Das Beste aus 40 Jahren
ihrer Wohnung umher. Der Kopf schmerzte. Sie fühlte sich wie leergebrannt. Die Gedanken an Adrian suchte sie zu verdrängen. Wenn erst einmal der Damm brach, würde sie die Tränenflut nicht mehr halten können.
Entsprechend schlecht war die Nacht. Die Schlaflosigkeit hatte Zeichen in ihrem Gesicht hinterlassen. Als am Morgen die Türglocke läutete, richtete sie sich steif auf. Konnte es Adrian sein? Sie würde nicht öffnen. Nein, sie war noch nicht gefasst genug, um ihm gegenüberzustehen. Das ständige Läuten ging ihr auf die Nerven. Sie hielt es nicht länger aus und öffnete. Jason stand vor der Tür.
„Wo ist sie?“, fragte er barsch, schob Nina zur Seite und ging durch die Wohnung.
Verdutzt lief Nina hinter ihm her. „Tracy?“
„Doch nicht Tracy. Ich suche Judith.“
„Wie Sie sehen, ist sie nicht da.“
„Wissen Sie, wo sie ist?“, fragte er ungeduldig.
„Wahrscheinlich in ihrer Wohnung.“
„Da habe ich es schon versucht. Wie ich feststellen konnte, war sie die ganze Nacht nicht zu Hause.“
„Woher wissen Sie das?“
„Ich habe einen Schlüssel. Sie sind doch ihre Schwester. Sie müssten doch wissen, wo sie sich aufhält?“
„Sie sind ihr Liebhaber, wissen Sie es denn nicht?“, erwiderte Nina wütend.
Seine Finger bohrten sich in ihren Arm. „Werden Sie nicht frech, Nina. Ich habe nicht viel Zeit, konnte nur schnell einmal fort, weil Tracy schläft und Adrian zum Umziehen in seine Wohnung gefahren ist. Wenn ich nicht rechtzeitig zurück bin …“
„Dreht er Ihnen den Hals um“, bemerkte Nina trocken.
Er zog eine Grimasse.
„Also, wo ist Judith?“
„Hören Sie doch auf. Ich habe wirklich keine Ahnung. Ich glaube auch nicht, dass sie zu mir kommen wird.“
„Mal wieder die prüde Schwester gespielt, wie?“
„Nehmen Sie endlich Ihre Hand weg“, forderte sie kühl.
Er ließ sie so abrupt los, dass sie fast gefallen wäre. Seine Miene verfinsterte sich. „Ich hätte mich nie mit Judith einlassen sollen“, sagte er halb zu sich selbst. „Ich hätte wissen müssen, dass es Schwierigkeiten mit ihr gibt. Aber ich kann es ohne sie nicht aushalten. Ich bin wie besessen von ihr.“
„Und Ihre Frau?“
„Die liebe ich.“
„Dann haben Sie aber eine seltsame Art, es ihr zu zeigen“, spottete Nina. War dieser Mann wirklich so kritiklos gegen sich selbst? Konnte er andere Frauen nicht in Ruhe lassen?
„Das geht Sie gar nichts an.“
„Wer sagt Ihnen das? Es geht mich sogar sehr viel an. Sie und Judith haben mich in diese Sache hineingezogen.“
„Und Adrian?“, fragte er unverschämt. „Hat er Sie nicht auch hineingezogen?“
Nina wandte sich ab. „Meine Verbindung zu Adrian hat nichts mit Ihnen zu tun.“
„Eine Verbindung wird es kaum noch geben. Adrian kennt kein Pardon, wenn er wütend ist.“
„Das müssen Sie ja wissen.“
„Oh ja, Nina, und Sie auch, nehme ich an.“
Nina bekam einen schmalen Mund, wünschte aber nicht, mit Jason darüber zu diskutieren. „Warum wollen Sie Judith überhaupt sehen?“
„Na, was meinen Sie wohl?“ Sein Gesicht wurde hart. „Die dumme Gans hat mir alles verdorben – sie ist bei Tracy gewesen und hat ihr alles erzählt.“
„Sie wollen also bei Tracy bleiben?“
„Selbstverständlich. Es sei denn“, fügte er dreist hinzu, „Judith könnte mir den Komfort bieten, den ich gewöhnt bin. Aber das kann sie nicht.“
Nina fühlte Mitleid mit Tracy, aber auch Judith tat ihr leid. Jason Dillman war ein rücksichtsloser Egoist. Es war ihr unbegreiflich, wie ihn eine Frau lieben konnte, ganz zu schweigen von zwei Frauen.
Jason lächelte boshaft. „Schauen Sie nicht so geschockt drein, Nina, Sie sind auf Ihre Weise nicht besser als ich. Armer Adrian“, spottete er, „was für ein Schlag gegen sein Selbstgefühl. Auch Sie haben nur sein Geld im Auge.“
Nina stand kerzengerade vor ihm, die Hände gewaltsam aneinandergepresst. Ihre Stimme zitterte vor Anstrengung, sich zu beherrschen.
„Gehen Sie, aber schnell.“
„Keine Angst, ich gehe schon. Wenn Sie Judith sehen sollten …“
„… sage ich ihr, dass Sie sie suchen“, fiel ihm Nina ins Wort. „Sie können ihr noch mehr sagen. Sagen Sie ihr, sie soll mich in Zukunft in Ruhe lassen. Es ist aus zwischen uns.“
Nina drehte sich um. „Diese schmutzige Arbeit werde ich Ihnen nicht abnehmen, Mr Dillman. Das ist Ihre Sache. Und jetzt – hinaus mit Ihnen!“
„Schon gut, Miss Faulkner, keine Aufregung. Ich werde es ihr selber sagen. Leben Sie
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