerkte Caroline.
Savannah erstarrte und ließ die Arme sinken, mit denen sie Carolines Hüfte umklammert hatte. Sie schaute ihre Mutter enttäuscht an.
»Klingt köstlich.« Es war der nachträgliche Versuch, die Worte so viel Zucker als Kompliment hinzustellen und nicht als das, was sie tatsächlich gemeint hatte: ekelhaftes, knirschendes, zahnschädigendes Süßzeugs auf ohnehin schon viel zu süßen Brownies.
»Meinst du das ernst?«, fragte Savannah. Sie betrachtete ihre Mutter mit zusammengekniffenen Brauen, im Gesicht Skepsis wie so oft. Kaum zu Hause angekommen, hatte Caroline es geschafft, ihrer Tochter die Laune zu verderben.
»Natürlich meint Mommy das ernst«, sagte Peter. Er hauchte Caroline einen Kuss auf den Mund. »Stimmt doch, Mommy?« Er zwickte sie heimlich in den Arm, was so viel hieß wie: Sei kein Spielverderber .
Caroline deckte Savannah sorgfältig zu, wie sie es gern hatte. Die Daunendecke glatt streichen, um die Füße stopfen – vorher ein bisschen die Zehen kraulen – und dann stopf, stopf, stopf erst auf der einen Seite, dann auf der anderen .
Ebenso wie Caroline brauchte Savannah bekannte Abläufe und Wiederholungen.
»Ich hab dich lieb, Mommy«, sagte Savannah.
»Ich dich auch, mein Schatz.«
Savannah presste die Lippen zusammen. Sie schaute Caroline mit diesem intensiven Blick an, der Caroline manchmal unheimlich war und unter dem sie sich häufig innerlich wand und der sie immer wünschen ließ, dem Kind möge nie etwas zustoßen.
»Hast du mich genauso lieb wie Daddy?«, fragte Savannah.
»Natürlich.« Caroline betete täglich darum, die beiden mehr lieben zu können, als sie es tat.
»Hast du mich lieber als Daddy?«
Caroline fürchtete, dass sie Savannah unbewusste Botschaften sandte. Vielleicht besaß Savannah den für Kinder typischen siebten Sinn, der sie wahre Liebe erkennen ließ.
Caroline vermutete, dass Erwachsene, wenn sie bereit wären, sich der Wahrheit zu stellen, diesen siebten Sinn ebenfalls entwickeln könnten.
Aber wollte irgendjemand es so genau wissen?
Caroline begann, sich Antworten zurechtzulegen, dass es verschiedene Arten von Liebhaben gab, aber ihre Übermüdung ließ sie den einfachen Weg wählen. »Ich habe euch beide gleich lieb.«
»Und hast du mich so lieb wie Oma?«
Oma war Carolines Mutter. Peters Mutter war Nana. Caroline versuchte, sich ihre Ungeduld nicht anmerken zu lassen. »Ja, natürlich.«
Savannah blinzelte und sah schon aus wie die Heranwachsende, die sie einmal sein würde, diejenige, die einmal für ein Büßerhemd an ihr Maß nehmen würde. »Okay«, sagte sie schließlich.
Okay . Ein eigenartiges kleines Wort aus dem Mund ihrer eigenartigen kleinen Besucherin von einem anderen Stern. Ihre widersprüchliche Liebe zu Savannah zerriss Caroline das Herz. Sie beugte sich vor und gab ihrer Tochter drei Küsse: einen auf die Stirn, einen auf die rechte Wange und einen letzten auf die linke Wange, genau so wie Savannah es mochte.
Zum wiederholten Male gelobte Caroline, sich aus dem Hamsterrad ihrer Gedanken zu befreien, von den verrückten Tagträumen und absurden Ängsten.
Sie betrat das Schlafzimmer.
Peter lag schon im Bett, im Gesicht sein Sexlächeln.
Sie überschlug kurz, wie lange das letzte Mal her war, und fragte sich, ob sie Kopfschmerzen oder Jetlag oder einfach Rückenschmerzen vorschieben konnte.
Zwei Wochen.
Sie war schon immer schnell im Kopfrechnen gewesen.
»Du hast mir gefehlt, Liebling«, sagte er. »Du hast mir ganz schrecklich gefehlt.«
Er betonte die Worte, damit Caroline ihre
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