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Das Band spricht Bände

Das Band spricht Bände

Titel: Das Band spricht Bände
Autoren: Carter Brown
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am
unangenehmsten wäre. Sie hatten Eltern, Arbeitgeber, Freundinnen, einer war
sogar verheiratet, und sie begriffen verdammt schnell. Aber mein Sohn hatte
eine Spezialbehandlung verdient, sagte ich mir. Ich habe ihn verhauen. Ich kann
das sehr gut, bin durch eine harte Schule gegangen. So eine Tracht Prügel, bei
der man keine Knochen bricht, aber der Geprügelte sich noch nach vierzehn Tagen
wünscht, man hätte ihn lieber totgeschlagen. Dann ging ich in sein Zimmer und
zerschlug alles, was er besaß, seine Sachen und seine Plattensammlung, die
damals etwa eintausend Dollar wert war. Zuletzt gab ich ihm fünf Dollar und
riet ihm, anderswo sein Glück zu versuchen. Wenn er mir hier noch mal unter die
Augen komme, würde ich ihn erschießen, sagte ich, und davon war jedes Wort
ernst gemeint, Boyd!«
    »Ich glaub’s Ihnen gern«, sagte
ich.
    »Was, zum Teufel, hat er also
in Santo Bahia zu suchen, und noch dazu mit Stirling Wayland zusammen?« Er
machte zwei große Schritte und hieb mit der Faust auf den Schreibtisch, daß das
ganze Büro wackelte. »Ich hörte, er sei bei einer faulen Baufirma in San Diego,
vor zwei Jahren etwa, und gerade noch rechtzeitig ausgerissen, ehe die Polizei
ihn festsetzen wollte. Wissen Sie was, Boyd?« Er starrte mich wild an. »Mit
einem Schlag ist mir völlig klar, wer die beiden Bodenprüfer bestochen und im
Rathaus ein paar Beamte geschmiert hat, wegen dieser Brücken!«
    »Kann sein«, meinte ich, »aber
an Ihrer Stelle würde ich jetzt noch nicht zum Kadi laufen, Mr. MacKenzie. Sie
haben keinerlei Beweise, daß Ihr Sohn hinter der Sabotage steckt — wenn es
wirklich welche war und nicht schlicht Pech — , ebensowenig wie ich beweisen
kann, daß er mit Wayland paktiert. Ehe ich mit Wayland gesprochen habe, weiß
ich lediglich von Ihrem Sohn, daß er mit ihm zusammenarbeitet — und was auf
sein Wort zu geben ist, haben Sie mir ja ausführlich genug beschrieben.«
    »Sie haben recht«, sagte er
zögernd. »Ich habe in dieser Stadt immer noch ein gewichtiges Wörtchen
mitzureden, und ich werde jetzt mal gewissen Leuten gewisse peinliche Fragen
stellen. Wo wohnen Sie, Boyd?«
    »Im Ambassador.«
    »Wenn ich etwas von Belang
erfahre, rufe ich Sie an«, brummte er. »Und Sie machen es genauso, ja?«
    »Klarer Fall.« Ich stand auf.
»Besten Dank für Ihre Zeit, Mr. MacKenzie.«
    »Sagen Sie Charlie zu mir.« Ein
Schmunzeln zog langsam in sein wettergegerbtes Gesicht ein. »Zwei Leute wie Sie
und ich, die andere reinlegen wollen, sollten sich beim Vornamen rufen, was?«
    »Dann sagen Sie Danny.« Ich
schmunzelte zurück. »Und im übrigen haben Sie recht.«
    An der Tür blieb ich
unvermittelt noch mal stehen und drehte mich um. »Eine wichtige Frage habe ich
vergessen, Charlie.«
    »Im Moment könnte ich Ihnen
keine zehn Cent pumpen«, knurrte er.
    »Kennen Stanger oder Thatcher
Ihren Sohn?«
    »Nicht daß ich wüßte«, sagte
er.
    »Und wie ist das mit Ed Norman,
Waylands Teilhaber?«
    »Dieselbe Antwort. Warum?«
    »Sie waren vorgestern abend in
Waylands Penthouse, als Chuck den Butler spielte«, sagte ich. »Es scheint, sie
kennen ihn nicht, jedenfalls ließ sich keiner etwas anmerken. Dasselbe gilt
wohl auch für meine Klientin, Shari Wayland, nehme ich an?«
    »Ich habe sie nie kennengelernt,
auch in den anderthalb Jahren nicht, die ich mit ihrer Schwester verheiratet
war«, sagte MacKenzie.
    »Das stellt uns vor eine
interessante Frage«, sprach ich meine Gedanken aus. »Wieso hat aber Alysia ihn
nicht wiedererkannt? Oder wieso hat sie so getan, als kenne sie ihn nicht?«
    »Eins steht jedenfalls fest,
Danny.« Er zuckte die Schultern. »Jetzt ist’s zu spät, sie danach zu fragen.«
    Die Fahrt von MacKenzie zum
Baubüro der Strategie Development Corporation dauerte zehn Minuten. Die
unansehnliche blonde Empfangsdame, die einen bösen Schnupfen hatte, schnüffelte
meinen Namen in ein Telefon, und dann schnüffelte sie, Mr. Stanger erwarte
mich, bitte. Der nervöse Blick ihrer wässerigen Augen verriet, daß sie in mir
einen Prozeßbevollmächtigten sah. Stangers Büro war geräumig und von
verblichener Eleganz, als ob die Firma vor einem halben Jahr zu sparen begonnen
und seither hier niemand mehr geputzt und Staub gewischt habe.
    »Hallo, Boyd«, sprach das
menschliche Skelett mit dem schnarrenden Bariton. »Wissen Sie, ich hatte mir
gerade selber so gut wie eingeredet, daß Sie nur Teil eines bösen Traums waren,
unter dem ich in New York gelitten habe — und nun müssen Sie
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