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Das Bernsteinzimmer

Das Bernsteinzimmer

Titel: Das Bernsteinzimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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angestellt?!«
    »Zur Zeit lebe ich in einem Niemandsland.«
    »In Deutschland leben Sie!« schrie Müller-Gießen und wurde rot im Gesicht. »Wo wir sind, ist Deutschland! Das werden Sie noch begreifen lernen.« Er atmete tief ein. »Sie verwalten das Bernsteinzimmer? Na gut, werde ich nachforschen. Das Zimmer wird in den nächsten Tagen ausgebaut.«
    »Von wem?«
    »Das geht Sie einen Scheißdreck an, Mann!«

»Aber ich weiß es, Herr Major: Das Sonderkommando des AA …«
    Es war ein Hieb, der saß. Genau in die Magengrube von Müller-Gießen. Die anderen Herren hatten sich umgedreht und verfolgten interessiert die Auseinandersetzung ihres Chefs mit diesem schäbig gekleideten Zivilisten.
    »Ist das sicher?« bellte Müller-Gießen.
    »Ein Herr Dr. Wollters, Rittmeister Wollters, ließ das verlauten.«
    »Wollters. Ausgerechnet Wollters!« schrie Müller-Gießen. Gegen diesen Namen war er allergisch. Bauchschmerzen bekam er, wenn er an ihn dachte. Schon siebenmal war Dr. Wollters schneller gewesen als Müller-Gießen, und immer hatte er von Reichsleiter Martin Bormann recht bekommen. Gegen Bormann kam keiner an, am wenigsten Rosenberg. Es gab eine Reihe von hohen Parteigenossen, die Bormann, nach außen hin immer höflich, innerlich aber für sich abhakte: Neben Rosenberg war das vor allem auch Josef Goebbels. Aber jetzt, hier beim Bernsteinzimmer, wollte Müller-Gießen Sieger bleiben. Er brauchte nur einige Lastwagen, vielleicht 20 oder 22 Stück … und das war ein Problem, das er im Augenblick noch nicht lösen konnte. Aber das AA auch nicht, das war sicher. Zwanzig Lastwagen zu bekommen, um Kunstschätze zu transportieren, war ebenso schwierig wie der Abbau der Deckengemälde.
    »Was hat Wollters noch zu Ihnen gesagt?« Müller-Gießen sprach den Namen so voller Ekel aus, als wollte er sich jeden Augenblick erbrechen.
    »Nichts.«
    »Termine?«
    »Keine. Nur: So schnell wie möglich.«
    »Das ›wie möglich‹ beruhigt mich etwas. Er kann auch nicht zaubern.«
    »Die Männer von Ribbentrop hatten ein Schreiben aus dem Führerhauptquartier bei sich. Auf Veranlassung von Bormann –«
    »O Scheiße! Scheiße!« Müller-Gießen schlug erregt die Fäuste gegeneinander. Die anderen Herren zogen betretene Gesichter. Wiederholte sich zum achtenmal der Wettlauf der beiden Kunstsammler? »Wie rief Richard III. bei der Schlacht von Bosworth? ›Ein Pferd! Ein Pferd! Ein Königreich für ein Pferd!‹ Ich brauche kein Pferd … ich brauche zwanzig Lastwagen! Meine Herren, wir werden doch noch für den Führer zwanzig Lastwagen auftreiben können!«
    Es zeigte sich, daß Müller-Gießen die Lage unterschätzt hatte. Schon bei General von Kortte blitzte er eiskalt ab. Als Müller-Gießen zu ihm sagte, er brauche sofort, sofort betonte er noch einmal, zwanzig Lkws, sah ihn von Kortte fast mitleidig an und tippte sich dann an die Stirn.
    »Herr Major, Sie spinnen«, sagte er abgehackt.
    »Ihr Armeekorps wird doch wohl zwanzig Wagen haben.«
    »Zum Munitionstransport. Für Verpflegung, Nachschub, zur schnellen Verlegung von Truppen an die Front, zum Rücktransport von Verwundeten … aber doch nicht für Wände aus Bernstein!«
    »Es handelt sich um Besitztümer des Führers!«
    »Dann soll der Führer mir persönlich einen Befehl dazu geben.«
    »Herr Reichsleiter Rosenberg –«
    »Mein Vorgesetzter ist der Kommandierende der Armee und der Oberbefehlshaber der Wehrmacht.«
    »Unser Sonderauftrag ist klar umrissen, Herr General.«
    »Das kann ich nicht entscheiden. Wenden Sie sich an den Oberbefehlshaber der 18. Armee, Generaloberst von Küchler. Wenn es Lkws gibt, dann nur mit seiner Genehmigung.«
    »Das heißt: Sie wollen nicht?«
    »Ich kann nicht.« Von Korttes Stimme schwamm in Ironie. Es tat ihm in der Seele gut, Müller-Gießen ebenso abfahren zu lassen wie diesen hochnäsigen Dr. Wollters. »Als Akademiker sollten Sie den Unterschied zwischen Können und Wollen verstehen. Ich bedaure, Herr Major.«
    Damit war Müller-Gießen entlassen. Er stand stramm, grüßte kurz und verließ wutschnaubend das Chinesische Zimmer. Auf dem breiten Flur, wo seine Herren warteten, machte er sich Luft.
    »So ein Fatzke!« schrie er. »So ein Saboteur! Als ob wir Scheißhaufen wären! Das gibt eine Meldung an den Reichsleiter, das kann ich Ihnen sagen. Diesem Kortte werden noch die Augen überlaufen! Da werden sich jetzt andere Stellen um ihn kümmern! Ha, der kennt uns noch nicht.« Er winkte. »Gehen wir, meine Herren.« Er sah

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