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Das Band spricht Bände

Das Band spricht Bände

Titel: Das Band spricht Bände
Autoren: Carter Brown
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tatsächlich in
Santo Bahia in Erscheinung treten.« Seine schmalen Lippen verzogen sich ein bißchen,
und ich nahm an, das sei so ungefähr das beste Lächeln, zu dem er fähig war.
»Ich meine, das war recht unfair von Ihnen!«
    »In Santo Bahia scheint so
ziemlich alles versammelt zu sein«, sagte ich gelassen, »einschließlich Shari
Wayland und Ed Norman. Die einzige Ausnahme bildet Alysia Ames.«
    »Davon habe ich gehört«, sagte
er und knackte bedächtig mit den Knöcheln von Zeige- und Mittelfinger der
linken Hand. »Ein tragisches Geschick. Ich denke mir, Stirling ist
fassungslos?«
    »Keine Ahnung«, antwortete ich.
»Ich habe ihn immer noch nicht kennengelernt. Er hat mich gestern abend
entlassen, durch einen seiner Mitarbeiter, und so interessiert es mich auch
nicht sonderlich, wie es ihm geht.«
    »Ein Mann von plötzlichen und
erstaunlichen Entschlüssen«, meinte Stanger im Plauderton. »Wenn Sie mir eine
direkte Frage erlauben wollen, Mr. Boyd — was bewegt Sie zu weiterem Aufenthalt
in unserer schönen Stadt?«
    »Shari Wayland. Sie hat mich
beauftragt, den Mörder ihrer Schwester ausfindig zu machen.«
    »Das ist aber interessant! Und
hat Stirling die Rückgabe dieses seltsamen Tonbandes verlangt, als er Sie aus
seinen Diensten entließ?« Die gesprenkelten braunen Augen beobachteten mich
unter den buschigen schwarzen Brauen hervor wie ein Geier seine Beute.
    »Vielleicht hat er’s vergessen,
aus Schreck über die Nachricht, daß die kleine Ames ermordet worden war«,
meinte ich. »Es befindet sich noch an sicherem Ort.«
    »Ich bewundere Redlichkeit,
wirklich, Mr. Boyd«, sagte er mit gedämpfter Stimme. »Die meisten Leute an
Ihrer Stelle hätten sich wohl entschlossen, aus dem besagten Gegenstand Kapital
zu schlagen. Verstehen Sie?«
    »Ihn etwa dem Höchstbietenden
zu verkaufen?« Ich grinste ihn an. »Das wäre ein Gedanke, Mr. Stanger. Wieviel
bieten Sie denn?«
    Er knackte mit weiteren
Knöcheln, während er seinem Gesicht einen kläglichen Ausdruck gab. »Ich
fürchte, Sie kennen meine gegenwärtige finanzielle Situation nur zu gut, Mr.
Boyd.« Er wiegte bedächtig das Haupt, als ticke ein unsichtbares Metronom den
Takt dazu. »Ich könnte bestenfalls fünfhundert Dollar aufbringen, und selbst
das fiele mir überaus schwer.« Sein Kopf hörte zu pendeln auf, und er blickte
mich unverblümt an. »In bar, natürlich!«
    »Ich will’s mir merken«, sagte ich.
»muß aber erst noch bei den übrigen Interessenten herumhören. Vielleicht
überbietet George Thatcher Sie noch?«
    Es dauerte zwei Sekunden, bis
ich begriffen hatte, daß der trockene Knisterton — als spiele der Wind mit
einzelnen Zeitungsblättern — ein Lachen Stangers darstellen sollte. »Ich finde
Ihre Idee bemerkenswert, Mr. Boyd. Am besten erkundigen wir uns doch gleich
einmal...« Er drückte auf einen Knopf seiner Gegensprechanlage, und kurz darauf
meldete sich eine blecherne Stimme. »Kommen Sie doch mal rüber, George,
gleich«, sagte er fast heiter. »Hier bei mir ist ein alter Freund von Ihnen,
der darauf brennt, Ihnen Guten Tag zu sagen.« Sein spinnenhafter Zeigefinger
ließ den Knopf wieder los. »Im Augenblick kann ich mir nicht recht darüber
klarwerden, wer von uns beiden einen Fehler begeht, Mr. Boyd.« Er beugte sich
vor und faltete bedächtig die Hände. »Aber wir werden ja sehen.«
    Thatcher kam bald danach
herein, und er blieb überrascht stehen, als er mich erblickte. Dann entblößten
sich seine weißen Zähne zu einem spöttischen Grinsen. Er sah immer noch wie der
etwas ungehobelte, doch stets richtig liegende Chef-Typ aus, bei dessen Anblick
jeder Werbeboß in der Madison Avenue vor Aufregung seinen besten Kognak
verschüttet hätte.
    »Sieh mal einer an! Ist das
nicht unser Schwergewichtsmeister vom Sutton Place?« Er kicherte gehässig. »Sie
sind aber ziemlich mutig, Boyd, was? Ich meine, da laufen Sie frei herum, ganz
ohne diesen komischen Butler, der mit Kanonen auftritt, wenn’s Ihnen an den
Kragen geht?«
    »Sie haben offenbar viel Sinn
für Humor, George«, sprach ich sanft. »Ich habe mich letzte Nacht einmal kurz
auf dieser Baustelle umgesehen, und ich muß es Ihnen lassen — so herzhaft habe
ich noch nie gelacht!«
    »Ich kann es nicht ausstehen,
wenn sich erwachsene Männer wie dumme Jungen aufführen«, sagte Stanger. »Kommen
wir zur Sache!« Er sah Thatcher mit ausdruckslosem Gesicht an. »Mr. Boyd hat
mich soeben davon unterrichtet, daß Wayland ihm gestern abend gekündigt hat.
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