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Das Beste aus meinem Leben

Das Beste aus meinem Leben

Titel: Das Beste aus meinem Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Axel Hacke
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Polizei, die wir neulich auf dem Parkplatz gesehen haben, an der Autobahn…«
    »Ach, du meinst Zivilpolizei!!«
    »Jaaaa. Gibt’s die hier auch?«
    »Natürlich. Man kann sie aber nicht erkennen. Sie sehen aus wie normale Leute in normalen Autos, und sie stehen irgendwo herum. Wenn ein Verbrecher vorbeikommt, schwupp, verhaften sie ihn.«
    Den Rest der Fahrt blickte Luis stumm, konzentriert zum Fenster hinaus, ob er einen Zivilpolizisten sähe, der einen Verbrecher verhaftet. Und ich dachte darüber nach, wie es wäre, wenn ich mich eine Weile als Zivilpolizist ausgäbe, nur probeweise, nur für ihn, nur ein paar Wochen.

Ich kotz’ gleich
    U rlaub. Ist das nicht diese herrliche Zeit, die man frei von Arbeit mit den Seinen verbringt? In der man sich entspannt? Und wieder zu sich selbst findet?
    Aber manchmal ist man mit seiner Arbeit vor dem Urlaub nicht gut vorangekommen, so wie ich neulich, und man denkt im Urlaub weiter an sie, die Arbeit, so wie ich neulich, und man findet nicht den rechten Kontakt zu den Seinen, so wie ich neulich, und entspannt sich gar nicht, so wie ich neulich, und findet nicht zu sich selbst, weil man gar nicht recht weiß, wo und wer man eigentlich ist.
    So wie ich neulich.
    Für eine Woche waren wir aufs Land gefahren. Am zweiten Tag saßen wir beim Mittagessen, als Paola sagte: »Was ist eigentlich los? Du hast heute höchstens drei Sätze zu mir gesagt, und gestern hast du mich von dir aus überhaupt nicht ein einziges Mal angesprochen.« (Kennen Sie das, wenn eine Situation plötzlich umkippt? Wenn, von einer Sekunde auf die andere, Blei in der Luft liegt und große Gefahr droht?) Ich ließ die Gabel auf den Teller klirren und sagte: »Was ist denn jetzt schon wieder?« (Bitte, das hätte ich nicht sagen sollen, aber ich konnte nicht anders. Echt.)
    Paola: »Ich habe doch gesagt, was jetzt wieder ist. Dass wir im Urlaub sind, und du bist irgendwie nicht dabei.« Ich: »Muss ich dauernd an mir herummaulen lassen?«
    Paola: »Könntest du nicht darauf verzichten, die Gabel fallen zu lassen? Könntest du nicht sagen: ›Ja, Baby, du hast recht, ich kann irgendwie nicht reden im Moment, mir geht immerzu dies oder jenes im Kopf herum‹?«
    Ich: »Könntest du nicht mal darauf verzichten, mich zu kritisieren?«
    Ich ging hinaus, damit nichts Schlimmeres passierte. Am Nachmittag fuhren wir – die Stimmung war belastet – zum See, zwanzig Minuten Autofahrt. Die Sonne schien, der Himmel war blau, die Blumen blühten. Wir nahmen Rudi mit, Luis’ Freund. Rudi ist empfindlich, was Autofahren angeht, ihm wird schlecht dabei. Deshalb führte er ein Medikament mit sich, einen Kaugummi gegen das Kotzen. Nach einem halben Kilometer Autofahrt sagte Rudi: »Mir ist schlecht.« Paola packte einen Kaugummi aus, gab ihn Rudi, und der war’s zufrieden. Nicht hingegen Luis.
    »Ich will auch einen Kaugummi!«, rief er.
    Paola gab ihm einen von den Wrigley’s im Handschuhfach, aber den wollte Luis nicht, er wollte den gleichen wie Rudi.
    »Das geht nicht, Luis, Rudi hat nur noch einen dabei, und den brauchen wir für die Rückfahrt.«
    »Aber ich will!«
    »Nein. Außerdem ist das ein Medikament, und ein Medikament nimmt man nur, wenn man es benötigt. Rudi muss kotzen, wenn er es nicht nimmt.«
    »Ich muss auch kotzen!«, rief Luis. »Ich kotz’ gleich!«
    »Du musst nicht kotzen. Du hast noch nie im Auto gekotzt«, sagte Paola.
    »Doch, ich muss kotzen! Ich will einen Kaugummi wie Rudi! Ich kotz’ gleich!«
    Er warf sich auf seinem Kindersitz hin und her und versuchte das Fenster hinten zu öffnen.
    »Lass das Fenster zu, Luis!«, sagte ich.
    »Aber ich kotz’ gleich! Ich kotz’ gleich!«
    »Du kannst keinen Kaugummi wie Rudi bekommen, zum letzten Mal. Ich habe es dir erklärt«, sagte Paola.
    »Aber ich kotz’ gleich! Ich kotz’ gleich!« Er zerrte am Sicherheitsgurt, drohte sich abzuschnallen, wurde hysterisch, weil er wähnte, benachteiligt zu sein. Ich verlor die Nerven. Man soll die Nerven nicht verlieren in solchen Situationen, die meisten Leute verlieren sie auch nicht, aber ich verlor sie. Ich war müde, und ich konnte das Geschrei nicht ertragen. Ich brüllte was von Umkehren, Heimfahren, »versautem Tag!«. Ich fuhr aber weiter: in einem Auto, in dem nun Stille herrschte. In dem eine Frau saß, die schwer atmete, um Ruhe zu bewahren angesichts des Nervenwracks am Steuer. In dem ein Kind namens Luis saß, das in das Schweigen eines Geschockten versank. In dem ein anderes Kind namens

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