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Das Bernsteinzimmer

Das Bernsteinzimmer

Titel: Das Bernsteinzimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Solotwin, daß er bewaffnet war. Von der Straße her erklang jetzt Hämmern und lautes Stimmengewirr. Wechajew ließ den Wagen mit der gebrochenen Achse mit Wagenhebern aufbocken. Langsam kam der Deutsche auf Viktor Janissowitsch zu, die Hände im Nacken gefaltet, kletterte den Hang des Grabens hoch und blieb an seinem Rand stehen. Solotwin winkte ihm energisch zu.
    »Hierher! Zier dich nicht, Kerlchen. Zu Ende ist für dich der Krieg … wenn man dich leben läßt.«
    Der Deutsche nickte, was bewies, daß er Russisch verstand, kam näher, und jetzt erst erkannte Solotwin mit ungläubigem Blick, daß der deutsche Soldat unter dem Mantel keine Hosen, sondern einen Rock trug, daß seine Haare bis auf die Schultern fielen und das Gesicht unter den Haarsträhnen vor den Augen mehr einer Frau glich als einem Mann.
    Viktor Janissowitsch trat hinter seinem Baumstamm hervor, das Taschenmesser noch immer in der Hand, schüttelte den Kopf und wartete, bis dieses deutsche Rätsel drei Schritte vor ihm stehenblieb. Wieder musterte er die Gestalt von oben bis unten, erkannte ein blauweiß gestreiftes Kleid mit einer weißen, jetzt aber völlig verdreckten Schürze und vorn am Hals eine runde Brosche mit einem deutlichen roten Kreuz darauf.
    »Na, sieh einer an!« sagte Solotwin und senkte sein Taschenmesser. »Ein schmutziges Schwänchen! Und russisch kann es! Und als Schwester verkleidet es sich! Ihr seid schon eine Bande, ihr deutschen Spione!« – »Ich bin kein Spion«, sagte das Mädchen in einem guten Russisch.
    Solotwin grinste breit und nickte mehrmals. »Aber man spricht, als habe man russische Muttermilch getrunken. Was machst du da in der Erdhöhle? Warum hast du sie gegraben?«
    »Ich warte auf die Deutschen, Rotarmist.«
    »Aha! Aha!« Solotwin war zufrieden. Ein Geständnis war das. Eine Spionin hatte er entdeckt und gefangengenommen. So einfach im Vorübergehen, bei der Suche nach einem guten Platz zum Scheißen. Die Augen muß man offenhalten, wo immer man geht. Das ist es, Genossen. Jetzt wird es eine Belobigung geben, vielleicht sogar einen Orden oder eine Beförderung zum Gefreiten. Es kam darauf an, wie wichtig diese Spionin für die Sowjetunion war.
    Unterleutnant Wechajew machte ebenfalls große runde Augen, als Viktor Janissowitsch mit einem deutschen Soldaten aus dem Wald kam, schrie sofort: »Feind bei uns!« und griff nach seiner Pistole. Aber schneller als Solotwin sah er Kleid und Schürze, erkannte daran eine Frau und zeigte mit geballter Faust auf sie.
    »Was ist das?« brüllte er.
    »Eine deutsche Spionin!« meldete Solotwin stramm. »In einer Erdhöhle hauste sie. Entdeckt habe ich sie in einem Graben …«
    »Und sie lebt noch, ty maschonka ? !«
    Soll man das übersetzen? Besser nicht. Wer hätte von Wechajew je etwas anderes als ein übelstes Schimpfwort erwartet?
    Solotwin errötete leicht, schämte sich vor dem Mädchen, auch wenn es eine Feindin war, und senkte den Kopf.
    »Waffenlos bin ich, Genosse«, sagte er bedrückt. »Hab nur ein Taschenmesser bei mir.«
    »Und das genügt nicht, ty wetry !« Viktor Janissowitsch errötete noch mehr, als er sich jetzt einen Furz genannt hörte. »Und mit zehn Fingern kann man würgen, Soldat Solotwin! Geht mit einer deutschen Spionin spazieren, was sagt man dazu? Will sie wohl haben und abreiben und dann ficken?« Er holte tief Atem, ignorierte, daß das Mädchen aus einem Riß über der linken Schläfe blutete, den sie sich beim Hinauskriechen aus der Höhle geholt hatte, und sagte dann grob, seine Pistole aus dem Futteral holend: »Kein Grund, lange zu diskutieren …«
    »Ich bin keine Spionin«, sagte das Mädchen noch einmal. Mit weiten Augen starrte sie in die Mündung von Wechajews Pistole, die genau auf ihre Stirn zielte. Nur ein leichtes Fingerkrümmen trennte sie jetzt noch von der ewigen Nacht. »Einen Offizier will ich sprechen.«
    »Einen Offizier!« äffte Wechajew ihr nach. »So einfach einen Offizier sprechen, als kaufe man ein auf dem Markt. Was soll's denn sein, mein Täubchen, vielleicht einen Major oder einen Oberst oder gar einen General? Alles haben wir im Körbchen. Bedien dich.«
    »Ein General wäre das richtige«, antwortete sie. »Bringt mich zu eurem General.«
    »Welch ein Glück, daß wir einen General sogar in der Nähe haben.« Eisiger Spott beherrschte Wechajews Stimme. »Wünschen das Hürchen eine gutgefederte Limousine? – Umdrehen! Umdrehen, sag ich!«
    Das Mädchen blieb so stehen, wie es war. Umdrehen … das

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