Das beste Rezept meines Lebens: Roman (German Edition)
ihre rosigen Lippen und tiefblauen Augen. Dabei erinnerte ich mich nur zu gut, dass ich sie als Kind unzählige Male zum Lachen gebracht hatte. Sie hatte ein lautes, ansteckendes Lachen gehabt, das tief aus dem Bauch kam und ein unerwartet schiefes, breites Grinsen auf ihrem sonst so adretten Gesicht hervorrief.
Das war natürlich zu einer Zeit gewesen, in der ich mich noch freute, wenn ich Julia fröhlich stimmen konnte. Bevor ich erkannte, dass hinter dem Mädchen mit dem schallenden Lachen eine hinterhältige, verlogene, grausame junge Frau steckte, die alles daransetzte, mein Leben zu ruinieren.
»Wie auch immer«, sagte Julia und wandte sich mir zu. »Es ist wirklich schön, dich wiederzusehen.« Die Art und Weise, wie sie das sagte – mit einer Mischung aus Ehrlichkeit und Verwunderung, als könne sie es selbst kaum glauben –, machte mich noch gereizter. Sie zögerte, ihr Gesicht verdüsterte sich, und sie schien noch etwas sagen zu wollen. Doch gerade als sich in dem komplizierten und gefährlich giftigen Cocktail meiner Gefühle ein gehäufter Löffel Neugier auflöste, erklang die Stimme jenes Mannes, der damals einen der ersten Nägel in den Sarg unserer Freundschaft geschlagen hatte.
»Na sieh mal einer an!«, dröhnte es hinter mir. »Wenn man mir verraten hätte, dass diese Fete eigentlich ein Klassentreffen der hübschesten Mädchen unserer Schule ist, wäre ich schon viel früher gekommen.«
Diesen Spruch hätte eigentlich niemand bringen können, ohne schleimig zu klingen. Aber da er von Jake Logan kam – Jake Logan mit den blaugrünen Augen, den unfassbar hübschen Grübchen und dem verschmitzten Lächeln, bei dem die winzige Lücke zwischen seinen Vorderzähnen zum Vorschein kam –, löste er in mir ein Gefühl aus, wie es wohl kleine Welpen beim unbeschwerten Herumtoben empfinden. Ich weiß, ich weiß: Für eine erwachsene Frau ist es ein bisschen peinlich, beim Anblick von Grübchen ins Schwärmen zu geraten. Aber er hatte mich hübsch genannt! Es hätte nicht viel gefehlt, und ich hätte mit dem Schwanz gewedelt und mich auf den Rücken gerollt.
Wie konnte es sein, dass ich zehn Jahre nach meiner Schulzeit immer noch eine Schwäche für Jake Logan hatte? Er war einer jener Teenager gewesen, denen man ein oder zwei Jahre später mit Sicherheit die Diagnose »Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom« gestellt hätte: immer auf dem Sprung, nie bei der Sache, ein schlagfertiger Hansdampf in allen Gassen, der sich seines Charmes durchaus bewusst war, ohne dadurch selbstverliebt zu wirken. Wie er jetzt so vor mir stand, machte er immer noch einen genauso jugendlich unbekümmerten Eindruck wie eh und je – vielleicht waren seine Schultern etwas breiter, seine Haltung einen Tick lässiger und sein Blick offener und direkter geworden. Aber das ist ja bei den meisten Männern so, dass sie unverschämterweise mit zunehmendem Alter eher noch an Attraktivität gewinnen.
In meinem Bauch machte sich ein ganzer Schwarm Schmetterlinge bemerkbar. Was hatte mich nur geritten, diese bescheuerte lila Tunika anzuziehen? Julia trug natürlich ein trägerloses Minikleid, in dem sie sich so selbstsicher bewegte, als wäre es eine Hockeyuniform. Runde zwei geht dann wohl auch an Julia , dachte ich. Schließlich war Jake Julias Ex. Die ganze Situation war so surreal, dass sie nur mit Wein zu ertragen war. Ich schnappte mir ein weiteres Glas von dem Tablett, das ein Kellner gerade vorbeitrug, und zu meiner Überraschung tat Julia es mir gleich. Zu Highschool-Zeiten hatte Julia nie viel getrunken. Wir waren damals zwar minderjährig gewesen, aber davon hatte ich mich nicht abhalten lassen.
»Erstaunlich, dass meine Mutter dich nach der Gala im De Young Museum immer noch auf ihrer Gästeliste hat. Du warst so betrunken, dass du den Champagnerbrunnen umgestoßen hast!«, sagte Julia lachend zu Jake und berührte ihn leicht am Arm.
»Bitte«, flehte Jake in theatralischem Flüsterton. »Wie stellst du mich denn vor Annie dar? Sie hat mich seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen. Es besteht noch ein Funken Hoffnung, dass sie mich für einen vernünftigen, erwachsenen Menschen halten könnte.«
»Keine Chance, Jake Logan. Ich kenne dich«, sagte ich. »Kein halbwegs erwachsener Mensch würde Flip-Flops zum Anzug tragen. Höchstens jemand, der Investmentbankern Surfboards verkaufen will. Du und vernünftig? Dass ich nicht lache.«
Jake grinste. Jetzt sah ich die winzigen Fältchen um seine blaugrünen Augen. Seine Grübchen
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