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Das Bernsteinzimmer

Das Bernsteinzimmer

Titel: Das Bernsteinzimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Väterchen?«
    »Beim Abnehmen der Vertäfelungen werde ich ihnen helfen. Beim Einpacken, beim Verladen … nichts darf mehr beschädigt werden. Es ist schon genug zerstört worden.«
    »Wenn sie dich noch an das Zimmer lassen …«
    »Mit Dr. Runnefeldt werde ich sprechen. Der General sagt, er hat mehr zu sagen als Rittmeister Wollters.« Er blickte wieder hinunter auf die Wagen und starrte auf den Mann in der SS-Uniform. Der hatte die Beine etwas gespreizt, den Kopf in den Nacken gelegt und betrachtete die herrliche Fassade des Palastes. Man sah ihm an, daß er von diesem Anblick überwältigt war. »Ich glaube, mit ihm kann man sprechen. Er hat gute Augen.«
    »Ein SS-Offizier …?«
    »Es gibt auch Tiger, die man streicheln kann.« Wachter trat vom Fenster der ›Tabaksdose‹ zurück. »Ich gehe hinunter und begrüße sie. Alle müssen wissen, daß ich genauso zum Bernsteinzimmer gehöre wie eine der geschnitzten Rosen oder Rosetten.«
    Wachter zog seinen Rock an, streichelte der bleichen Jana Petrowna über das nervös zuckende Gesicht und verließ schnell das kleine Email-Zimmer.
    General von Haldenberge hatte unterdessen die Herren vom AA empfangen, überflog kurz ihre Legitimationen und bot ihnen Platz auf den mit kostbaren Perlmuttbildern verzierten chinesischen Stühlen.
    »Sie wurden mir schon vom Armeestab angekündigt«, sagte er. »So schnell habe ich Sie nicht erwartet. Sind Sie auf einer Kanonenkugel wie weiland Münchhausen geritten?«
    Dr. Runnefeldt lachte. Dr. Wollters verzog keine Miene. Er, der Humorlose, sah darin gar keinen Witz, eher eine perfide Anspielung auf seinen Titel Rittmeister. Erst dieser von Kortte, jetzt dieser von Haldenberge … ausgerechnet in der Generalität gibt es eine Menge solcher Typen!
    »Jeder Tag ist wichtig!« sagte er deshalb mit dem gebotenen Ernst. »Puschkin liegt im Kampfgebiet, da kann allerhand passieren.«
    »Wie wahr und scharf beobachtet.« Von Haldenberge bot Zigaretten an. Wollters lehnte ab, Dr. Runnefeldt griff mit geradezu süchtiger Gier zu. »Wo geschossen wird, kann was passieren.« Der Spott war so dick, daß Wollters sich wie verhöhnt vorkam. »Sie fangen sofort an?«
    »Ja. Morgen schon, Herr General.«
    »Wieviel Hilfskräfte brauchen Sie?«
    »Ein paar nur.« Dr. Runnefeldt rauchte drei tiefe Züge, inhalierte den Rauch und stieß ihn dann stoßweise aus. »Zuviel stehen sich im Weg. Sechs, höchstens zehn Mann. Männer mit Gefühl in den Händen. Das ist eine diffizile Arbeit. Da braucht man Fingerspitzengefühl. Vielleicht haben Sie sogar Künstler in ihrer Truppe?«
    »Das läßt sich feststellen. Auch in den Lazaretten lasse ich nachfragen. Bestimmt haben wir Künstler hier. Es wird aber länger als einen Tag dauern.«
    Wollters wollte schon fragen, wieso man mehr als einen Tag dafür brauchte, aber Dr. Runnefeldt schnitt ihm vorher das Wort ab. »Wir werden uns unterdessen mit dem Bernsteinzimmer befassen und die Verkleidungen entfernen lassen. Dazu brauchen wir keine Fachleute.« Er warf einen schnellen Blick zur Seite. »Sie wollten auch etwas sagen, Herr Rittmeister?«
    »Nein!« Wollters schob das eckige Kinn vor. Er war beleidigt. Was bildet sich dieser Sonderführer ein, dachte er wütend. Sonderführer … noch nicht mal ein Offizier! Ein neugeschaffener Dienstgrad, um auch ewige Zivilisten in die Ehre zu versetzen, eine Uniform zu tragen. Eine Beleidigung für jeden Offizier. Für jeden ehemaligen Kadetten. Und so einer will hier kommandieren? Spielt sich auf und bläht sich wie ein Puter?! In der Tasche schleppt er einen Führerbefehl herum – wenn schon, das berechtigt ihn zwar zu Aktionen, die von oberster Stelle abgesegnet sind, aber es berechtigt ihn nicht dazu, einen Rittmeister wie einen Stallburschen zu behandeln.
    Eine Ordonnanz brachte auf einem Tablett Kaffee und Gebäck. Silberne Kannen, zartes Meißner Porzellan, blanke silberne Bestecke. Besitz der Zarin Elisabeth … die Zimmer waren voll davon.
    Dr. Wollters nahm seinen Kaffeelöffel und führte ihn an die Augen. Dann drehte er die Tasse herum und sah die gekreuzten Schwerter. Wirklich, echtes altes Meißen.
    »Und die Kannen stammen aus der besten Silberschmiede von Petersburg«, sagte von Haldenberge mokant und klemmte sein Monokel ins Auge. »Sie sollen schon Zar Peter dem Großen gehört haben.«
    Geht auch mit, dachte Dr. Wollters, ohne auf die Bemerkung des Generals einzugehen. Alles geht mit: die Ikonen, das Silber, die Edelsteinsammlung, die aus Gold,

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