Das beste Rezept meines Lebens: Roman (German Edition)
seit zehn Jahren so verbitterte. Und ich biss an. Ohne nachzudenken hieb ich mit den flachen Händen auf die Küchentheke. »Ich wollte diese alten Geschichten ja nicht wieder aufwärmen, aber du bist anscheinend immer noch dieselbe intrigante Schleimerin, die du schon früher warst. Du hast damals diese schrecklichen Gerüchte über mich gestreut! Und ich hatte keine Gelegenheit mehr, mich mit meiner Mutter wieder zu versöhnen«, sagte ich mit brüchiger Stimme. »Sie ist gestorben, bevor herauskam, dass ich unschuldig war.«
»Aber Annie, ihr musstet euch doch gar nicht versöhnen«, wimmerte Julia und machte einen Schritt auf mich zu. »Sie hat dir doch immer geglaubt.«
Ich tat, als hätte ich nichts gehört. »Du hast versucht, mein Leben zu ruinieren – aber wozu? Einfach so zum Spaß? Weil du eifersüchtig warst, dass jemand wie Jake Logan mich tatsächlich nett finden könnte? Gib es ruhig zu! Mir kannst du nichts mehr vormachen! Du bist und bleibst eine falsche Schlange!«
Julia schüttelte den Kopf, während ihr stumme Tränen übers Gesicht rannen. Als sie empört den Mund öffnete, stellte ich mich innerlich auf den nächsten Schwall unverschämter Lügen und Rechtfertigungen ein. Doch sie sah mir nur in die Augen und ließ den Mund wieder zufallen. Wie eine Marionette, der man die Fäden durchgeschnitten hat, sackte sie in sich zusammen und stützte sich auf dem Tisch ab. Ich starrte sie an und verbat es mir, als Erste weiterzusprechen. Wenn sie gedacht hatte, dass mich ihre Tränen nachsichtig stimmen würden, hatte sie sich getäuscht.
»Du hast Recht«, sagte sie nach einer Weile. »Das war ich.«
Ich hielt die Luft an und spürte, wie mein ganzer Körper sich anspannte.
»Aber dass es solche Wellen schlägt, habe ich nie gewollt. Ich habe nie gewollt, dass du deswegen von der Schule fliegst. Ich habe nie gewollt, dass dein Studienplatz zurückgezogen wird. Ich habe nie gewollt, dass deine Mom davon erfährt. Ich habe nur eine einzige dumme Bemerkung fallen lassen, und dann ist das Ganze völlig außer Kontrolle geraten. Aber dir ist es egal, ob ich eine oder zwanzig Bemerkungen gemacht habe, stimmt’s? Die Konsequenzen waren die gleichen. Du hast Recht, ich war intrigant und falsch. Und mein … mein Treffen mit Jake beweist wohl, dass ich es immer noch bin. Ich habe nicht das Gefühl, dass ich immer noch derselbe Mensch bin, der ich früher war, aber wahrscheinlich ist das ein Irrtum. Ich verdiene dein Vertrauen nicht, und deine Freundschaft noch viel weniger. Ich verdiene Wes nicht. Ich verdiene … viele Dinge nicht. Vielleicht gar nichts.«
Ich hörte ihr zu, ohne mich zu rühren. Vermutlich befürchtete ich, diesen seltenen Moment der Ehrlichkeit, der fast an ein Wunder grenzte, mit einer unbedachten Bewegung zu zerstören – ausgerechnet jetzt, wo ich vielleicht die Antworten bekommen würde, auf die ich so lange gewartet hatte. Also war es tatsächlich Julia gewesen! Ich hatte es gewusst, ich hatte nie daran gezweifelt, doch anscheinend hatte irgendein kleiner Teil von mir sich immer noch an die Hoffnung geklammert, dass sie mir das Gegenteil beweisen würde. Nachdem sich diese Hoffnung nun zerschlagen hatte, wusste ich kaum noch, was ich denken oder fühlen sollte.
»Ich weiß, dass meine Entschuldigung viel zu spät kommt und nichts wiedergutmachen kann. Ich erwarte auch nicht, dass du mir verzeihst«, fuhr Julia leise fort. »Aber es tut mir wirklich, wirklich leid. Ich habe noch nie in meinem Leben etwas so sehr bereut wie das, was ich dir damals angetan habe.« Sie wischte sich über die Augen, doch ihre Tränen waren bereits versiegt. Ich staunte über ihre neu gewonnene Fähigkeit, einfach loszuweinen und genauso schnell wieder aufzuhören; offenbar hatte sie es sich genauso mühelos angeeignet wie alles andere in ihrem Leben. Wenn ich weinte, waren meine Augen noch tagelang gerötet und geschwollen.
Ich weiß nicht, wie unser Gespräch weitergegangen wäre, wenn in diesem Moment nicht jemand die Eingangstür aufgeschlossen hätte. Tanya trat ihre Schicht an; der eigentliche Arbeitstag begann. Julia nickte mir zu, zog halb verlegen, halb traurig die Schultern hoch und verschwand für den Rest des Tages vorne im Café.
Als ich an jenem Abend nach Hause ging – ich ließ mich nicht länger von Julia mitnehmen, denn eine Begegnung mit unserem Stalker erschien mir als das kleinere Übel –, verlangsamte ich meinen Schritt an der offenen Tür des Zeitungsladens bei mir an der
Weitere Kostenlose Bücher