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Das Beste aus meinem Leben

Das Beste aus meinem Leben

Titel: Das Beste aus meinem Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Axel Hacke
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entzogen. Unsichtbar.
    Es ist etwas Seltsames an den Geräten um mich herum. Sie sind wie kleine, begabte Tiere, die einen Lehrer brauchen, der ihnen Kunststücke beibringt. Der dem Telefon erklärt, wie es mich zurückrufen kann, wenn der Apparat wieder frei ist, der gerade besetzt war, als ich ihn anrief. Oder der den Computer lehrt, sich nicht einfach von selbst ab- und wieder anzuschalten, sondern nur, wenn ich es will. Oder ihm sagt, wie er E-Mails empfängt, auch wenn er es vielleicht nicht möchte. Das alles ist meine Aufgabe. Ich bin bloß – wie soll ich sagen? – nicht begabt dafür. Bin kein Techniker. Ich bin wie ein Mann, der Tiere dressieren soll, ohne von Dressur das Geringste zu verstehen. Sagte ich, die Apparate ähnelten Schafen? Und ich einem Hirten? Nein, oft sind sie wie böse Löwen, die einen kenntnislosen Dompteur wartend umringen.
    Für Leute wie mich sind Hotlines erfunden worden. Kundennummern. Servicetelefone. Der Teledat USB 2a/b-Support. Da rufe ich an, wenn ich nicht weiter weiß, und ich weiß oft nicht weiter. Dann höre ich Musik. Dann sagt man mir, an welcher Position der Warteschlange ich stehe. Dann höre ich wieder Musik. Dann erfahre ich wieder meine Position in der Warteschlange. Dann höre ich Musik. Dann meldet sich ein Supporter. Dann stelle ich meine Frage. Dann verstehe ich die Antwort nicht. Dann gibt man mir eine andere Telefonnummer. Dann rufe ich dort an. Dann höre ich Musik. Dann sagt man mir, an welcher Position der Warteschlange ich stehe. Dann höre ich Musik. Dann, dann, dann. Dann verspricht man mir einen Rückruf, der nicht kommt.
    Dann rufe ich Bruno an, meinen alten Freund und Technikfreak. Ich schreie und fluche. Bruno sagt, was ich tun soll. Er fügt hinzu, ich liebte meinen Computer, das Telefon, das Fax und den Teledat USB 2a/b nicht genug. Untersuchungen hätten ergeben, dass Geräte besser funktionierten, wenn jemand sie bediene, der sie liebe. Dann versuche ich, die Geräte zu lieben.
    Dann gehen die E-Mails aus dem Computer nicht hinaus. Auf dem Bildschirm steht, ich solle mich an den Administrator des Pop3-Servers wenden. Aber wo wohnt er?
    Die Leute an den Hotlines und telefonischen Supports sind von zweierlei Art. Die einen behandeln mich wie einen Idioten, der ihr Herz rührt. Der ihnen aber nicht zuviel ihrer Zeit stehlen soll. Die anderen behandeln mich wie einen Idioten, der ihr Herz nicht rührt. Der ihnen zuviel ihrer Zeit stiehlt. Man hört den am anderen Ende der Leitung durchatmen. Man spürt, wie er ein Lachen unterdrückt. Man denkt: Sicher hat er den Lautsprecher eingeschaltet und der ganze Saal voller Supporter und Hotliner wiehert. Vielleicht fummeln sie über Leitungen an meinem Computer herum. Vielleicht zeichnen sie das Gespräch auf und lassen es später im Radio laufen.
    Ich tue, was ich kann. Ich kämpfe. Ich bin am falschen Platz. Die Geräte bräuchten einen Ingenieur. Aber ich sitze nun mal hier. Der Mensch ist dazu da, der Technik das Leben zu erleichtern. Eigentlich bin ich Schriftsteller. Und Journalist. Die Tage gehen dahin. Ich könnte mir ein besseres Leben vorstellen. Aber die Geräte brauchen mich doch. Sie haben niemand anders auf der Welt.

Große Männer – kleine Männer
    I rgendwer hat Luis eine Karlsson-vom-Dach-Kassette geschenkt, die tut er jeden Morgen in den Kinderkassettenrekorder und hört sie. Paola und ich hören sie auch. Wenn wir Luis sein Morgenmilchfläschchen bringen, hören wir sie. Wenn wir Luis anziehen, hören wir sie. Wenn wir Luis zum Frühstück rufen, hören wir sie. In den Worten Karlssons: Heißa hopsa, wir sind die besten Karlsson-vom-Dach-Hörer der Welt!
    Ich glaube nicht, dass Luis viel versteht von dem, was ihm da zu Ohren kommt. Er ist erst vier, und der Junge namens Lillebror, um den es in den Geschichten geht, ist schon sieben. Aber das stört keinen großen Geist, würde Karlsson sagen. Und darum geht es hier jetzt auch nicht.
    Hier geht es um kleine Männer. Karlsson vom Dach ist ein kleiner Mann, der beste kleine Mann der Welt, würde er selbst sagen, ein kleiner, dicker, sehr selbstbewusster Mann in den besten Jahren, der von Astrid Lindgren erfunden worden ist und auf dem Dach von Lillebrors Haus in Stockholm lebt. Er hat einen Propeller auf dem Rücken, und wenn er den mit dem Knopf vor seinem Nabel anschaltet, kann er fliegen. Karlsson ist der beste Kunstflieger, der beste Dampfmaschinenaufpasser, der beste Hähnemaler, der beste Schnellaufräumer, der beste

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