Das beste Rezept meines Lebens: Roman (German Edition)
Gefühle für ihn alles andere als banal waren. Ehrlich gesagt war ich schwer verliebt. Und mich beschlich allmählich der Verdacht, dass ich auf ein böses Erwachen zusteuerte.
»Wie auch immer«, sagte Becca und machte es sich im Schneidersitz bequem, »vergessen wir Jake mal für eine Minute. Die Überbringerin dieser schlechten Nachricht interessiert mich genauso. Ich kann mir lebhaft vorstellen, wie selbstgefällig Julia sich dabei aufgeführt hat. Bestimmt hat sie ganz lieb und unschuldig getan, als wollte sie dir nur helfen, die falsche Schlange.«
Auch diese Bemerkung löste zwiespältige Gefühle in mir aus. Normalerweise hätte ich Beccas Spott sofort aufgegriffen und über Julias versnobte Art oder ihr lächerliches Konkurrenzdenken hergezogen. Doch diesmal zögerte ich. Ich dachte daran, wie entspannt und ausgelassen Julia am Ende unserer Eröffnungsparty gewesen war, ja wie lustig sie nach ein paar Gläsern Champagner sein konnte und wie sehr sie mich mit ihrer Freude über die erfolgreiche Eröffnung angesteckt hatte. Am nächsten Morgen hatte sie zwar wieder ihren üblichen Stock im Arsch gehabt, aber trotzdem – wir hatten viel Spaß zusammen gehabt, während wir den Laden abgeschlossen hatten, und diese schöne Erinnerung war stärker als mein Unmut über die unsensible Art, in der sie mich über Jakes private Verhältnisse aufgeklärt hatte. Als wir nach unserem Streitgespräch am Frühstückstisch das Treat pünktlich um zehn Uhr öffneten, hatte sich zu unserer Verblüffung bereits eine Warteschlange vor der Tür gebildet. Ich hatte eine Menge Food-Blogger zur Party eingeladen, und einige von ihnen hatten offenbar schon positive Berichte über unsere Cupcakes und die Atmosphäre des Cafés gepostet. Aus den rund zehn Leuten, die am ersten Tag vor der Tür warteten, wurden im Laufe der Woche immer mehr, und ich beobachtete jedes Mal, wie Julia nur mit Mühe ihre coole, professionelle Ausstrahlung wahrte, während ihre Augen vor Aufregung und Stolz leuchteten. Und mir ging es genauso.
»Weißt du«, sagte ich langsam und wich Beccas durchdringendem Blick aus, indem ich den schwarzen Fernsehbildschirm anstarrte, »irgendwie nehme ich ihr sogar ein bisschen ab, dass sie mir das mit Jake erzählt hat, weil sie mich beschützen will. Ich weiß natürlich, dass die Sache noch viel komplizierter ist – mir scheint, die Frau hat zurzeit echte Probleme. Aber in diesem Fall bin ich fast geneigt, ihr zu glauben. Sie wirkte nicht sonderlich glücklich darüber, diejenige sein zu müssen, die mir Jakes kleines Geheimnis verrät.«
Becca sah mich verdutzt an. »Was redest du da?«, fragte sie. »Julia hat genau das bekommen, worauf sie es abgesehen hatte. Sie hat dich überboten. Genauso einen Scheiß hat sie in eurer Schulzeit ständig abgezogen, so hast du es mir zumindest erzählt. Sie gibt keine Ruhe, bis sie dir irgendwie reinwürgen kann, dass sie was Besseres ist. Stimmt’s? Sie ist eine hinterhältige, heuchlerische Zicke. Das hast du doch immer behauptet, oder?«
»Ach hör schon auf, Becca – du musst sie nicht auf Teufel komm raus niedermachen«, sagte ich und wunderte mich über mich selbst. Offenbar war es ein gewaltiger Unterschied, ob ich diese Sachen über Julia sagte oder Becca. »Ich sage ja nur, dass es diesmal irgendwie anders war. Außerdem habe ich mir doch vorgenommen, mir nicht meinen Sinn für Humor von ihr aussaugen zu lassen.«
Becca schien etwas erwidern zu wollen, aber nach kurzem Zögern presste sie die Lippen aufeinander und ließ sich in das Polster des Sofas sinken.
»Was?«, fragte ich. »Spuck’s ruhig aus.«
Sie zuckte die Achseln. »Tut mir leid«, sagte sie. »Ich hab’s einfach nicht gerafft.«
»Was hast du nicht gerafft?«
»Dass Julia wie eine Schwester für dich ist.«
Ich lachte. »Bitte entschuldige, wenn ich dir gleich den Tisch vollkotze.«
»Doch, wirklich! Ihr seid neidisch aufeinander und macht euch gegenseitig das Leben schwer, aber wehe, jemand anderes spricht schlecht über sie. Julia ist deine Familie. Unglaublich, dass ich das jetzt erst kapiere.«
»Becca, ich glaube, dieses eine Psychologie-Seminar, das du auf dem College belegt hast, hat tatsächlich dauerhaften Schaden in deinem Hirn hinterlassen.«
»Kann sein. Aber ihr zwei seid euch ähnlicher, als ihr glaubt«, fuhr sie unbeeindruckt fort. Mit Erstaunen hörte ich die Eifersucht in ihrer Stimme. »Du bist sarkastisch und unabhängig. Und Julia ist ein Kontrollfreak und
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