Das Begraebnis des Paten
heftig am Tischtuch, dass er das ganze Geschirr samt Fischsuppe abbekam. Die Kerze flog gegen die Vorhänge, die fingen Feuer, genau wie die Zeitungen, die auf der Nähmaschine lagen, und plötzlich stand die ganze Küche in Flammen. Zum Glück kam die Oma auf die Idee, den Jungen aus der Küche zu zerren und die Tür zu schließen und dann die Feuerwehr anzurufen. Erst danach sind sie ins Treppenhaus. Im nächsten Moment war die Küchentür hin, weil unten einer die Haustür aufmachte und Zugluft durchs Treppenhaus und die Wohnung ging.«
»Darf ich mit Valto reden?«
»Nein«, sagte Leila. »Das werde ich dir nie verzeihen.«
»Aber du, hab ich nicht ...«
Leila brach das Gespräch ab und meldete sich danach nicht mehr. Allu legte das Handy in den Schoß und starrte aus der Windschutzscheibe.
Die einsamen Lichter entlang der Straße sahen trostlos aus. Durch den Nebel hatten sie einen Heiligenschein, sie wurden beim Näherkommen größer und blieben dann – wusch! – in der Dunkelheit zurück.
Erloschen für immer.
Das war es dann. Einfach so. Bloß weil er einmal ein kleines bisschen Mist gebaut hatte. Keine Gnade. Nicht mal ein Abschiedswort.
»Probleme?«, fragte Jarkka.
Allu schüttelte den Kopf.
»Das ist der Weltuntergang.«
27
Hurme lag in seinem Büro im Ledersessel, Hölttä deckte ihn mit der Chefbomberjacke zu. Endlich schlief er, nach all den Wahnvorstellungen, dem Gelaber und Geschimpfe, den Aggressionen, Krämpfen und Atempausen. Jetzt würde er lange schlafen, mindestens bis Mittag.
Hölttä musste grinsen. Hurme hatte sich zwar über die Wirkungslosigkeit des Stoffs, den er sich in die Vene gejagt hatte, gewundert, aber er war nicht auf die Idee gekommen, dass Hölttä das Speed gegen Kristallzucker ausgetauscht haben könnte.
Die Rolle des Dummkopfs hatte ihre Vorteile. Und wenn man fett war, eine Brille trug und schüchtern in seinen Bart lächeln konnte, war diese Rolle leicht zu spielen. Dicke wurden für gemütlich gehalten, und wer aussah wie der Weihnachtsmann, der musste ein lieber Kerl sein.
Leder und Liima kämen allerdings nicht mehr auf die Idee, Hölttä für gemütlich zu halten. Allerdings würden die beiden auch eine Zeitlang keinen Ärger machen. Außer den Fingern hatten sie so viel Blut verloren, dass sie nur mit Glück überlebt hatten. Hölttä hatte ihnen empfohlen, reichlich Blutblinsen und Schwarzwurst zu essen.
»Ihr könnt euch ja ein paar Würstchen als Ersatzfinger ankleben«, hatte er gemeint, als die Jungs über ihr Schicksal jammerten, während sie den Küchenfußboden wischten. »Und ein Cocktailwürstchen als neuen Schwanz, falls euch der auch zufällig abhanden gekommen sein sollte.«
Hölttä war schon fast bis zur Tür des Chefbüros geschlichen, als irgendwo unter Hurmes Jacke »Amerika« von Rammstein aus dem Handy dröhnte. Jetzt hatte es Hölttä eilig.
Er musste die Hand in Hurmes Hosentasche schieben und hoffte inständig, dass der Boss davon nicht aufwachte. Hölttä war zwar ein alter Boxer und hatte die Disziplin damals in Pori ziemlich lange ausgeübt, bis Autos, Frauen und Alkohol den Sieg davongetragen hatten. Aber wenn Hurme breit war, verfügte er über die Kräfte von zwei Männern, und die waren beide einsneunundneunzig große Freistilringer.
Hurme änderte die Haltung. Hölttäs Hand blieb stecken, aber es gelang ihm, sie wieder freizubekommen. Das Handy zog er mit heraus, der Rand von Hurmes Hosentasche riss dabei ein Stück ein. Der Mann selbst schlief weiter. Hölttä deckte ihn wieder zu und meldete sich gleichzeitig am Apparat.
»Ja?«
»Allu hier, hallo. Bist du das, Hurme?«
»Ja.«
»Du klingst wie Hölttä.«
»Hurme ist gerade eingepennt. Ich trau mich nicht, ihn zu wecken.«
»Wenn er aufwacht, sag ihm, Orivesi ist geklärt.«
»Und dann?«
»Nichts weiter. Wir ... ich mache morgen weiter.«
»Okay.«
»Was?«
»Okay«, sagte Hölttä etwas lauter.
Sofort machte der Boss eine unruhige Bewegung. Die Jacke fiel auf den Boden. Hölttä beendete das Gespräch, schaltete das Handy seines Chefs aus und legte es auf den Tisch. Dann deckte er den Schlafenden noch einmal zu.
In Bestform hätte Hurme nie im Leben einen Amateur wie Allu für so einen wichtigen Job engagiert. Oder überhaupt für etwas. Das stand fest.
Andererseits war es schwierig, ordentliches Fußvolk zu finden. Die Cleveren wirtschafteten in die eigene Tasche und beschissen ihre Vorgesetzten. Die Dummen wiederum stellten eine Gefahr für alle
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