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Das Beste aus meinem Leben

Das Beste aus meinem Leben

Titel: Das Beste aus meinem Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Axel Hacke
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Fleischklößchenholer, der beste Schnarchforscher, kurz, der beste Karlsson der Welt.
    Und Lillebror ist ein auch kleiner Mann, und Luis ist ein kleiner Mann, und ich höre die Kassette und bin irgendwie auch einer, denke jedenfalls an die Zeiten, als ich selbst vier war oder sieben und in meine Mutter verliebt war und sie heiraten wollte, obwohl sie immer verlangte, dass ich Blumenkohl aß, weil Blumenkohl gesund sei. Aber ich konnte sie nicht heiraten, weil sie schon mit meinem Vater verheiratet war, einem großen Mann, mit dem sie sich öfter abends stritt, wenn ich schon im Bett lag, aber noch wach war. Ich hörte, wie sie aus dem Haus lief und dabei rief, sie komme nie wieder. Dann stand ich am Fenster und hoffte, sie würde doch wiederkommen. Mein Vater saß allein und stumm unten im Wohnzimmer. Ich ging allein und stumm ins Bett, ein verzweifelter kleiner Mann. Erst am nächsten Morgen sah ich, dass meine Mutter wiedergekommen war.
    Das waren ungefähr die Zeiten, in denen ich von Lillebror las, der einen kleinen Mann namens Karlsson kannte, welcher ihm zeigte, wie man Dampfmaschinen zur Explosion bringt und aus sauren Drops, Himbeerbonbons, gewöhnlichen Bonbons, Schokolade und Mandelkeksen Kuckelimuck-Medizin macht. Und wie man als kleiner Mann ein Leben führen kann, von dem die Großen nichts ahnen und das sie nichts angeht.
    Daran erinnere ich mich jetzt und denke, dass man in bestimmter Hinsicht immer ein kleiner Mann bleibt, so groß man auch wird, bis man seiner Mutter auf dem Totenbett den letzten Kuss gibt. Und danach womöglich auch noch.
    Ich erinnerte mich auch daran, als ich schon frühstückte und hörte, wie Luis eines Morgens in seinem Zimmer einen Anfall hilflosen Größenwahns bekam. Er fing an, Paola herumzukommandieren, rief »Bring mir jetzt sofort meine Flasche!« und »Hol mir mein Frühstück her!«, Dinge, die heute nicht mal große Männer noch verlangen. Und Paola sagte:
    »So redet man nicht mit seiner Mutter!«
    Dann kam sie in die Küche. Luis schrie vor Wut in seinem Zimmer. Dann schlug er die Tür zu. Dann kam er in die Küche, setzte sich auf seinen Stuhl und grummelte. Als Paola noch einmal zu ihm sagte, er solle sie nicht herumkommandieren, rief er:
    »So redet man nicht mit kleinen Männern!«
    Dann lachten wir alle, und ich nahm ihn auf den Arm und sagte, heißa hopsa, sagte ich, er sei der beste kleine Mann der Welt.

Falsche Schlangen
    S chlangen mag ich nicht, Menschenschlangen meine ich. Du kommst wohin, viele Leute wollen das gleiche wie du, bilden ’ne Schlange, du stellst dich hinten an, am Schlangenarsch. Das ist schon mal blöd. Das kann ich schon mal nicht leiden. Im Supermarkt: vier Kassen, zwei geschlossen, zwei geöffnet. Zwei Schlangen – welche nehmen?
    Du zählst die Leute vor dir. Schaust in ihre Körbe. Voll? Leer? Du taxierst die Kassiererin: Langsam? Schnell? Dann die Feinheiten der Schlangenschätzung: Ist ’n Betrunkener vor dir, der nachher gar kein Geld hat oder lallend die Kassiererin beschimpft oder sein Geld nicht findet? Ist da ’ne alte Frau, die passend zahlen will und ihr verwinkeltes Portemonnaie mit gichtgekrümmten Fingern nach Münzen durchrührt, dann doch einen Schein hervorzieht und exakt in dem Moment, in dem die Kassiererin diesen Schein abgelegt hat und das Rückgabegeld bereithält, in diesem Moment also sagt: »Ach, nein, ich hab’s ja doch passend! Warten Sie, hier!« Ist so jemand vor dir? Nein?
    Dann nimmst du diese Schlange. Sie wird die schnellere sein. Dann stehst du, mählich vorrückend, schlängeläng, bist gleich dran. Aber!
    Garantiert und immer wird dem Menschen vor dir, was du bei der Schlangenfeinbeurteilung nicht erkennen konntest, garantiert und immer wird ihm zum Beispiel der Bon an seinem Wurstpaket fehlen, an seinem banalen, miesen Fettwurstpaket wird er keinen Bon haben, worauf die Kassiererin sich mit der ekelerregenden Schmierpaketwurst erhebt, zur Wursttheke geht, wo sie die abstoßende Wurstwurst erneut abwiegt, um den Preis festzustellen und einen Bon ans Papier zu tackern, ein Vorgang, für den sie garantiert und immer eine Viertelstunde braucht oder von dem sie nie zurückkehrt,
    während die Person vor dir, die unfähig genug war, nicht zu bemerken, dass an ihrer Deutschwursttüte doch der Bon fehlte, die Person also, die ihren vom übermäßigen Wurstgenuss geformten und längst zerstörten Körper vor dir in der Schlange wälzte, ohne auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, dass hinter

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