Das beste Rezept meines Lebens: Roman (German Edition)
»Viel Spaß.«
Ich blätterte die Zeitschrift noch einmal auf und ärgerte mich wieder über die unvorteilhafte Gegenüberstellung der beiden Bilder. Dann suchte ich nach der Stelle, an der ich aufgehört hatte, und las tapfer weiter. Das war nicht leicht. Es folgten noch mehr Hinweise auf Julias Familie, ihr Outfit, ihre perfekte Frisur, ihren beeindruckenden Lebenslauf, bla, bla, bla. Aber dann …
»Annie Quintana ist der begabteste und kreativste Mensch, den ich kenne«, sagt St. Clair. Auf einmal klingt ihre Stimme ganz ernst und konzentriert, und sie blüht geradezu auf, als sie auf ihre Geschäftspartnerin zu sprechen kommt – ein Thema, das sie mehr zu fesseln scheint als ihre Familie oder die bevorstehende Hochzeit. »Fragen Sie mich nicht, woher sie all diese Ideen nimmt. Schon ihre Mutter konnte fantastisch backen, und sie hat viele ihrer Geheimnisse an Annie weitergegeben. Aber das ist viel mehr als geteiltes Wissen. Annie braucht nur eine Zutat zu probieren, und schon erfindet sie ein ganzes Rezept darum herum. Und ich kann Ihnen versichern, dass jeder neue Cupcake nicht nur eine geniale neue Geschmackskombination bietet, sondern schlicht und einfach der raffinierteste und köstlichste Cupcake ist, den Sie je gegessen haben.«
Der restliche Artikel drehte sich um mich, erwähnte meine Ausbildung und meine bisherigen beruflichen Stationen und streute einige Zitate von mir ein. Jetzt erinnerte ich mich auch wieder, dass mir die Reporterin auf der Party einige Fragen gestellt und sich Notizen dazu gemacht hatte. Es folgten überschwängliche Beschreibungen einiger unserer beliebtesten Cupcakes sowie eine detaillierte Beurteilung der experimentelleren Sorten. Die Reporterin schien der Meinung zu sein, dass das Treat der neue Stern am kulinarischen Himmel von San Francisco war; vielleicht hatte sie sich auch nur von Julias Begeisterung anstecken lassen. Seufzend schlug ich das Magazin zu. Ich wusste nicht mehr, was ich denken sollte.
Welche Julia war das? Sie hatte so viele Gesichter wie ein Satz russischer Matroschka-Puppen. Allerdings musste ich zugeben, dass sie genau das getan hatte, was ich mir zu Beginn der Lektüre gewünscht hatte. Sie hatte ihre Beziehungen spielen lassen – in diesem Fall eine devote Journalistin, die sich eindeutig von Julias sozialem Status beeindrucken ließ –, um unser kleines Café zu promoten.
Als mein Telefon klingelte, ging ich sofort ran, weil ich davon ausging, dass Becca anrief. Aber es war Julia.
»Im Treat ist etwas passiert«, sagte sie mit bebender Stimme, die sie zugleich wütend und verängstigt klingen ließ. »Ich bin schon auf dem Weg dorthin. Kannst du auch gleich kommen?«
Jemand hatte »HAUT AB« in fetten schwarzen Buchstaben auf die Fensterfront gesprüht. Von innen . Wer auch immer das getan hatte, war irgendwie zur Tür hereingekommen, hatte aber die Alarmanlage nicht ausschalten können, was ihn dann offensichtlich vertrieben hatte. Inspector Ramirez und einige weitere Beamte waren bereits mit Julia im Laden, als ich ankam.
»So ähnlich hatten wir das doch schon mal«, murmelte ich beim Betreten des Cafés. Abgesehen von dem Graffiti auf der Fensterscheibe schien die Einrichtung unangetastet geblieben zu sein. Ich sah mich prüfend in der Küche um, doch auch dort war alles noch an seinem Platz. Mit verschränkten Armen kehrte ich in das Café zurück. Bei dem Gedanken, dass jemand mit üblen Absichten in meinen Laden eingedrungen war, wurde mir ganz schlecht.
Ramirez war vor der Eingangstür in die Hocke gegangen und beleuchtete das Schloss mit einer Taschenlampe. »Es gibt keine Anzeichen für einen gewaltsamen Einbruch«, sagte er und schnaufte leicht, während er sich wieder aufrichtete. »Wer außer Ihnen beiden hat einen Schlüssel für diese Tür?«
Julia und ich sahen uns an. »Zwei unserer Küchenhilfen«, sagte ich. »Aber die waren es nicht, da bin ich ganz sicher.« Die Vorstellung, wie Tanya oder Elisa mit einer Sprühdose hantierten, war geradezu lachhaft.
»Ich denke nicht, dass Sie zu diesem Zeitpunkt irgendetwas mit Sicherheit ausschließen können«, sagte Ramirez. »Ich bräuchte die Kontaktdaten all Ihrer Angestellten.«
»Gut«, sagte Julia. »Kein Problem.«
»Fällt Ihnen irgendjemand ein, der aus irgendeinem Grund wollen könnte, dass dieses Café dichtmacht?«, fragte Ramirez.
Ich zuckte mit den Schultern. »Die Bürgerinitiative gegen Fettleibigkeit? Die Liga der Gesundheitsbewussten Mütter? Cupcakes haben
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