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Das Bernsteinzimmer

Das Bernsteinzimmer

Titel: Das Bernsteinzimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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wartete, daß jemand sie anhielt und kontrollierte, aber keiner beachtete sie, nur ein paar Landser, vom Heimaturlaub zurückkommend, gingen grinsend an ihr vorbei, beladen mit Freßpaketen von Muttern oder Ehefrauen.
    Ein paar Minuten blieb Jana an der Säule stehen und ließ ihr heftiges Herzklopfen ausklingen. Geschafft. Bis hierher geschafft. Ich bin in Königsberg! Sie sah hinüber zu den Bahnsteigsperren, wo ›Kettenhunde‹ jeden Reisenden kontrollierten und die Ausweise durchsahen, und sie war froh, nicht mit der Bahn gefahren zu sein. Sie wäre ohne Papiere nie durch die Sperren gekommen. Für die Zivilisten genügte eine Fahrkarte, aber jeder Uniformträger mußte sich ausweisen. War die Schwesterntracht eine Uniform? Sie wußte es nicht. Nur schnell weg von hier, dachte sie. Untertauchen wie in Puschkin. Königsberg war eine große, von Menschen wimmelnde Stadt, und irgendwo in diesem Häusermeer mußte es doch ein Versteck für sie geben.
    Sie nahm ihre Wachstuchtasche in die Hand, ging durch die große Bahnhofshalle und hielt einen Bahnbeamten an, der um seine Mütze ein Band mit der Aufschrift Auskunft trug.
    »Wo soll's denn hingehen, Schwester?« fragte der Mann. Es war ein alter Beamter, älter als Michael Wachter. »Nach Osten oder Westen?«
    »Wie komme ich zum Städtischen Krankenhaus?«
    »Mit der Straßenbahn. Linie eins. Aber die fährt erst ab fünf Uhr. Jetzt ist es erst kurz vor eins.«
    »Und zu Fuß?«
    »Da sind Sie ne ganze Zeit unterwegs. Und dann mit der schweren Tasche. Aber vielleicht nimmt Sie ein Wehrmachtswagen mit. Ich würde mich mal draußen umsehen.«
    »Danke.«
    »Gern geschehen, Schwester.«
    Sie blieb stehen, bis der Bahnbeamte in der Menschenmenge verschwunden war, las dann die Hinweisschilder und entschloß sich, dem Pfeil zu folgen, der sie Zu den Wartesälen wies.
    Es gab zwei davon, einen der ersten Klasse und einen der zweiten Klasse. Sie blickte durch die breite Glastür in die erste Klasse, sah, daß neben einigen Zivilisten vor allem Offiziere an den Tischen saßen und entschloß sich, in die II. Klasse zu gehen. Hier war die Gefahr, angesprochen zu werden, geringer als bei den Offizieren.
    Im Wartesaal II stauten sich die Reisenden und Wartenden. Selbst um diese Nachtzeit waren alle Stühle und Tische besetzt, an den Wänden hockten die Landser auf dem Fußboden oder lagen sogar und schliefen trotz des Lärms, die Tornister als Kopfkissen untergeschoben. Nirgendwo war mehr ein Platz, und obwohl man bemerkte, wie sich die Rote-Kreuz-Schwester umsah und suchte, stand niemand auf und bot ihr seinen Stuhl an. Fast fünf Stunden an der Wand stehen? Mit einem Achselzucken suchte sich Jana Petrowna ein Stück Wand, stellte ihre Tasche vor die Füße und lehnte sich an. Ein Landser, der neben ihr auf dem Boden saß und eine fürchterlich stinkende Selbstgedrehte rauchte, blickte zu ihr hinauf.
    »Wo wollen Sie denn hin, Schwester?« fragte er. Er war ein älterer Mann, der an der linken Rockseite das silberne Verwundetenabzeichen trug. Ein Ordensbändchen im Knopfloch wies ihn als Träger des EK II aus.
    »Mit der Straßenbahn in die Stadt. Aber die erste Bahn fährt erst um fünf Uhr.«
    »Und so lange wollen Sie hier herumstehen?«
    »Was soll ich sonst tun?«
    »Erster Klasse ist auch voll?«
    »Da sind mir zuviel Offiziere.«
    »Ach so.« Der Landser grinste verständnisvoll. »Warum gehen Sie nicht in die Bahnhofsmission?«
    »Bahnhofsmission?« fragte Jana verblüfft.
    »Noch nie was davon gehört? Eure Ausbildung wird auch immer schlechter. Schnellkurs … und dann hopp-hopp, in die Lazarette, was? In der Bahnhofsmission sind Sie richtig. Alles Schwestern, vor allem braune Schwestern … die nehmen Sie bestimmt auf.«
    »Danke.« Jana Petrowna hob ihre Tasche wieder hoch, nickte dem Landser zum Abschied zu und verließ den Wartesaal.
    In der Halle sah sie sich um, fand den Hinweis Bahnhofsmission und blieb dann vor einer Tür stehen, durch die unaufhörlich Mädchen in einer ihr fremden Schwesterntracht aus und ein gingen, Leichtverwundete herausgeführt oder von Schwestern gebracht wurden. Soll ich? fragte sie sich. Was werden sie mich fragen? Werden sie glauben, was ich ihnen erzähle?
    Allen Mut nahm sie zusammen, umkrampfte die Griffe ihrer Wachstuchtasche und betrat nach einem Soldaten mit einem Kopfverband den ersten Raum. Der Geruch von Bohnensuppe schlug ihr entgegen. In einer Ecke stand ein großer emaillierter Kochkessel, aus dem eine Schwester mit

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