Das Beste aus 40 Jahren
sagte er fragend, „was denkst du jetzt?“
Dianne schüttelte den Kopf. „Nichts“, erwiderte sie aufrichtig, im Augenblick nicht imstande, auch nur einen vernünftigen Gedanken zu fassen. Seine Nähe machte sie nervös. Sie riss die Tür auf, stieg aus und fröstelte leicht in der nächtlichen Kühle. Es war hier viel frischer als in den engen Straßen von Arles. Der Wind pfiff unheimlich über die Ebene, die Luft schmeckte nach Salz und wirkte belebend.
Manoel stieg gleichfalls aus, und ein paar Minuten lang blickten sie schweigend zu der dunklen Masse der felsigen Bergkette hin, über der im seidigen Himmel die ersten Sterne glänzten. Dann wandte Manoel den Blick ihr zu, und plötzlich fröstelte sie nicht mehr vor Kälte, sondern vor Angst.
„Warum bist du zu mir gekommen?“, fragte er gepresst. „Warum musstest du hierher zurückkommen?“
Seine Augen funkelten sonderbar, und sie wich ein paar Schritte zurück, wobei sie auf der holperigen Straße beinahe ausglitt. „Du weißt, warum“, erwiderte sie leise.
Manoel murmelte eine Verwünschung. „Nein!“, stieß er leidenschaftlich hervor, „nein, ich weiß es nicht! Du sagst, du brauchst Geld, und weigerst dich gleichzeitig, mir zu sagen, wofür du es brauchst. Du erwartest, dass ich dir helfe, tust aber so, als hätte ich, wenn ich dir helfe, überhaupt keine Rechte.“
Dianne blickte über die Schulter zu ihm auf. „Mach es mir doch nicht so schwer!“, rief sie hilflos. „Damals warst du sehr schnell bereit, mir Geld anzubieten.“
Manoels Miene verdüsterte sich. „Was meinst du damit?“
Dianne schüttelte den Kopf. „Ist das noch wichtig?“ Unglücklich stieß sie mit der Fußspitze einen Stein vor sich her. „Warum hast du mich hierhergebracht? Warum bist du noch einmal gekommen? Wirst du mir helfen?“
Manoel sah sie ungeduldig an und fuhr sich mit der Hand durch das dichte Haar, das ihm tief in den Nacken wuchs. „Ich – kam, weil ich eine Einladung für dich habe. Gemma möchte dich sehen.“
„Was?“ Diannes Augen weiteten sich ungläubig. „Aber – woher weiß Gemma denn, dass ich hier bin?“
„Woher weiß Gemma alles?“ Seine grauen Augen wurden noch dunkler. „Du meine Güte, ich nehme an, Louise hat es ihr erzählt. Ist das wichtig? Wirst du kommen?“
Dianne holte tief Luft. „Ich – ich glaube nicht. Deine Mutter will mich nicht im Haus haben. Wem sollte es etwas nützen? Außerdem würde deine Frau –“
Manoel packte mit einem grausamen Griff ihr Handgelenk. „Meine Frau? Was für eine Frau? Ich habe keine Frau – noch nicht.“
Diannes Brust hob und senkte sich im Rhythmus ihrer hastigen Atemzüge. „Nun, Louise erzählte mir – von Yvonnes Unfall. Sie – sie sagte, Yvonne lebte bei dir auf dem Mas –“
Manoel starrte finster auf sie herunter, sein Blick war kalt und abweisend hart. „Yvonne lebt auf dem Mas. Sie ist ein hilfloser Krüppel. Ihre Mutter ist tot. Wo könnte sie sonst leben? Aber meine Frau ist sie nicht.“
Ein heftiges Beben erschütterte Dianne. Dann, als seine Hand die ihre noch fester umspannte, wimmerte sie leise. „Mein – mein Handgelenk!“, rief sie. „Du brichst mir das Handgelenk!“
Manoel starrte wie betäubt auf die rot verfärbte Haut und stieß eine Verwünschung aus. „Dieu – mein Gott, Dianne, es tut mir leid“, sagte er heiser und hob ihren Arm, um sich den Schaden zu besehen. Ihre Hand flatterte wie ein Vogel in der seinen, und seine Augen verdunkelten sich leidenschaftlich. Dianne ahnte die Gefahr, die auf sie zukam. Sie riss sich von ihm los und flüchtete hinter den Wagen.
„Ich – ich denke, wir sollten zurückfahren“, meinte sie unsicher, und Manoel wandte sich, die Hände in den Nacken legend, mit einer unendlich müden Geste von ihr ab. Unfähig, den Blick von ihm loszureißen, beobachtete Dianne ihn. Nach einer Weile ließ er die Hände sinken, er straffte die Schultern, bevor er sich wieder zu ihr umdrehte.
Ohne sie anzusehen, setzte er sich hinter das Steuer, und Dianne näherte sich auf zitternden Beinen dem Beifahrersitz. Vorsichtig stieg sie ein, vermied es ängstlich, Manoels Schenkel zu berühren, und strich sich den langen Rock glatt. Doch er beachtete sie mit keinem Blick.
Sie erwartete, dass er gleich losfahren würde. Doch obwohl seine Hände auf dem Steuer lagen, machte er keine Anstalten, den Wagen zu starten.
„Wenn du mir versprichst, zum Mas hinauszukommen und Gemma zu besuchen, bin ich bereit, dir das
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