Das beste Rezept meines Lebens: Roman (German Edition)
nicht einmal von ›wir‹ sprechen.«
»Aber du magst ihn?«
Annie sah mir direkt in die Augen. »Julia, du weißt, dass ich Jake schon immer gemocht habe.« Wie so oft hatte ich das Gefühl, als läse sie in mir wie in einem offenen Buch. Was steht da? , wollte ich sie fragen und es zugleich doch nicht wissen.
»Wir waren damals vierzehn«, wandte ich ein. »Dass ich früher Gummibärchen und Samthaarbänder mochte, heißt nicht, dass ich es immer noch tue.«
Annie lächelte. »Du vergleichst Jake mit einem Samthaarband?« Sie schien diese Unterhaltung kein bisschen ernst zu nehmen.
»Du weißt schon, was ich meine. Wir sind nicht mehr auf der Highschool. Er ist nicht der, für den du ihn hältst. Ich will nicht, dass er dich verletzt.«
Immer wenn Annie sich über etwas aufregte oder wütend wurde, blähten sich ihre Nasenflügel wie die Nüstern eines Pferdes. Oder, angesichts ihrer kleinen Körpergröße, eines Ponys. Auch jetzt begannen sie zu beben. Ich sah geradezu vor mir, wie sie innerlich mit ihren winzigen Hufen stampfte.
»Du willst nicht, dass er mich verletzt«, wiederholte sie. »Wie fürsorglich von dir.«
»Lass das, Annie. Vertrau mir. Ich kenne Jake wirklich gut. Ich weiß, wie witzig und charmant er ist. Aber ich weiß auch, dass er verheiratet ist.«
Annies Augen blitzten. »Was?«
»Das hat er dir nicht gesagt, oder?« Ich seufzte. »Wahrscheinlich liegt es daran, dass ihm die Ehe nicht viel bedeutet. Für ihn ist das Leben ein einziges Spiel. Ich will nicht, dass er auch mit dir spielt.« Ich befürchtete, dass mit jedem Wort, das ich sagte, das Eis zwischen uns wieder fester werden würde, aber ich konnte einfach nicht an mich halten.
»Jake ist verheiratet«, sagte Annie langsam. Auf ihren Wangen hatten sich rote Flecken gebildet, was mich an ihre Mutter erinnerte.
»Er hat seine College-Freundin geheiratet«, sagte ich und trank einen Schluck heißen Kaffee. »Ein bildhübsches Mädchen, Typ weißblonde Surferbraut, die den ganzen Tag im Bikini rumläuft. Wie ich gehört habe, war es eine absolute Traumhochzeit. Jake hat mich natürlich eingeladen, aber als seine Exfreundin fand ich es irgendwie unpassend, zur Trauung zu gehen. Ich wollte nicht, dass sie ein komisches Gefühl hat, weil ihre Vorgängerin auch da ist. Soweit ich weiß, arbeitet sie jetzt als Stylistin in L. A.«
»Also sind sie geschieden?«
»Nein. Getrennt. Aber immer noch verheiratet.«
Annies Augen verengten sich. »Und du machst dir aus lauter Freundschaft Sorgen um mich. Das hat nichts mit der Tatsache zu tun, dass er dein Ex ist?«, fragte sie mit vor Misstrauen triefender Stimme. »Absolut gar nichts?«
»Gar nichts«, wiederholte ich. »Ehrlich.« Sogar ich merkte, wie verlogen das klang. Warum kann ich ihr nicht einfach die Wahrheit sagen? Dass es ein bisschen von beidem ist, einerseits Eifersucht und andererseits der aufrichtige Wunsch, sie vor einer Enttäuschung zu bewahren? Wäre es denn so schlimm, das zuzugeben? Einen Augenblick lang war ich versucht, Annie alles zu erzählen – was im Krankenhaus geschehen war, meine heimlichen Treffen mit Jake, die versäumten Hochzeitstermine. Ich wollte, das wurde mir plötzlich klar, auch eine dieser Frauen sein, die alles mit ihrer besten Freundin besprechen können. Aber ich war keine dieser Frauen, und ich würde es wohl nie sein. Ich war nicht sicher, ob ich das Gefühlskuddelmuddel ertragen würde, das eine solche Offenheit unweigerlich mit sich brachte.
Annie sah mich erwartungsvoll an, doch ich konnte mich nicht überwinden, weiterzusprechen. Nach einer Weile stand sie auf und öffnete die Ofentür. Ein Schwall heißer, schokoladengetränkter Luft schlug uns entgegen. Das Blech mit den glänzenden Croissants schepperte laut, als sie es auf den Herd knallte.
»Verbrenn dich nicht«, sagte sie nur und ließ mich allein in der viel zu hellen Küche sitzen.
17 – Annie
»Er ist was ?!«, kreischte Becca, als ich ihr bei unserem nächsten Gammelsonntag das Neueste in Sachen Jake erzählte. Ich hatte meine Küchenschicht im Treat beendet, der Festplattenrekorder hielt The Bachelorette bereit, und ein zweites Glas Cabernet Sauvignon schimmerte dunkel und vielversprechend in meiner Hand – da bot es sich natürlich an, meiner Freundin von dem überraschenden Familienstatuswechsel meines Lovers zu berichten.
»Ist aber alles halb so wild«, sagte ich achselzuckend und versuchte, möglichst lässig zu klingen. »Sie leben seit sechs Monaten getrennt.
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